Wirecard Aktie – LG München erklärt Nichtigkeit der Bilanzen 2017 und 2018. Heisst für die Geschädigten?

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Wirecard LG München erklärt Bilanzen für nichtig.

Was ist zu tun fragten sich viele Wirecard AG (ISIN: DE0007472060)-Anleger und sie fragten auch uns. Und mittlerweile hat sich einiges getan im vermutlich jahrelangen Ringen um eventuelle Entschädigungen für Aktionäre, Anleiheinhaber oder Investoren in Derivate auf Wirecard.

Seit der Verfügung des 8. Zivilsenats des Münchener Oberlandesgerichts zu Wirecard – werden wir später nochmals thematisieren – ist bis heute nicht viel passiert. ABER jetzt kommt das Landgericht München mit einem Hoffnungsschimmer für die Wirecard Geschädigten. Der Insolvenzverwalter der Wirecard AG hatte auf Nichtigkeit der Jahresabschlüsse der Wirecard aus den Jahren 2017 und 2018 geklagt – und das Landgericht folgte der Auffassung des Insolvenzverwalters. Bedeutet? E&Y wird angreifbarer, da die Bilanzen 2017 und 2018 offensichtlich ein falsches Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse der Geselslchaft darstellten.

Folgen: Dividendenzahlungen von zusammen 47 Mio EUR könnten zurückgefordert werden, dazu die Steuern auf die Scheingewinne – dreistellige Millionenbeträge — UND WICHTIGER: Position E&Y’s geschwächt, Klage für Insolvenzverwalter wohl geboten.

Weiterhin kann der Insolvenzverwalter nun die Kasse der insolventen Wirecard auffüllen – einerseits durch Zurückholen der Steuern auf die nichtexistenten Gewinne der Wirecard in den Jahren 2017 und 2018. Andererseits geht es um die zu Unrecht erfolgten Dividendenzahlungen der Wirecard an die Aktionäre – wobei unter Kosten-Nutzen Erwägungen wahrscheinlich nur wirklich grosse Aktionäre zur Rückzahlung aufgefordert werden sollten, da je Aktie nur rund 0,50 EUR ausgezahlt wurden.

Presseerklärung des Landgerichts München enthält Munition gegen E&Y – auch für die Forderungen der geschädigten Investoren in Aktie, Anleihe oder Derivaten auf Wirecard Aktie

Pressemitteilung 13 vom 05.05.202, Landgericht München:

„Jahresabschlüsse der Wirecard AG für Jahre 2017 und 2018 nichtig
Die auf aktienrechtliche Fragestellungen spezialisierte 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat unter ihrem Vorsitzenden Dr. Helmut Krenek heute mit Endurteil (Az. 5 HK O 15710/20) die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse der Wirecard AG zum 31.12.2017 und 31.12.2018 sowie der darauf aufbauenden Gewinnverwendungsbeschlüsse der Hauptversammlungen festgestellt.

Dabei musste die Kammer nicht abschließend entscheiden, ob die Saldenbestätigungen für Treuhandkonten bei einer asiatischen Bank tatsächlich gefälscht waren und die entsprechenden Third Party Acquiring-Geschäfte zumindest im Wesentlichen nicht stattgefunden haben, worauf sich der klagende Insolvenzverwalter berufen hatte. Nach diesem Vortrag müsste von einer Überbewertung von Aktiva ausgegangen werden, woraus sich aufgrund von § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG die Nichtigkeit ergibt.

Denn selbst wenn die vom ehemaligen Vorstandsvorsitzenden geltend gemachte Existenz dieser Gelder auf anderen Konten stimmen sollte, würde sich die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse dennoch ergeben. In diesem Fall läge ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vor, weil die Einzahlungen der Gelder dann auf anderen Konten hätten aufgefunden werden müssen. Dadurch wären gläubigerschützende Vorschriften verletzt, was gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG ebenfalls die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse zur Folge hat.

In beiden Sachverhaltskonstellationen bejahte die Kammer auch die Erheblichkeit des Fehlers, weil die Überbewertung etwa 39 % bzw. 41 % der jeweiligen Bilanzsummen von knapp € 1,9 Mrd. bzw. etwas mehr als € 2,3 Mrd. ausmachte.Die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse hat aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG die Nichtigkeit der in den Hauptversammlungen der Jahre 2018 und 2019 gefassten Gewinnverwendungsbeschlüsse zur Folge.Eine Beweisaufnahme zur Existenz der Third Party Acquiring-Geschäfte musste daher nicht stattfinden, weil der abweichende Vortrag vor allem des dem Verfahren als Streithelfer auf Seiten der Beklagten beigetretenen früheren Vorstandsvorsitzenden zu keinem anderen Ergebnis führte als der Vortrag des Klägers.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Zur Erläuterung der Third Party Acquiring-Geschäfte:
Bei ihnen bediente sich die Beklagte in Regionen, in denen sie selbst nicht über die erforderlichen Lizenzen verfügte, Partnerunternehmen (TPA-Partner) zur Durchführung von Zahlungsvorgängen im Zusammenhang mit Kreditkartentransaktionen, wobei diese TPA-Partner die erforderlichen Lizenzen haben sollten. Die Beklagte sollte dann ihre Kunden – also Händler – an die TPA-Partner vermitteln, die sodann die Zahlungsabwicklung für diese Kunden übernehmen sollten. Die Abwicklungsgebühren vereinnahmten die TPA-Partner, obwohl sie eigentlich der Beklagten hätten zustehen sollen. Die TPA-Partner sollten dann eine Provision erhalten, die dann wiederum durch den jeweiligen TPA-Partner auf Treuhandkonten eingezahlt und nicht an die Beklagte ausgeschüttet werden sollte.

Verfasserin der Pressemitteilung:Vorsitzende Richterin am Landgericht München I Dr. Anne-Kristin Fricke – Pressesprecherin “ (Landgericht München, Presseerklärung 13 vom 05.05.2022)

Und der Insolvenzverwalter wird jetzt wahrscheinlich die E&Y auf Schadensersatz verklagen für die insolvente Wirecard aG zur Befriedigung der Unternehemnsgläubiger – und kommt so wohl zu den bereits angeblich 1.000 Klagen von Anlegern gegen E&Y.

Und vor Monaten schon mal Hoffnung, die nun genährt wird, da  die E&Y Arbeit vom Landgericht München als „nicht ausreichend“ eingestuft wurde

Und am 29.01.2022  befragten wir Dr. Meiernach den Auswirkungen der Verfügung des 8. Zivilsenats OLG München. HIER nochmals das damalige Interview:

Was ist das Bedeutsame an der Verfügung des 8. Zivilsenats? 

Wichtig ist zunächst, dass der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München gute Erfolgsaussichten sieht und sich ferner in seiner Verfügung vom 20. Dezember 2021 – im Anschluss an den 3. Zivilsenat – ebenso für die Durchführung eines KapMuG-Verfahrens ausspricht. Der Senat hält eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme für geboten. Anders als mit einem KapMuG-Verfahren lässt sich dies nicht sinnvoll bewerkstelligen.

 Worauf stützt das OLG München seine Ansicht?

Erfreulicherweise weist der Senat auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin, dass ein Unternehmensbericht eine Anlagestimmung erzeugt, wenn bei solcher Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt. Es ist nicht entscheidend, ob der Anleger diesen Bericht gelesen oder gekannt hat. Nur allzu häufig wird dies von den Instanzgerichten verkannt. Umso wertvoller ist der Hinweis des Oberlandesgerichts München.

Sind die Bestätigungsvermerke des Wirtschaftsprüfer im Fall Wirecard geeignet, eine Haftung auszulösen?

Ja, dies ist der Fall. Der Senat führt dies im Rahmen der Anlagestimmung an. Dies ist eine günstige Einschätzung für die Kläger. Bei anderen Gerichten haben es Kläger häufig sehr schwer, mit der Anlagestimmung zu argumentieren.

Außerdem?

Unabhängig von einer positiven Anlagestimmung dürfte den Klägern ein entsprechender Erfahrungssatz aufgrund des gewöhnlichen Laufs der Dinge zugutekommen: Wenn die Umstände hinsichtlich des Testats bekannt gemacht worden wären, hätte ein durchschnittlicher Anleger von diesem Wert Abstand genommen, zumal eine Insolvenz drohte.

Kommt auch eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung in Betracht?

Auch eine Haftung aufgrund § 826 BGB kommt in Betracht, wenn der Wirtschaftsprüfer seine Aufgabe nachlässig erledigt hat; etwa durch unzureichende Ermittlungen oder Angaben ins Blaue hinein. Wenn das Landgericht aus eigener Sachkunde keine ausreichenden Festellungen treffen kann, wird es die Einholung eines Sachverständigengutachten anordnen müssen. Auch dies ist ein weiterer Hinweis, dass es vorzugswürdig sein dürfte, ein KapMuG-Verfahren durchzuführen.

Ist der Bericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags verwertbar?

 Es stellt der Senat klar: Der Bericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags zum Wirecard-Skandal darf für die Zivilverfahren verwendet werden. Das ist eine vorzügliche Erkenntnisquelle.

Ist denn ein KapMuG-Verfahren überhaupt noch zulässig?

Durchaus. Es sind mehr als zehn Klagen vor dem Landgericht rechtshängig, öffentliche Kapitalmarktinformationen liegen nach Ansicht des Senats ebenso vor. Ansprüche aufgrund falschen Testats und aufgrund vorsätzlich sittenwidriger Schädigung sind KapMuG-fähig, wie der Senat ausführt.

Raten Sie nach abweisenden Urteilen des Landgerichts Frankfurt auch dazu, die BaFin zu verklagen?

Nein. Mir scheint der gesetzliche Haftungsausschluss nahezu unüberwindbar. Ich würde unverändert empfehlen, hiervon Abstand zu nehmen.

Ist es nicht zu spät, jetzt noch Wirecard-Verluste geltend zu machen?

Überhaupt nicht. Die Ansprüche sind noch nicht verjährt. Wer sich jetzt anschließt, dessen Ansprüche können im KapMuG-Verfahren angemeldet werden, sobald dieses eröffnet sein wird.

In unserem letzten Gespräch sprachen Sie von einer Möglichkeit ohne weitere finanziellen Risiken die Chance zu haben, „möglicherweise etwas zurückbekommen zu können“. Gibt es diese Möglichkeit immer noch? Und wie funktioniert sie?

Wir arbeiten seit über 15 Jahren mit einem sehr renommierten Prozessfinanzierer zusammen, der unverändert Verfahren finanziert. Dieser ist gerade im Feld der Anlegerklagen hochspezialisiert und wir haben allerbeste Erfahrungen mit ihm gemacht. Wenn unsere Mandanten diese Möglichkeit wünschen, fragen wir dort für sie an und stellen den Fall vor. Unser Mandant bekommt dann unverzüglich eine Stellungnahme, also eine Zusage, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Sehr geehrter Herr Dr. Meier, wir bedanken uns ganz herzlich für die überaus präzisen Ausführungen.

Ich bitte Sie, es war mir ein ausnehmendes Vergnügen und es ist ausschließlich an mir, Ihnen für die überaus freundliche und stets angenehme Zusammenarbeit zu danken.

Rechtsanwalt | Dr. Werner A. Meier

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Rechtsanwalt Dr. Werner A. Meier ist im Anlegerschutz, Bankrecht und Börsenrecht tätig. Komplexe Verfahren werden von Dr. Meier persönlich unter Mitwirkung eines oder mehrerer Kollegen betreut. Er nimmt sich weiterhin schwerpunktmäßig der Angelegenheiten mit Bezug zu den Vereinigten Staaten von Amerika und von Großbritannien an.

Derzeit laufen Verfahren für internationale Investoren und Privatanleger gegen Brokerhäuser in New York, in London sowie in Deutschland. Ferner betreut er umfangreiche Verfahren im Kartellrecht mit Mandanten aus über 30 europäischen Staaten.

 

Kanzleiportrait

Die Kanzlei Marzillier, Dr. Meier und Dr. Guntner RechtsanwaltsGmbH wird von den drei Namensgebern in Zusammenarbeit mit neun Rechtsanwältinnen betrieben. Die Kanzlei ist seit über 20 Jahren führend auf dem Gebiet Anlegerschutz tätig und konnte für ihre Mandanten umfassend Kapitalien in großen deutschen Verfahren, aber auch solchen in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika   zurückführen.

Erst unlängst konnte ein Verfahren gegen die Deutsche Telekom AG für 1.000 Mandanten sehr erfolgreich abgeschlossen werden.

Kontaktdaten: Tel.089-477022 / email: info@kanzleimmg.de

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Nel Aktie: Wieder ein „kleinerer“, wieder Perspektive. „Mal zu Yara rübergehen“, da tut sich was, wäre Vielversprechend.

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