Was ist zu tun fragten sich viele Wirecard AG (ISIN: DE0007472060)-Anleger und sie fragten auch uns. Und mittlerweile hat sich einiges getan im vermutlich jahrelangen Ringen um eventuelle Entschädigungen für Aktionäre, Anleiheinhaber oder Investoren in Derivate auf Wirecard.
Wir wandten uns damals, als der „Wirecard-Betrug“ öffentlich wurde, an eine Münchener Kanzlei, die bekannt ist für entsprechende Fragestellungen mit geschädigten Privatanlegern im Kapitalmarkt. Seit dem Gespräch mit dem Rechtsanwalt Dr. Werner A. Meier, bei dem es um die Chancen potentielle Ansprüche, Risiken bei einer Rechtsverfolgung ging, haben sich neue Aspekte ergeben. UND VORAB MAN KANN IMMER NOCH FORDERUNGEN GELTEND MACHEN, Verjährung ist noch nicht eingetreten. Neben einigen Rückschlägen gibt es auch positives zu berichten von der Verfügung des 8. Zivilsenats des Münchener Oberlandesgerichts zu Wirecard. Und Dr. Meier war bereit unseren Lesern ein Update zu geben:
Was ist das Bedeutsame an der Verfügung des 8. Zivilsenats?
Wichtig ist zunächst, dass der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München gute Erfolgsaussichten sieht und sich ferner in seiner Verfügung vom 20. Dezember 2021 – im Anschluss an den 3. Zivilsenat – ebenso für die Durchführung eines KapMuG-Verfahrens ausspricht. Der Senat hält eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme für geboten. Anders als mit einem KapMuG-Verfahren lässt sich dies nicht sinnvoll bewerkstelligen.
Worauf stützt das OLG München seine Ansicht?
Erfreulicherweise weist der Senat auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin, dass ein Unternehmensbericht eine Anlagestimmung erzeugt, wenn bei solcher Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt. Es ist nicht entscheidend, ob der Anleger diesen Bericht gelesen oder gekannt hat. Nur allzu häufig wird dies von den Instanzgerichten verkannt. Umso wertvoller ist der Hinweis des Oberlandesgerichts München.
Sind die Bestätigungsvermerke des Wirtschaftsprüfer im Fall Wirecard geeignet, eine Haftung auszulösen?
Ja, dies ist der Fall. Der Senat führt dies im Rahmen der Anlagestimmung an. Dies ist eine günstige Einschätzung für die Kläger. Bei anderen Gerichten haben es Kläger häufig sehr schwer, mit der Anlagestimmung zu argumentieren.
Außerdem?
Unabhängig von einer positiven Anlagestimmung dürfte den Klägern ein entsprechender Erfahrungssatz aufgrund des gewöhnlichen Laufs der Dinge zugutekommen: Wenn die Umstände hinsichtlich des Testats bekannt gemacht worden wären, hätte ein durchschnittlicher Anleger von diesem Wert Abstand genommen, zumal eine Insolvenz drohte.
Kommt auch eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung in Betracht?
Auch eine Haftung aufgrund § 826 BGB kommt in Betracht, wenn der Wirtschaftsprüfer seine Aufgabe nachlässig erledigt hat; etwa durch unzureichende Ermittlungen oder Angaben ins Blaue hinein. Wenn das Landgericht aus eigener Sachkunde keine ausreichenden Festellungen treffen kann, wird es die Einholung eines Sachverständigengutachten anordnen müssen. Auch dies ist ein weiterer Hinweis, dass es vorzugswürdig sein dürfte, ein KapMuG-Verfahren durchzuführen.
Ist der Bericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags verwertbar?
Es stellt der Senat klar: Der Bericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags zum Wirecard-Skandal darf für die Zivilverfahren verwendet werden. Das ist eine vorzügliche Erkenntnisquelle.
Ist denn ein KapMuG-Verfahren überhaupt noch zulässig?
Durchaus. Es sind mehr als zehn Klagen vor dem Landgericht rechtshängig, öffentliche Kapitalmarktinformationen liegen nach Ansicht des Senats ebenso vor. Ansprüche aufgrund falschen Testats und aufgrund vorsätzlich sittenwidriger Schädigung sind KapMuG-fähig, wie der Senat ausführt.
Raten Sie nach abweisenden Urteilen des Landgerichts Frankfurt auch dazu, die BaFin zu verklagen?
Nein. Mir scheint der gesetzliche Haftungsausschluss nahezu unüberwindbar. Ich würde unverändert empfehlen, hiervon Abstand zu nehmen.
Ist es nicht zu spät, jetzt noch Wirecard-Verluste geltend zu machen?
Überhaupt nicht. Die Ansprüche sind noch nicht verjährt. Wer sich jetzt anschließt, dessen Ansprüche können im KapMuG-Verfahren angemeldet werden, sobald dieses eröffnet sein wird.
In unserem letzten Gespräch sprachen Sie von einer Möglichkeit ohne weitere finanziellen Risiken die Chance zu haben, „möglicherweise etwas zurückbekommen zu können“. Gibt es diese Möglichkeit immer noch? Und wie funktioniert sie?
Wir arbeiten seit über 15 Jahren mit einem sehr renommierten Prozessfinanzierer zusammen, der unverändert Verfahren finanziert. Dieser ist gerade im Feld der Anlegerklagen hochspezialisiert und wir haben allerbeste Erfahrungen mit ihm gemacht. Wenn unsere Mandanten diese Möglichkeit wünschen, fragen wir dort für sie an und stellen den Fall vor. Unser Mandant bekommt dann unverzüglich eine Stellungnahme, also eine Zusage, wenn die Voraussetzungen vorliegen.
Sehr geehrter Herr Dr. Meier, wir bedanken uns ganz herzlich für die überaus präzisen Ausführungen.
Ich bitte Sie, es war mir ein ausnehmendes Vergnügen und es ist ausschließlich an mir, Ihnen für die überaus freundliche und stets angenehme Zusammenarbeit zu danken.
Rechtsanwalt | Dr. Werner A. Meier
Rechtsanwalt Dr. Werner A. Meier ist im Anlegerschutz, Bankrecht und Börsenrecht tätig. Komplexe Verfahren werden von Dr. Meier persönlich unter Mitwirkung eines oder mehrerer Kollegen betreut. Er nimmt sich weiterhin schwerpunktmäßig der Angelegenheiten mit Bezug zu den Vereinigten Staaten von Amerika und von Großbritannien an.
Derzeit laufen Verfahren für internationale Investoren und Privatanleger gegen Brokerhäuser in New York, in London sowie in Deutschland. Ferner betreut er umfangreiche Verfahren im Kartellrecht mit Mandanten aus über 30 europäischen Staaten.
Kanzleiportrait
Die Kanzlei Marzillier, Dr. Meier und Dr. Guntner RechtsanwaltsGmbH wird von den drei Namensgebern in Zusammenarbeit mit neun Rechtsanwältinnen betrieben. Die Kanzlei ist seit über 20 Jahren führend auf dem Gebiet Anlegerschutz tätig und konnte für ihre Mandanten umfassend Kapitalien in großen deutschen Verfahren, aber auch solchen in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika zurückführen.
Erst unlängst konnte ein Verfahren gegen die Deutsche Telekom AG für 1.000 Mandanten sehr erfolgreich abgeschlossen werden.
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