„Steinhoff International Holding N.V. (ISIN: NL0011375019), ein Spielball der Spekulanten!“ Mit dieser Behauptung haben wir einen Sturm an Reaktionen ausgelöst. Was steckt wirklich an Substanz in der Steinhoff International Holding NV?
Was wurde bisher erreicht auf dem Weg der Konsolidierung und des Erhalts einer erfolgreichen (Rest-)Holding? Wo lauern die größten Fallstricke? Wieviel ist Steinhoff eigentlich noch wert?
Die Marktkapitalisierung der Steinhoff International Holding NV ist derzeit trotz des derzeitigen Kursniveaus noch über 500 Millionen Euro, also alles andere als ein Leichtgewicht. Dieser Wert schwankt durch tägliche Ausschläge in beide Richtungen stark, bewegt sich aber seit Bekanntwerden der bilanziellen Unregelmässigkeiten und dem ersten Eingeständniss der Verantwortlichen der Steinhoff kontinuierlich – unterbrochen von kurzfristigen Erholungsversuchen – gen Süden. Mittlerweile ist es kaum rational erklärlich, welche Bewegungen die Aktie aufgrund keiner oder meistens nur allgemeinen Nachrichten macht. Diskussionsforen finden sich auf allen großen Finanzseiten und es wird munter spekuliert und gerechnet.
Fakt ist, das es immer noch keine zuverlässigen Bilanzzahlen der Holding für die vergangenen Jahre gibt. Angekündigt für Ende diesen Jahres, sind alle Annahmen der Finanzcommunity bis dahin von einer großen Ungewissheit und Fehlerwahrscheinlichkeit geprägt. Sicher scheint, dass sowohl Substanz, als auch Ertrag wesentlich zu hoch angegeben wurden und zwar mit – wohl – krimineller Energie durch den ehemaligen Vorstand und gedeckt durch die Aufsichtsräte. Wertansätze für erworbene Beteiligungen, die weltweit – teilweise stakkatohaft veröffentllicht – eingegangen wurden, waren mit Hilfe bilanzieller Tricks, die im einzelnen wohl noch aufgeklärt werden müssen, wohl teilweise wesentlich höher als die Erwerbspreise. Einen Teilausschnitt dieses Bewertungsgrößenwahns zeigt sich bei den Verkäufen der Steinhoff International Holding NV, um Liquidität zu schaffen: Poco wurde an den 50 prozentigen Miteigentümer XXXL Lutz verkauft für einen Betrag wesentlich unter den vorher behaupteten Wertansätzen: 123 Einrichtungshäuser mit fast 8.000 Mitarbeitern mit einem Gesamtumsatz von 1,6 Milliarden Euro erbrachten gerade einmal für Steinhoffs 50% Anteil angeblich „nur“ rund 266 Millionen. Die Kette an Notverkäufen, um die Liquidität zu gewährleisten, setzt sich fort. Kika / Leiner war die Österreichtochter des Steinhoff Konzerns, hier gab es ebenfalls operative Verluste und Restrukturierungsbedarf, den Steinhoff nicht mehr leisten konnte. Ergebnis: Verkauf der operativen Einheit zum symbolischen Preis an die Signa Gruppe und nur die Immobilien, in einer anderen Tochter gehalten, erbrachten zumindest nennenswerte dreistellige Millionenbeträge. Südafrikanische Beteiligungen – wohl der gesündeste Teil der Holding – wurden bereits zu Beginn der Krise abgegeben und entkonsolidiert, um diese zu schützen und um dringend benötigte Liquidität zu schaffen. Auch dieses geschah natürlich zu Notverkaufspreisen, weit entfernt von Bilanzansätzen.
Druck seitens der Kreditversicherer brachte viele Konzernbeteiligungen der Steinhoff International Holding NV erst ins Trudeln oder zum Absturz. Genannt sei nur die amerikanische Beteiligung Mattres Firm Inc., die sich jetzt im Insolvenzverfahren (Chapter Eleven) befindet. Das heisst die die Vertrauenskrise beschleunigte noch die wirtschaftliche Fehlentwicklung und steigert die Verluste respektive brachte Beteiligungen erst ins existenzgefährdende Minus. Auch hier vermag Keiner mit Sicherheit sagen, wo dieser Teufelskreis endet. Refinanzierungen, Entkonsolidierungen, Stillhalteabkommen mit Darlehensgebern und Verhandlungen über neue Kreditlinien sind hier der einzige Weg. Diesen beschreitet das neue Management auch, aber die Erfolgsaussichten erscheinen generell düster oder zumindest getrübt.
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Das weite Feld der Schadensersatzforderungen scheint noch gar nicht im Kurs der Aktie berücksichtigt. Wieviele Aktionäre werden klagen aufgrund gefälschter Bilanzen zum Kauf der Aktie gebracht worden zu sein? Wieviele investierte Fonds und Pensionskassen? Wieviele Anleihegläubiger werden den gleichen Weg beschreiten? Wahrscheinlich sind die Chancen vor Gericht Erfolg zu haben sehr hoch. Fraglich ist nur, ob eventuelle Forderungen durch die Steinhoff International Holding NV auch vollumfänglich erfüllt werden können. Gibt es noch soviel Substanz in der Gesellschaft für diesen Sturm? Was ist mit den Banken, die Finanzierungen aufgrund falscher Bilanzzahlen gewährt haben?
Natürlich müssen diese, allein um sich ihren Aktionären gegenüber nicht angreifbar zu machen, auf möglichst vollständige Darlehenstilgung bestehen. Was aus Steinhoff wird, wenn alle Forderungen aufgrund von Darlehensverpflichtungen kurzfristig bedient werden müssen, scheint klar. Selbstverständlich dauert die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche, aber die Erfolgsaussichten scheinen doch auch hier relativ gut. Insbesondere wenn die für Dezember avisierten Bilanzkorrekturen so extrem von den seinerzeit kommunizierten abweichen, wie der Markt es erwartet. Die gestrige Nachricht über eine Vereinbarung zwischen Steinhoff und klagenden Aktionären in den Niederlanden, weitere Schritte bis zum 3. April 2019 ruhen zu lassen, um der Gesellschaft Zeit zur Konsolidierung zu geben, zeigt nur , dass Steinhoff International Holding NV eine Verschnaufpause gewährt wurde, keine generelle Problemlösung.
Entscheidend für die Zukunft der Steinhoff International Holding NV wird der Inhalt der „realen“ Bilanzen sein- avisiert für Dezember dieses Jahres. Genauso wichtig ist die Frage, ob es Steinhoff gelingt bei den Darlehensgebern bestehende Stillhalteabkommen in eine dauerhafte Finanzierungslinie für die Konzerngesellschaften umzuwandeln, auch hier wird wohl dieses Jahr noch eine Entscheidung fallen – einzelne Teile konnten bereits erfolgreich refinanziert werden, beispielsweise Greenlit Brands Pty Limited (vorher unter Steinhoff Asia Pacific Group Holdings Pty. Limited firmierend) am 27. September; die Hemisphere International Properties B.V. im Umfang einer Linie in Höhe von rund 775 Millionen Euro am 6. September. Für andere wird noch nach Lösungen gesucht. Generell scheint man zumindest hier auf sehr gutem Weg zu sein. Das starke Frankreich und Südafrika Geschäft sind bestimmt Pfunde mit denen die Holding einiges kompensieren und geradebiegen kann. Ob auch hier die operative Entwicklung dauerhaft durch die negative öffentliche Wahrnehmung und Unsicherheit zu stark gestört wird, lässt sich nur schwer abschätzen. Ursprünglich war Steinhoff stark im südlichen Afrika und begann von da aus seine Expansion (auch wenn die Wurzeln des Konzerns ursprünglich in Deutschland lagen). Es ist nicht auszuschließen, dass diese Erfolgsgeschichte – ohne Bilanzfälschungen – einen neuen Anlauf nimmt.
Insgesamt überwiegen aber die Unsicherheiten und die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns der Bemühungen die Steinhoff International Holdings NV ist sehr hoch. Steinhoff International Holding NV ist bestimmt kein typischer Turn-Around Kandidat und die Risiken übersteigen hier die Chancen wesentlich – nach unserer Meinung.
Aktuell (18.10.2018 / 08:02 Uhr) notieren die Aktien der Steinhoff International Holdings im Frankfurter-Handel mit einem Minus von -0,00 EUR (-1,13 %) bei 0,131 EUR.