Vectron – Aktie im Kurstief. Der CEO und Hauptaktionär der Vectron Systems AG (ISIN: DE000A0KEXC7), Thomas Stuemmler,stellt sich unseren Fragen. Es geht um die Unternehmensentwicklung, oft verfehlte Prognosen – und warum es jetzt anders wird. Ungebrochen scheinen die – seit Jahren identifizierten und propagierten – Chancen für eine Transformation des Kassensystemanbieters, der vom Verkauf seiner „Systeme“ lebt, hin zu einem Serviceanbieter, der laufende Erträge aus seinen Kundenbeziehungen generiert: Für das Kassensystem, Zahlungsabwicklung, Reservierungssysteme, Internetauftritt, Kundenerfassung und Analyse, Kundenbindungssysteme, Lieferdienste, und und
Und am Ende des Interviews versteht man vielleicht die Aussage des CEO’s und Hauptaktionärs Thomas Stuemmler besser – „Vectron ist aus meiner Sicht unterbewertet“. Auf dem Weg zur Neubewertung steht Effizienzsteigerung, Kostenreduktion und Rationalisierungsmassnahmen, die vor kurzem angekündigt worden sind. Bis die wiederkehrenden Umsätze …
Nach der letzten Prognosereduktion hörte man oft, ein Problem der Vectron-Aktie seien die zu oft verfehlten „Ansagen“. Wie schätzen Sie selber die jetzt vorliegenden Neunmonatszahlen ein?
Das generelle Problem mit unseren Prognosen bestand schon immer darin, dass wir über hunderte von Fachhändlern indirekt verkaufen. Daher ist die aktuelle Verkaufspipeline immer extrem schwer einzuschätzen. Das ändert sich nun langsam durch das Wachstum der digitalen Dienste, die wir monatlich abrechnen. Diese Säule des Geschäfts ist wesentlich besser abzuschätzen. Weiterhin sorgen die hohen Margen dafür, dass z. T. relativ kleine Verschiebungen im Umsatz sehr große Auswirkung auf das Ergebnis haben.
Vectron mit negativem EBITDA nach 9 Monaten. Woran lag’s?
Zum einen lief, wie erwartet, die Sonderkonjunktur durch die gesetzliche Umstellung der Kassensysteme aus. Das hat im letzten Jahr trotz Corona für eine gute Nachfrage gesorgt. Aktuell ist dagegen die Stimmung bei unseren Kunden in der Gastronomie und der Bäcker-Branche auf einem Tiefpunkt. Speziell die hohen Energiepreise, die allgemeine Inflation und der Personalmangel setzen den Betrieben zu. Da ist es kein Wunder, dass wirklich nur das Nötigste investiert wird.
Hoffnungsvoll stimmt der Anstieg der wiederkehrenden Umsätze. Denken Sie es könnten bis Ende des Jahres die mal kolportierten 10 Mio. EUR Umsatz werden?
Unsere letzte Schätzung lag zwischen 9 und 10 Millionen Euro. Ich denke, das ist trotz allem zu schaffen.
In Ihrer Unternehmensmeldung vom 31.10. werden neue Dienstleistungen angekündigt, die über Ihre digitalen Lösungen angeboten werden sollen. Welche Lösungen werden derzeit bereits angeboten und wo liegt derzeit der Nachfrageschwerpunkt?
Bis jetzt lag der Schwerpunkt auf relativ einfachen Lösungen zur Speicherung von Daten im Netz, Reporting-Apps und Paymentlösungen.
Und welche Dienstleistungen werden hinzukommen? Und in welchem Zeitrahmen?
Wir möchten in den nächsten 18 Monaten unser Angebot im Bereich Payments ausbauen und die Verbindung eines Webshops mit der Kasse anbieten. Damit sollen Kunden Artikel auf der Website des Gastronomen zur Lieferung oder Abholung bestellen können. Dieser Webshop auf der eigenen Website hilft den Gastronomen, hohe Gebühren bei Lieferando & Co. zu sparen. Mit der gleichen Technik wird der Kunde aber auch direkt im Restaurant selbst bestellen und bezahlen können, wenn z.B. gerade kein Personal vor Ort ist. Dieser Trend zum Selfservice wird aktuell durch die Personalknappheit befeuert.
Ergänzen werden wir Lösungen für Online-Reservierungen, Gutscheine, Coupons und andere Angebote. In der aktuellen Lage suchen die Gastronomen nach Lösungen um über digitales Marketing neue Kunden zu gewinnen, bestehende Kunden zu halten und Personal durch Automatisierung und Selfservice zu ersetzen. Hier sind der Bedarf und die Verdienstmöglichkeiten für uns enorm, weil es diese Technik bisher bei der breiten Masse der Betriebe nicht gab. Die monatlichen Gebühren, die hier marktüblich sind, entsprechen einer Vervielfachung des Umsatzes gegenüber dem reinen Kassensystem. Kombiniert mit unserer großen Kundenbasis sehen wir enorme Chancen.
Wie denken Sie werden sich diese Neuerungen umsatztechnisch auswirken?
Wir denken, dass wir die digitalen Umsätze kontinuierlich steigern werden können. Hier gibt es zwar prinzipbedingt keine großen Sprünge in kurzer Zeit, aber einen gewaltigen „Zinseszins“- Effekt, wenn man dem Wachstum einige Zeit gibt.
Sind weitere Dienstleistungen im digitalen Bundle in Planung? Wann rechnen Sie mit diesen?
Wir bieten bereits interessante Bundles aus Kassentechnik und Services an und werden diese noch ausbauen. Die Kunden wollen Lösungen aus einer Hand.
Wann werden die wiederkehrenden Umsätze erstmals die „klassischen Umsätze“ übertreffen?
Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab, aber ich rechne damit, dass wir uns in den nächsten drei Jahren schon sehr weit in diese Richtung bewegen werden.
Sie haben im Sommer Ihren Aktien-Anteil an der Vectron kräftig aufgestockt. Was waren die Gründe?
Ganz einfach: Vectron ist aus meiner Sicht extrem unterbewertet. Sehen wir uns die Fakten an: Vectron ist ein seit Jahrzehnten marktführendes Unternehmen, mit dem mit Abstand größten Kundenbestand der Branche. Das Unternehmen hat einen ordentlichem Cashbestand, der es erlaubt, schlechtere Zeiten auszusitzen. Weiterhin ist es dem Unternehmen gelungen, erfolgreich ein schnell wachsendes substantielles SaaS-Modell für digitale Dienste aufzubauen, welches alleine ein mehrfaches der Bewertung rechtfertigt. Unser Ziel ist es, schnell wieder profitabel zu arbeiten. Aktuell befinden wir uns in einer Transformationsphase – hin zu mehr Digitalgeschäft. Kurzfristig müssen wir daher mit schlechteren Ergebnissen leben, langfristig wird dafür die Profitabilität steigen. Ich denke, es wird sich auszahlen, dass wir den Kurs halten, der ja schon erste messbare Erfolge liefert.
Was würden Sie einem Aktionär sagen, der über die Kursperformance der Vectron-Aktie in den letzten Jahren enttäuscht ist? Welchen Zeithorizont sollte er nach Ihrer Meinung ins Auge fassen?
Die Enttäuschung kann ich natürlich nachvollziehen. Sie müssen aber bedenken, dass ich als Großaktionär die Verluste auch hinnehmen musste. Die außergewöhnlichen Ereignisse der letzten drei Jahre haben unsere Planung leider immer wieder negativ beeinflusst. Wir haben aber in unserer 30-jährigen Geschichte immer wieder bewiesen, dass wir in solchen Stürmen Kurs halten und kontinuierlich an der neuesten Technologie arbeiten. Dies wird sich auf Sicht gesehen auszahlen.
Herr Stümmler, vielen Dank für das Interview!
Thomas Stümmler | Vorstandsvorsitzender der Vectron Systems AG
Thomas Stümmler ist einer der Gründer und somit seit 1990 bei Vectron Systems AG.
Unternehmensporträt:
Die Vectron Systems AG ist ein full-size Systemlösungsanbieter, der aus eigener Engineering-Leistung heraus Hardware, Software und cloudbasierte Services im internationalen Markt anbietet. Neben Entwicklung, Vertrieb und entgeltlicher Überlassung von integrierten Lösungen für Kasseninstallationen, gehören Software- und cloudbasierte Datenanalyse-, Datenmanagement-, Warenwirtschafts-, CRM- und Service-Module sowie Schnittstellen für Drittanbieter zum Leistungsspektrum. Die Vectron Cloud-Services umfassen digitale Dienste, die sich neben dem B2B- auch an den B2C-Bereich richten. Sie beinhalten die Analyse, das Verarbeiten und das Reporting von produktbezogenen Transaktionsdaten. Des Weiteren werden Kundenbindungs-Tools wie digitale Stempelkarten, Coupons und Deals sowie Effizienzwerkzeuge, beispielsweise Tischreservierung und Lieferservice, angeboten. Alle Dienste sind direkt mit dem Kassensystem verbunden, wodurch dieses zum zentralen Data Center wird.
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