Smartbroker Holding AG (ISIN: DE000A2GS609) im Blick. Im Dezember 2022 ging es in unserem letzten Interview mit André Kolbinger, CEO, Gründer und Hauptaktionär der Smartbrtoker Holding AG, ehemals wallstreet:online AG, ging es darum wie er mit dem seinerzeit „brandneuen“ Kooperationspartner Baader Bank den „attraktivsten Broker Deutschlands“ schaffen will. Seitdem ist man einige Schritte weiter. Auf diesem Weg vorangekommen. Grund für einen Zwischenstand. Was ist passoert? Wo steht der Smartbroker aktuell? Was hat sich an den Plänen geändert? Was klappt? Wo hakt es? Was ist mit der Aktie los? Themen für unser Gespräch mit Herrn Kolbinger. Spannend.
In unserem letzten Gespräch Mitte Dezember sprachen Sie davon “den attraktivsten Broker” mit dem neuen Smartbroker zu schaffen. Wie weit sind Sie auf diesem Weg mittlerweile?
André Kolbinger: Wir befinden uns bereits auf der Ziellinie. Ende August haben wir SMARTBROKER+ gestartet und damit die wichtigste Hürde genommen. Momentan liegt unser Fokus noch auf dem Umzug der Bestandskunden auf die neue Plattform. Parallel dazu beheben wir kleinere Fehler und fügen schrittweise weitere Funktionen hinzu. Wir sind also nicht mehr weit von einer Vollversion entfernt. Ab Dezember werden wir deshalb auch wieder verstärkt in Marketing investieren.
Was unterscheidet den SMARTBROKER+ vom “alten” Smartbroker? Ab wann können Ihre Kunden alle Funktionen nutzen?
André Kolbinger: SMARTBROKER+ ist die Weiterentwicklung von Smartbroker. SMARTBROKER+ bietet viele neue Funktionen und ein komplett überarbeitetes, intuitives Design. Wir haben auch eine neue App entwickelt, damit Anlegerinnen und Anleger komplett flexibel sind und handeln können, wann und wo sie möchten. Unsere neue Marke wurde auf Basis der Wünsche unserer Kunden entwickelt. SMARTBROKER+ eröffnet Sparerinnen und Sparern eine noch größere Auswahl an Anlagemöglichkeiten und Handelsplätzen zu attraktiven Konditionen.
Unsere aktuelle Early-Access-Version umfasst noch nicht alle Funktionen. Wir haben beispielsweise erst vor wenigen Tagen -Sparpläne sowie Auslandsbörsen freigeschaltet. In den kommenden Monaten werden weitere Funktionen folgen, unter anderem Wertpapierkredite und Kryptowährungen.
Wie viele der alten Depots konnten Sie von der DAB zur Baader Bank “retten”?
André Kolbinger: Bitte haben Sie Verständnis, dass wir zum aktuellen Zeitpunkt keine Auskunft zur Anzahl der Depot-Wechsel geben. Wir werden diese voraussichtlich Mitte November transparent kommunizieren.
Wieviel Equity werden Sie durch den Umzug verlieren? Sind Sie mit dieser Quote zufrieden?
André Kolbinger: Auch hier bitten wir um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Auskunft geben. Ich kann aber schon jetzt sagen, dass wir zufrieden sind und leicht über unseren Erwartungen liegen.
Gibt es für Zuspätgekommene noch eine Chance ihre Depots zu übertragen? Und was passiert mit denen, die nicht agieren?
André Kolbinger: Alle Kundinnen und Kunden, die die Frist für den technischen Umzug am 17. Oktober 2023 verpasst haben, können auch nachträglich einen händischen Depotübertrag in Auftrag geben. Dies gilt allerdings nicht für Junior-, Gemeinschafts- und Firmendepots sowie für Kundinnen und Kunden aus den USA und der Schweiz. Diese können wir bei SMARTBROKER+ derzeit leider nicht bedienen.
Erfreulicherweise haben wir mit der DAB inzwischen eine Regelung gefunden, die es den dort verbleibenden Kunden erlaubt, ihr Konto fortzuführen und gleichzeitig durch uns betreut zu werden. Wir bleiben also auch künftig Ansprechpartner, allerdings werden die Konditionen ab Januar 2024 erhöht. Kunden, die weiterhin von den Sonderkonditionen profitieren möchten, raten wir deshalb auch weiterhin zum Wechsel zu SMARTBROKER+.
Aktuell scheint man sich “nur” auf den Transfer zur Baader Bank zu konzentrieren. Wie viele Neukunden konnten Sie in dieser “werbefreien” Zeit trotzdem gewinnen? Ab wann werden Sie wieder aktiv um Kunden werben können?
André Kolbinger: Das ist richtig, wir arbeiten derzeit vor allem am Umzug der Bestandskunden. Man darf den Aufwand nicht unterschätzen, wir reden hier schließlich über mehrere Milliarden Euro an Vermögenswerten. So ein Prozess ist technisch sehr anspruchsvoll und verständlicherweise gibt es seitens der Kunden verstärkt Nachfragen. Dem wollen wir gerecht werden, deshalb werden wir die Neukundengewinnung voraussichtlich erst im Dezember wieder fokussieren.
Wie viele Neukunden sind ihr Ziel für die nächsten Jahre? Wieviel MuM sehen Sie in den nächsten Jahren beim SMARTBROKER+? Was ist aus den Zielen ihrer 2026er Fallstudie geworden, die noch vom “alten” CEO verantwortet wurde?
André Kolbinger: Wir sehen erhebliches Kundenpotential, daran hat sich nicht verändert. Mit SMARTBROKER+, einem Handel bei gettex zu 0 Euro und vier Derivatepartnern, ebenfalls zu 0 Euro, zwei Derivatepartner zu nur zwei Euro je Order sowie eine große Auswahl von kostenfreien ETFs unserer drei ETF-Partner, haben wir in meinen Augen das attraktivste Angebot auf dem Markt. Unsere Ziele für 2024 werden wir im ersten Quartal nächstes Jahr veröffentlichen. Eine längerfristige Prognose kommunizieren wir, sobald wir mehrere Monate Erfahrungen mit SMARTBROKER+ gesammelt haben.
Bisher finanziert das Portalgeschäft den Aufbau des Brokerage-Geschäfts. Wie lange wird diese “Querfinanzierung” noch möglich und nötig sein?
André Kolbinger: Wir gehen davon aus, dass wir mit SMARTBROKER+ als Produkt, aber auch mit der Smartbroker AG als Unternehmen im kommenden Jahr den Break Even nach allen Kosten erreichen. Eine Querfinanzierung sollte dann nicht mehr nötig sein.
Wann erwarten Sie, dass die Umsätze des Smartbrokers erstmals die des Portalgeschäfts übersteigen werden?
André Kolbinger: Das hängt natürlich ganz von der Kundenentwicklung bei SMARTBROKER+ ab. Grob überschlagen wird das frühestens ab 2025 der Fall sein.
Welche Synergien sollen zwischen den beiden Sparten auf Dauer gehoben werden? Wie sollte sich das auf Dauer positiv für SMARTBROKER+ gegenüber dem Wettbewerb auswirken?
André Kolbinger: Da gibt es sehr viele Synergien. Etwas vereinfacht gesprochen, werden wir viele Inhalte, die wir auf den Portalen haben, auch in SMARTBROKER+ integrieren. Andererseits wollen wir SMARTBROKER+ natürlich auch in die Portale integrieren, um einen Handel von Wertpapieren direkt aus den Portalen zu ermöglichen. Diese Schritte sind für die zweite Jahreshälfte 2024 geplant.
Wo siedeln Sie den SMARTBROKER+ im Wettbewerbsumfeld an? Fintech? Onlinebroker?
André Kolbinger: Wir sehen uns nicht als klassischen Online-Broker, sondern als Next-Generation-Broker. Das bedeutet nicht nur, dass SMARTBROKER+ eine Weiterentwicklung von Smartbroker ist, sondern auch des gesamten Brokermarktes. Wir verbinden das Beste aus zwei Welten: das große Angebot eines „Full-Service-Brokers“ und die Konditionen aber auch die Einfachheit der Funktionen eines typischen Neobrokers.
Wollen Sie über den Preis “verkaufen”?
André Kolbinger: Wir wollen den besten Preis und gleichzeitig das beste Produkt anbieten, denn wir sind der Meinung, dass beides möglich ist.
Sie haben die ursprünglich geplante Genehmigungserweiterung der Smartbroker AG gestoppt. Woran hat es gelegen? Könnte es einen Moment geben, dieses Vorhaben nochmals anzugehen?
André Kolbinger: Wir verfügen bereits über die richtige Lizenz, um das aktuelle Geschäftsmodell SMARTBROKER+ betreiben zu können. Eine Lizenz auf Vorrat zu beantragen – das wollen wir nicht und das würde auch nicht funktionieren. Wir haben nicht vor, das Geschäftsmodell zu ändern. Daher brauchen wir die Erweiterung nicht mehr.
Welche Vorteile bietet Baader gegenüber der DAB, die eine “Höherregulierung” weniger erstrebenswert machten? Welche Ertragsquellen konnten zusätzlich erschlossen werden?
André Kolbinger: Der Wechsel der Depotbank hat den Hintergrund, dass Smartbroker und die DAB BNP Paribas bei der Weiterentwicklung von der bestehenden Marke und bei Entwicklung neuer Features keinen gemeinsamen Entwicklungspfad gefunden haben. Entscheidend war die Tatsache, dass wir dauerhaft auf eine App verzichten müssten. Das wäre schlicht und einfach nicht zukunftsfähig gewesen.
Wir haben im Vorfeld des Wechsels unterschiedliche Optionen geprüft, um SMARTBROKER+ nachhaltig, qualitativ hochwertig und kostengünstig für unsere die Kundinnen und Kunden weiterentwickeln zu können. Mit der Baader Bank haben wir dafür den idealen Kooperationspartner gefunden. Design und Funktionalität der Produkte sind neben dem Preis elementar für die Wettbewerbsfähigkeit – daher war es uns besonders wichtig, in diesen Punkten Gestaltungsfreiraum zu haben.
Und jetzt zurück zur Gegenwart: die Halbjahreszahlen der Smartbroker Holding zeigten ernste Bremsspuren. Das Portalgeschäft schwächelte. Was ist passiert? Besserung in Sicht?
André Kolbinger: Wir sehen, dass sich gerade weniger Menschen für Börse und Aktienhandel interessieren als noch vor zwei Jahren. Das dauert immer eine gewisse Zeit, bis sich das auf die Umsätze auswirkt. Das geht nicht nur uns so: Unter den geringen Trades leiden alle Marktteilnehmer. Bei diesen Vorzeichen ist es unmöglich, die bisherige Rentabilität aufrecht zu halten. Meiner Meinung nach wird es noch dauern, bis sich der Markt nachhaltig erholt. Wir gehen davon aus, dass wir mit steigender Anzahl an Kundinnen und Kunden auch gegen den Trend wachsen können und im Werbebereich über die Jahre die Umsätze noch steigern können.
Viele Beiträge in den sozialen Medien bemängeln, dass auf den Finanzseiten (zu) oft Werbung für, sagen wir mal, Hoffnungswerte, andere würden sagen Pennystocks, geschaltet wird. Gibt es Kriterien für die Auswahl der Werbepartner? Können Sie die Kritik nachvollziehen?
André Kolbinger: Diesen Punkt hören wir seit Jahren immer mal wieder. Wir sind eine Plattform und wir machen für Aktien genauso Werbung wie für Derivate und für CFD-Broker. Für diese Werbung gibt es ganz klare Regeln – natürlich wird Werbung heutzutage passgenau ausgespielt: Sind Leserinnen und Leser beispielsweise sehr spekulativ eingestellt, dann bekommt man auch die entsprechenden Werbekunden.
Neben SMARTBROKER+ scheint sich auch bei Ihren Finanzseiten einiges zu ändern. Was hat sich getan und was ist noch in der Pipeline?
André Kolbinger: Das stimmt, es ist gerade vieles in Planung und auch schon einiges in Arbeit: Beispielsweise überarbeiten wir gerade unsere Seiten www.ariva.de und www.wallstreet-online.de sowie die jeweils dazugehörigen Apps. Wir werden auch www.fondsdiscount.de im kommenden Jahr überarbeiten. Insgesamt investieren wir viel Geld in den Aufbau unserer Redaktion und unserer Videoinhalte. Zudem intensivieren wir gezielt den Einsatz von künstlicher Intelligenz für die Erstellung von Inhalten.
In den letzten Monaten fiel öfters ihr Name bei Insiderkäufen der Smartbroker Holding Aktie. Warum kaufen Sie regelmäßig Aktien? Sie haben doch bereits die Mehrheit?
André Kolbinger: Ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass wir ein gutes Unternehmen sind und dass der Kurs das auf dem aktuellen Niveau nicht widerspiegelt.
Werden Sie durch den SMARTBROKER+ die Abhängigkeit der Smartbroker Holding vom Auf und Ab der Aktienmärkte reduzieren können? Bei fallenden Kursen sollten doch die Leser eher weniger werden und auch die Trades der Brokerkunden sollten doch eher abnehmen. Oder haben wir da einen Denkfehler?
André Kolbinger: Diese Abhängigkeit können wir nicht beseitigen, die ist immer existent.
Wie lange werden Sie noch als CEO die Entwicklung der Smartbroker Holding steuern? Macht’s noch Spass? Haben Sie sich eine Zielschwelle oder einen festen Zeitpunkt gesetzt, um wieder in die Aufsichtsratsebene zu wechseln?
André Kolbinger:Ich habe einen Vorstandsvertrag und bin vom Aufsichtsrat bis Ende 2027 bestellt. Bis dahin werde ich auf jeden Fall sehr aktiv dabei sein. Pläne darüber hinaus gibt es bislang nicht.
Herr Kolbinger, vielen Dank für das Interview!
André Kolbinger | CEO Smartbroker Holding AG
Mit einem Startkapital von weniger als 30.000 DM gründete der damals 23-jährige André Kolbinger (Jahrgang 1975) im Februar 1998 die GIS Wirtschaftsdaten GmbH, aus der bereits kurze später der bekannte Portalbetreiber wallstreet:online wurde (inzwischen umfirmiert als Smartbroker Holding AG). Kolbinger baute die Plattform zur größtem Finanzcommunity im deutschsprachigen Raum aus und führte das Unternehmen zunächst bis November 2008. Zu dem Zeitpunkt verkaufte er seine Beteilung an die Axel Springer SE.
Im Mai 2010 erfolgte der Rückkauf – Springer konzentrierte sich auf sein Portal Finanzen.net. Der Gründer übernahm bei wallstreet:online nicht nur 75 Prozent der Anteile, sondern erneut den Posten als CEO. Im Juli 2011 wechselte Kolbinger in den Aufsichtsrat und blieb dort bis August 2022 Vorsitzender des Kontrollgremiums. Während dieser Zeit kaufte das Unternehmen mehrere Mitbewerber, übernahm beispielsweise die Portale FinanzNachrichten.de, Ariva.de und BörsenNews, Ende 2019 wurde in Kooperation mit der Tochterfirma wallstreet:online capital AG (inzwischen als Smartbroker AG umfirmiert) der Smartbroker gestartet. Ende August trennte sich das Unternehmen kurzfristig vom ehemaligen comdirect-Manager Matthias Hach, Kolbinger wurde daraufhin für die Dauer von drei Jahren zum Vorstandsvorsitzenden bestellt.
Kolbinger ist verheiratet und hat drei Kinder.
Über die Smartbroker -Gruppe:
Die Smartbroker-Gruppe betreibt den Smartbroker – einen mehrfach ausgezeichneten Next Generation Broker. der als einziger Anbieter in Deutschland das umfangreiche Produktspektrum der klassischen Broker mit den äußerst günstigen Konditionen der Neobroker verbindet. Gleichzeitig betreibt die Gruppe vier reichweitenstarke Börsenportale (wallstreet-online.de, boersenNews.de, FinanzNachrichten.de und ARIVA.de). Mit mehreren Hundert Millionen monatlichen Seitenaufrufen ist die Gruppe der mit Abstand größte verlagsunabhängige Finanzportalbetreiber im deutschsprachigen Raum und unterhält die größte Finanz-Community.
Chart: Smartbroker Holding AG – Powered by GOYAX.de