Wirecard AG (ISIN: DE0007472060), der führende Innovationstreiber für digitale Finanztechnologie, veröffentlicht gute Geschäftszahlen für das dritte Quartal und wir nutzen die Chance uns einzelne, uns interessant erscheinende Punkte näher zu beleuchten.
Angefangen mit dem schwierigsten, da kaum bewertbaren oder mit einem fairen Preis versehbaren Bilanzposten:
Aufschlüsselung der Immateriellen Güter in der Bilanz
Der Geschäftswert hat sich im Berichtszeitraum im Wesentlichen durch die Übernahme des Kundenportfolios in Malaysia und in Indien im Rahmen des Citi Kreditkartenakzeptanz-Geschäfts im asiatisch-pazifischen Raum sowie währungsbedingt durch die Stichtagsbewertung verändert. Zum Stichtag 30.September 2018 beträgt der Geschäftswert insgesamt 660,4 Mio. EUR (31.Dezember 2017 : 675,8 Mio. EUR). Geschäftswert ist also der Aufpreis, der gezahlt wird über die Summe der Assets hinaus, um ein Unternehmen oder eine Geschäftseinheit zu erwerben.
Weiter zählen zu den Immateriellen Gütern die Kundenbeziehungen, denen ein Wert in Höhe von 454 Mio. EUR. in der Bilanz zugestanden wird -aufgrund dafür entstandener Aufwendungen. Selbsterstellte Immaterielle Wirtschaftsgüter (bewertet zu den eigenen Herstellungskosten) und sonstige immaterielle Wirtschaftsgüter werden zusammen mit 260,7 Mio. EUR bilanziert.
1.375 Mio EUR sind also Aktiva, die schwer realisierbar und nur bedingt zur Schuldentragfähigkeit beitragen.
Ein gesundes Verhältnis?
Den 1.375 Mio EUR Immateriellen Vermögenswerten steht eine Bilanzsumme von 5.195 Mio EUR gegenüber. Auf jeden Fall eine Verbesserung zu den Vorjahreszahlen, wo 1.389 Mio. EUR gegenüber 4.527 Mio. EUR Bilanzsumme standen. Daraus könnte man folgern, dass es gelungen ist, mit dem Produktionsmittel „Immaterielle Wirtschaftsgüter“ Umsatz zu schaffen, der sich in einer Forderungs- respektive Aktiva-Erhöhung wiederspiegelt. Immaterielle Wirtschaftsgüter stehen für Investitionen in Märkte, Wachstum oder ergänzende Beteiligungen und sind gerade bei nicht produzierenden Unternehmen auch in dieser Größenordnung „normal“. SAP, beispielsweise, weist im Q3/2018 Bericht in Bezug auf den Firmen-/Geschäftswert zzgl. Immateriellen Wirtschaftsgütern von 26.768 Mio EUR eine Gesamtbilanzsumme von 45.646 Mio. EUR aus. Hier hätte Wirecard also noch durchaus Luft, um in weitere Expansion zu investieren, ohne ungesunde oder ungewöhnliche Bilanzrelationen zu erreichen.{loadmodule mod_custom,Sentifi Text Widget}
Schulden
Die langfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten stehen im Zusammenhang mit der Finanzierung der in der Berichtsperiode sowie in den Vorjahren getätigten Übernahmen. Sie erhöhten sich um 443,8 Mio.EUR von 754,8 Mio.EUR zum 31.Dezember 2017 auf 1.198,6 Mio.EUR zum 30.September 2018. Dieser Anstieg steht im Zusammenhang mit der planmäßigen Überführung der für die im Vorjahr getätigten Übernahmen aufgenommenen Bridge-Loans in das bereits bestehende Konsortialdarlehen, welches hierfür entsprechend aufgestockt wurde. Dieser Bilanzposten steht einem Eigenkapital von 1.809 Mio. EUR gegenüber. Auch hier ein durchaus marktübliche Verhältnis langfristiger Verbindlichkeiten zu Eigenkapital.{loadmodule mod_custom,Nebenwerte Magazin Anmeldung}
Umsatzentwicklung
„Die Wirecard AG erreichte ihre operativen Ziele und steigerte die Zahl der großen und mittelgroßen Kunden auf rund 40 Tausend. Die Anzahl der Kleinstkunden beträgt rund 225 Tausend.“ – heisst es im Quartalsbericht. Die Prognose wird wiederum erhöht. Die konsolidierten Umsatzerlöse stiegen im 9-Monatszeitraum 2018 von 1.021,4 Mio. EUR um 41,4 Prozent auf 1.444,7 Mio. EUR im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wachstumszahlen von denen andere Unternehmen nur träumen können. Die werden aber auch nicht mit über 16 Mrd. EUR bewertet bei einem Umsatz von 1.489 Mill. EUR in 2017. Wenn es Wirecard gelingt die Wachstumszahlen von 2018 fortzuschreiben – und der Markt geht offensichtlich davon aus, sonst wäre die Bewertung nicht so hoch – wächst die Bilanz zielsicher in die derzeitige Unternehmensbewertung hinein. Heißt aber auch im Umkehrschluss: Stottert die Wachstumsstory, entsteht sofort Druck auf den Aktienkurs. Mögliche Einstiegskurse. Vergessen darf man aber nicht die bereits fulminante Kursentwicklung der Wirecard auf Jahressicht, selbst wenn derzeit ein herber Rückschlag zu verkraften ist.
Kursrückschläge, Chance für Wirecard Einstieg?
Diese Frage sollte jeder für sich selber beantworten. Jedenfalls bieten die Quartalszahlen im Kontext der beinahe täglich veröffentlichten neuen Projekte, Kooperationen, Partnerschaften und Initiativen einen positiven Ausblick auf die operative Entwicklung des Unternehmens. Fintech und moderne Bezahlvorgänge werden nicht vom Markt verschwinden oder langsamer wachsen, wenn politische Krisen oder Defizitdiskussionen den gesamten Aktienmarkt erschüttern. Kurzfristig bietet der Chart der Wirecard unter technischen Betrachtungspunkten eher negative Aussichten, der langfristige Aufwärtstrend ist noch nicht gestört. Die nächsten Wochen können durchaus spannend werden. Heute regiert auf jeden Fall der Pessimismus. Mit Grund? auf jeden Fall nicht wegen der Quartalszahlen, eher trotz…
Aktuell (14.11.2018 / 11:01 Uhr) notieren die Aktien der Wirecard AG im Xetra-Handel mit einem Minus von -6,90 EUR (-4,39 %) bei 150,10 EUR.