Auch die Veganz Group AG , der einzige Multikategorie-Anbieter für vegane Lebensmittel in Europa, blieb von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs nicht verschont: Neben der kaum zu ermessenden menschlichen Tragödie bedeutete dies auch konjunkturelle Auswirkungen und wesentliche Risiken für die Realwirtschaft – insbesondere in Bezug auf die weltweiten Lieferketten und Absatzmärkte sowie den Energiebedarf und die Kreditversorgung. Entsprechend hielt die Verknappung wichtiger Rohstoffe an und ließ die Inflation sprunghaft ansteigen. In fast allen relevanten Konsumbereichen erhöhten sich die Preise, was zur allgemeinen Verunsicherung der Konsument:innen führte und die Kauflaune stark hemmte1 – insbesondere im Lebensmittelregal: Der Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels ist so stark gesunken wie seit 1994 nicht mehr2.
Nachdem in den ersten Monaten des Jahres der Fokus des Lebensmitteleinzelhandels sowie des Discountbereichs auf der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung lag, war zuletzt vor allem die junge Kernzielgruppe (die Generation Z und die Millennials+) angesichts ihres geringeren Einkommens stark von den aktuellen Preisanstiegen belastet. Insgesamt machten diese Entwicklungen die Neulistung von Veganz-Produkten sowie die Planung von Aktionsmaßnahmen im Discountbereich im ersten Halbjahr 2022 nahezu unmöglich. Insbesondere aufgrund des weggefallenen Aktionsgeschäfts sowie der zunehmenden Kaufzurückhaltung der Konsument:innen lag der Umsatz der Veganz-Gruppe mit 12,6 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2022 unter seinem Vorjahreswert (Vorjahr: 16,9 Mio. Euro). Entsprechend sank auch der Umsatz auf Einzelgesellschaftsebene der Veganz Group AG auf 11,5 Mio. Euro (Vorjahr: 15,6 Mio. Euro). Die Anzahl der Verkaufsstellen („Points of Sale“, POS) zum 30. Juni 2022 ging auf 22.410 zurück (31. Dezember 2021: 25.199), wobei der Rückgang im Discountbereich um 3.340 POS aufgrund des fehlenden Aktionsgeschäfts von der gestiegenen Anzahl der POS im Basisgeschäft teilweise kompensiert werden konnte. Im Vorjahresvergleich hat die wachsende Anzahl der Verkaufsstellen im Basisgeschäft den Rückgang im Discountbereich um 2.160 POS überkompensiert (Vorjahr: 22.264).
Fehlendes Discountgeschäft, weiteres Wachstum im Food Service
Im ersten Halbjahr 2022 machte der Lebensmitteleinzelhandel mit 68 Prozent (Vorjahr: 62 Prozent) weiterhin den größten Anteil vom Umsatz aus, das Drogeriegeschäft lag mit 24 Prozent (Vorjahr: 24 Prozent) an zweiter Stelle. Mit einem Umsatzanteil von inzwischen 8 Prozent (Vorjahr: – Prozent) zeigte der neue Vertriebskanal Food Service erfreuliches Wachstum – und dies in einer Zeit, in der viele Sportveranstaltungen und Betriebsrestaurants aufgrund der andauernden COVID-19-Pandemie noch mit begrenzten Teilnehmerzahlen und Einschränkungen zu kämpfen hatten und haben. Neben der Kooperation mit der deutschen Fluglinie Eurowings, die es Passagieren seit Mai 2022 an Bord der Flugzeuge ermöglicht, sich die klimafreundlichen „Veganz Gummy Bears“ schmecken zu lassen, arbeitet Veganz seit Juni 2022 zudem mit der Foodvenience-Anbieterin Valora zusammen, die nun auch eine Auswahl von Veganz-Snacks in Deutschland und der Schweiz an Kiosken und Tankstellen bereitstellt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit einem außergewöhnlich umfangreichen Aktionsgeschäft litt das Discountgeschäft, in dem das Unternehmen noch keine Festlistungen hat, im ersten Halbjahr 2022 überproportional: Da Promotionen wegfielen, konnte die Gesellschaft hier keinen Umsatz erzielen (Vorjahr: 14 Prozent).
in Mio. Euro | H1 2022 | H1 2021 |
Lebensmitteleinzelhandel | 7,8 | 9,6 |
Drogerie | 2,8 | 3,8 |
Discount | – | 2,1 |
Food Service | 0,9 | – |
Summe | 11,5 | 15,6 |
Fokus auf Deutschland und Europa
Mit einem Umsatzanteil von 92 Prozent war die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) auch im ersten Halbjahr 2022 der wichtigste Absatzmarkt (Vorjahr: 92 Prozent). Dabei blieb Deutschland mit 81 Prozent der größte Einzelmarkt, auf dem nach wie vor der stärkste Fokus liegt (Vorjahr: 78 Prozent). Mit 8 Prozent lag der Umsatzanteil im sonstigen Europa leicht über Vorjahresniveau (Vorjahr: 7 Prozent), hier sieht Veganz weiteres Potenzial: Nach den Listungen unter anderem bei den Supermarktketten AB Basilopoulos, Market In, Sklavenitis und Krhtikos in Griechenland hat das Unternehmen zunächst Frankreich zu einem weiteren Zielmarkt erklärt, in dem es den Vertrieb und das Geschäft mit Veganz-Produkten perspektivisch weiter ausbauen möchte.
in Mio. Euro | H1 2022 | H1 2021 |
DACH | 10,5 | 14,3 |
Sonstiges Europa | 1,0 | 1,1 |
Sonstiges Ausland | 0,0 | 0,2 |
Summe | 11,5 | 15,6 |
Ergebnisentwicklung
Die Rohertragsmarge der Veganz Group AG ging auf 28,1 Prozent zurück (Vorjahr: 31,5 Prozent), unter anderem aufgrund von Preiserhöhungen auf Zuliefererseite. Den verteuerten Einkauf konnte Veganz jedoch durch eigene Preisverhandlungen auf Kundenseite mit beginnender Wirkung zum Ende des zweiten Quartals 2022 teilweise kompensieren. Bei gleichbleibend hohen Marketingkosten in Höhe von 2,0 Mio. Euro (Vorjahr: 2,0 Mio. Euro) sanken EBITDA und EBIT, neben dem Umsatzrückgang insbesondere aufgrund der gestiegenen Kosten für den erweiterten Vertriebsaußendienst, auf -5,8 Mio. Euro (Vorjahr: -3,0 Mio. Euro) und -6,3 Mio. Euro (Vorjahr: -3,5 Mio. Euro). Der Periodenfehlbetrag betrug 6,8 Mio. Euro (Vorjahr: Periodenfehlbetrag von 4,0 Mio. Euro). Dank des Börsengangs im November 2021 lagen Nettoliquidität und Eigenkapitalquote zum 30. Juni 2022 mit 7,2 Mio. Euro (Vorjahr: -13,8 Mio. Euro) und 48,9 Prozent (Vorjahr: – Prozent) weiterhin deutlich über dem Vorjahr.
Maßnahmenpaket beschlossen
Um dem veränderten Marktumfeld Rechnung zu tragen, hat die Gesellschaft zunächst drei wesentliche Maßnahmen hinsichtlich Produktion, Vertriebsaußendienst und Marketing auf den Weg gebracht:
So hat Veganz die Investitionen für den Aufbau der geplanten Veganz Food Factory am Standort Werder (Havel) gestoppt und wird die abgeschlossene Planung unter neuen Rahmenbedingungen an einem anderen Standort im Bundesland Brandenburg umsetzen. Währenddessen investiert das Unternehmen weiter in kleinere, temporäre Produktionsstätten für die Eigenproduktion der Fleisch-, Fisch, Käse- und Eialternativen. Damit wird ein liquiditätsschonender Hochlauf der Eigenproduktion, der zudem eine schnelle Anpassung an die jeweilige Nachfragesituation ermöglicht und die Produktionsanlaufrisiken minimiert, ermöglicht.
Um die Vertriebseffizienz zu verbessern, hat das Unternehmen die Zahl der Vertriebsaußendienstmitarbeiter:innen bereits zum 31. Juli 2022 von 50 auf 30 reduziert und wird das Team bis April 2023 schrittweise weiter auf etwa 20 Mitarbeiter:innen verkleinern. Bei sich positiv verändernden Marktbedingungen können die erforderlichen Kapazitäten wieder kurzfristig aufgestockt werden.
Zudem hat Veganz die Schwerpunkte in der Produktkommunikation und der Auswahl der Marketingkanäle verändert und die strategische Marktbearbeitung der aktuellen Unternehmenslage angepasst, um die geplanten Marketingaktivitäten und -kosten deutlich zu reduzieren und sich auf definierte Kern- und Fokuskategorien sowie die Produkte aus Eigenproduktion zu konzentrieren. Die Gesellschaft geht daher nicht mehr von einem allgemeinen, sondern nunmehr von einem zielgruppenspezifischen Ausbau der Markenbekanntheit im Geschäftsjahr 2022 aus.
Mit Innovationen durch turbulente Zeiten navigieren
Seit Juni 2022 arbeitet Veganz im Rahmen einer Forschungskooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Aachen am Anbau von Erbsen im Vertical Farming. Das Unternehmen hat damit den perfekten Partner gefunden, mit dem es nachhaltige Anbaumöglichkeiten benötigter Ressourcen erproben und so die Agrarwende konsequent vorantreiben kann, um die stetig wachsende Weltbevölkerung in Zukunft nachhaltig und klimafreundlich zu ernähren. Das schafft nicht nur eine Abkopplung und Unabhängigkeit von den volatilen Rohstoffmärkten, sondern senkt neben den CO2-Emissionen auch den Wasserverbrauch.
Ausblick 2022 angepasst
In Abhängigkeit von den makroökonomischen Rahmenbedingungen erwartet Veganz für das Geschäftsjahr 2022 nunmehr sowohl auf Gruppenebene als auch auf Einzelgesellschaftsebene der Veganz Group AG einen deutlichen (bisher: leichten) Umsatzrückgang (Vorjahr: 33,5 Mio. Euro bzw. 30,4 Mio. Euro), geht aber unverändert von einem gegenüber dem Vorjahr leicht verringerten EBITDA aus (Vorjahr: -9,8 Mio. Euro). Aufgrund der angepassten Marketingaktivitäten rechnet die Gesellschaft nicht mehr mit einem allgemeinen, sondern mit einem zielgruppenspezifischen Ausbau der Markenbekanntheit im Geschäftsjahr 2022.
„Wir befinden uns in einer krisenreichen Zeit, die noch vor einem Jahr vermutlich niemand von uns in dieser Form und diesem Umfang für möglich gehalten hätte. Mit unserem unverzüglich in die Wege geleiteten Maßnahmenpaket haben wir die Herausforderung angenommen – angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich die Bedingungen ändern, liegt unsere Geschäftsentwicklung dennoch unter unseren Erwartungen,“ so Jan Bredack, CEO der Veganz Group AG. „Die Vertriebs- und Produktoptimierungen, ein verbessertes Liquiditätsmanagement und Kosteneinsparungen sind erste wichtige Schritte, um die operative Leistungsfähigkeit der Veganz-Gruppe noch im Geschäftsjahr 2022 zu stärken. Wir haben aber noch weitere Handlungsbedarfe identifiziert und arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen unserer Strukturen und Prozesse sowie an der Steigerung unserer Ertragskraft und Wettbewerbsfähigkeit.“
in Mio. Euro | Veganz Group AG | Veganz-Konzern | ||
H1 2022 | H1 2021 | H1 2022 | H1 2021 | |
Umsatz | 11,5 | 15,6 | 12,6 | 16,9 |
Bereinigtes EBITDA | -5,7 | -2,2 | -5,8 | -2,2 |
Einmalaufwendungen | 0,1 | 0,7 | 0,1 | 0,7 |
EBITDA | -5,8 | -3,0 | -5,9 | -2,9 |
Periodenfehlbetrag | -6,8 | -4,0 | -7,0 | -4,0 |
Rohertragsmarge | 28,1 % | 31,5 % | ||
Nettoliquidität | 7,2 | -13,8 | ||
Eigenkapitalquote | 48,9 % | – % |
1 Quelle: McKinsey Survey, Juni 2022
2 Quelle: GfK Konsumklimaindex, Juni 2022
Chart: Vaganz Group AG | Powered by GOYAX.de