Interview mit Frank Schneider, CEO, der publity AG (ISIN: DE0006972508) und Thomas Olek, publity-Großaktionär und ehemaliger publity-CEO. In den letzten Wochen gab es einige Meldungen der publity AG und der Beteiligungen, die bei den Aktionären Erstaunen und auch viele Fragen weckten. Wir meinten am 26.01.2021: „publity wirft Fragen auf! PREOS soll weg, nach dem plötzlichen Aus für den langjährigen CEO das zweite Fragezeichen“. Und nun freut es ganz besonders, das zumindest einige Fragen etwas klarer gesehen werden können, andere – teilweise aus nachvollziehbaren rechtlichen Hindernissen – bleiben leider noch offen.
Meine Herren, die Nachricht Ende Januar, dass die publity AG beabsichtigt, eine Mehrheitsbeteiligung ihrer Konzerntochter PREOS Global Office Real Estate & Technology an einen asiatischen Mischkonzern veräußern zu wollen, kam ziemlich überraschend. Welche Strategie verfolgen Sie damit? Wollen Sie Minderheitsanteile behalten?
Wir wollen PREOS die Möglichkeit geben, sich mit nochmals forciertem Tempo strategisch weiter zu entwickeln. Dazu gehört maßgeblich die internationale Expansion. Der asiatische Konzern, mit dem wir über eine Mehrheitsbeteiligung an PREOS verhandeln, kann in diesem Prozess mit Finanzmitteln und Netzwerk deutlich unterstützen. Es wird für den Fall des erfolgreichen Abschlusses der Transaktion von den Partnern derzeit vertiefend erörtert, dass publity und der potenzielle Käufer PREOS bereits in den kommenden Quartalen Finanzmittel im dreistelligen Millionen Euro-Bereich zur Verfügung stellen, so dass PREOS damit noch 2021 Immobilien in europäischen Top-Metropolen und in Deutschland im Wert von bis zu 1 Mrd. Euro erwerben könnte. Wir als publity wollen für PREOS dieses Potenzial erschließen, daran aber natürlich partizipieren und würden entsprechend eine signifikante Minderheitsbeteiligung halten.
Gibt es mittlerweile einen neuen Stand, was die Verhandlungen mit dem asiatischen Konzern anbelangt?
Der Investor befindet sich aktuell in der Due Diligence Phase. Das mögliche Closing ist für das 2. Quartal 2021 vorgesehen. Weiterführende Informationen können wir aktuell nicht geben, sind aber optimistisch bezüglich einer erfolgreichen Umsetzung der Transaktion.
Natürlich können Sie nichts über die Preisvorstellungen sagen. Steht denn schon fest, ob es sich um einen reinen Cash-Deal handeln wird oder werden auch Beteiligungen als Kaufpreisbestandteil angedacht? Falls es zu einer Cash-Lösung kommen sollte: Was wollen Sie mit der Liquidität machen?
Zur Struktur einer möglichen Transaktion können wir derzeit keine Angaben machen. Klar ist aber, dass wir das weitere Wachstum von PREOS mit Finanzmitteln begleiten wollen und bei der Transaktion die beste Lösung für die Aktionäre von publity umsetzen wollen.
Inwiefern wird publity auch nach Abschluss der Transaktion weiterhin die PREOS-Immobilienbestände als Asset Manager verwalten und welche Potenziale ergeben sich daraus für publity?
publity besitzt einen langjährigen Asset Management Vertrag mit der PREOS AG. Es ist vorgesehen, dass publity auch nach dem möglichen Einstieg des neuen Mehrheitsaktionärs als Asset Manager für den aktuellen und künftigen Immobilienbestand von PREOS tätig ist. Dies gilt auch für Objektkäufe, die im Rahmen der geplanten und vom potenziellen Käufer unterstützten Internationalisierungsstrategie der PREOS erfolgen. Entsprechend würden sich für publity somit Potenziale zur Ausweitung der Assets under Management, sowie zur weiteren Gewinnsteigerung ergeben.
Wie ist Ihre Ankündigung zu verstehen, sich mit dem neuen Eigentümer „im dreistelligen Millionenbereich“ bei der PREOS zu engagieren, um Immobilien in 2021 im Wert von rund einer Milliarde zu erwerben. Wie ist derzeit die durchschnittliche Fremdkapitalquote der PREOS Objekte? Und soll diese so bleiben?
Die Fremdkapitalquote beträgt aktuell objektabhängig zwischen 65 bis 75 %. Wir gehen davon aus, dass sich die zukünftige Quote in einem ähnlichen Rahmen bewegen wird.
Wie stellen Sie sich das geplante internationale Wachstum mithilfe des potenziellen asiatischen Mehrheitsaktionärs vor? Warum machen Sie es nicht – wie lange kommuniziert – „alleine“?
Wir könnten es auch „alleine“ machen – mit einem Partner, der Zugang zu weiteren Märkten, strategische Kontakte und Finanzmittel mitbringt, könnte die Expansion von PREOS aber zusätzlich beschleunigt werden. Durch Synergiepotenziale könnte ein zusätzlicher Mehrwert für PREOS und damit für publity als Aktionär entstehen. Wir sind lieber an etwas sehr Großem als maßgeblicher Minderheitsaktionär beteiligt als an etwas weniger Großem als Mehrheitsaktionär – immer unter der Voraussetzung, dass die Dealterms in Summe Mehrwert für die publity Aktionäre stiften.
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Ende Dezember 2020 haben Sie vermeldet, dass Herr Olek als CEO bei publity ausscheidet. Wieso haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?
Ich mache das, um mich mit ganzer Kraft auf strategische Wachstumsfelder bei publity konzentrieren zu können. Ein CEO muss viele Dinge gleichzeitig im Blick haben und kann sich nicht komplett auf einen Bereich fokussieren. Ich glaube, dass Digitalisierung und Big-Data-Immobilienanalyse die Felder sind, welche die Immobilienbranche in den kommenden Jahrzehnten prägen werden und die darüber entscheiden, welche Unternehmen die langfristigen Gewinner sein werden. Dazu soll publity gehören. Weil publity mit Frank Schneider und Stephan Kunath ein starkes Vorstandsteam hat, kann ich zur Seite treten und aus einer neuen Rolle heraus diese Bereiche für publity und den Konzern vorantreiben.
Und wieso haben Sie im Sommer noch davon gesprochen – nach Verkauf Ihrer Mehrheitsbeteiligung an publity – langfristig als Unternehmensführer engagiert zu bleiben? Wieso der Sinneswandel in wenigen Monaten?
Ich bleibe dem Unternehmen ja mit viel Herzblut und viel Aktionärskapital verbunden. Ich glaube nicht, dass dazu ein Vorstandstitel notwendig ist. Wir erleben gerade einen extrem schnellen Zeitenwandel in der Immobilienbranche und ich will selbst flexibel genug sein, um meine Fähigkeiten, strategischen Ideen und Kontakte einzubringen, damit publity optimal positioniert ist.
Warum haben Sie gleichzeitig die angekündigte Übernahme des CEO-Postens bei der PREOS „abgesagt“?
Der Begriff „aufgeschoben“ trifft es vielleicht besser als „abgesagt“. Auch bei PREOS ist momentan vieles in Bewegung – wir sprachen bereits darüber. Jetzt gilt es abzuwarten, wie die Dinge sich entwickeln und dann sehen wir weiter. Aktuell liegt mein Augenmerk vor allem auf Digitalisierung und Big-Data-Immobilienanalyse.
Ist denn im publity Konzern noch Platz für die GORE? Oder steht deren Veräusserung ebenfalls an?
Mit dem möglichen Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der PREOS AG würde der Konzernverbund zwischen publity und PREOS sowie der GORE AG aufgehoben. Was der neue, mögliche Mehrheitsaktionär bzw. die PREOS AG mit der GORE AG vorhaben, sind aktuell Verhandlungen, welche noch zu führen sind.
Können Sie nachvollziehen, dass diese überraschenden Wendungen für „Ihre“ Aktionäre schwer nachvollziehbar sind?
Ich weiß, dass die erwähnte Zeitenwende in der Immobilienbranche auch den Aktionären von publity und PREOS eine Menge an Verständnis und schnellen Perspektivwechseln abverlangt. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass Stück für Stück ein stimmiges Gesamtbild entsteht und deutlich wird, dass wir auf vielen Ebenen parallel daran arbeiten, das Optimum für die aktuellen Konzerngesellschaften zu erreichen. Natürlich liegt es auch in meiner Persönlichkeitsstruktur, mich konsequent zu fokussieren und wenn sich die Gesamtsituation ändert, muss auch der Fokus angepasst werden. Bitte denken Sie daran, wie drastisch sich unsere Welt in den vergangenen rund 15 Monaten gewandelt hat…
Wieso haben Sie Ihre ursprüngliche Strategie eines Immobilienkonzerns um die publity mit zwei Bestandshaltern, der PREOS und der GORE, aufgegeben? Wie lange bestanden denn die Zweifel am Erfolg des ursprünglichen Konzeptes?
Es gibt keine Zweifel an dem ursprünglichen Konzept. Wir könnten es immer noch mit gutem Ergebnis umsetzen. Es hat sich durch das Interesse eines namhaften strategischen Investors aber eine mögliche Opportunität ergeben, die wir verantwortungsvollerweise nicht ignorieren können und wollen. Wenn sich unerwartet die Möglichkeit ergibt, das Wachstumstempo zu beschleunigen, prüfen wir natürlich diese strategische Option.
Erwarten Sie durch die Veräusserung der PREOS in der Bilanz der publity ertragswirksame Zuschreibungen oder eher Abschreibungen? Orientiert sich der Kaufpreis der PREOS am aktuellen Börsenwert?
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus rechtlichen Gründen derzeit nicht tiefer auf diese Frage eingehen können. Wir sind aber daran interessiert, nur kaufmännisch sinnvolle Transaktionen umzusetzen.
Herr Schneider, wie sind die ersten beiden Monate als publity-CEO bislang für Sie verlaufen und welche mittelfristigen Ziele verfolgen Sie, um den Wachstumskurs weiter voranzutreiben?
Ich gehöre dem Vorstand ja schon mehrere Jahre an und arbeite mit meinem Vorstandskollegen Stephan Kunath bereits lange und sehr gut zusammen. Entsprechend gab es da keine wirklichen Überraschungen, außer dass wir aktuell natürlich in extrem spannenden und vielversprechenden Prozessen sind. Die Ziele des publity Vorstands bleiben immer gleich: Wir wollen profitabel wachsen, die Assets under Management steigern und Werte für unsere Aktionäre schaffen.
Als Asset Manager werden wir – das ist meine feste Überzeugung – in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle am Markt spielen. Den Wert von Immobilien zu entwickeln wird einen noch größeren Stellenwert als bisher haben. In der Vergangenheit hat die positive Marktentwicklung fast nach dem Gießkannenprinzip die Werte nahezu aller Immobilien steigen lassen. Künftig wird sich die Spreu vom Weizen trennen und wir sehen bereits heute, welches die relevanten Erfolgsfaktoren sein werden: Digitalisierung und die Analyse großer Datenströme. Das ist in den meisten anderen Branchen ja schon längst der Fall, die Immobilienwirtschaft hat hier bislang teilweise noch Defizite, die jetzt umso schneller abgebaut werden.
Seit rund einem Jahr wird unser aller Alltag von der COVID-19-Pandemie bestimmt. Wie hat publity die Krise bisher erlebt?
Natürlich war die Krise auch für uns einschneidend – für jeden einzelnen Mitarbeiter und für uns als Unternehmen insgesamt. Arbeitsabläufe mussten wir neu organisieren, das hat recht gut funktioniert. Wir haben aber auch gemerkt, dass Objektbesichtigungen schwieriger, langwieriger oder gar unmöglich geworden sind. Das hat unsere Geduld auf eine harte Probe gestellt. Die Krise hat aber auch Entwicklungen, die überfällig und notwendig waren, wie ein Katalysator beschleunigt. Auch wenn ich mich hier wiederhole: Digitalisierung ist so ein Thema. Insgesamt sehnen wir bei publity – wie wahrscheinlich jeder andere auch – das Ende der Pandemie natürlich herbei.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen als Büroimmobilieninvestor in diesen Zeiten?
Gute und günstige Objekte zu finden war immer schon eine große Aufgabe. Jetzt kommt noch hinzu, diese Immobilien auch tatsächlich kaufen zu können – damit meine ich schon die schlichte Abwicklung, von der Besichtigung bis hin zur Verhandlung und zum Notartermin. Neue Bürokonzepte frühzeitig zu erkennen und die sich daraus ergebenden Potenziale abzuschätzen ist eine weitere Herausforderung.
…und wo die größten Chancen?
Bei neuen Trends frühzeitig dabei zu sein ist in dieser Umbruchphase spannend und ein langfristiger Erfolgsfaktor. Außerdem ergeben sich Kaufgelegenheiten, weil andere Marktteilnehmer teilweise in Schockstarre sind. Wer jetzt wach und wendig ist, der wir nachhaltig profitieren.
Ihr Fokus liegt auf hochwertigen Büroimmobilien in deutschen Großstädten, also in sogenannten A-Lagen. Diese sind in den vergangenen Jahren auch verstärkt in den Fokus vieler internationaler Immobilieninvestoren gerückt. Wie gelingt es Ihnen trotz des großen Wettbewerbs, geeignete Objekte mit Wertsteigerungspotenzial ausfindig zu machen?
Das lässt sich kurz beantworten: Netzwerk, Marktkenntnis und unsere digitale, einzigartige Datenbank. In dieser Datenbank sind alle relevanten Büroobjekte in Deutschland enthalten und wir bauen sie sukzessive noch weiter aus, indem wir weitere europäische Top-Metropolen digital erfassen. Diese Datenbank nutzen wir im Ankauf, um geeignete Objekte zu identifizieren, beim Asset Management, um geeignete Mieter zu finden und gegebenenfalls beim Verkauf, um geeignete Käufer zu adressieren.
Welche Rolle spielt Digitalisierung in diesem Zusammenhang?
Eine zentrale Rolle, auf allen Ebenen der Wertschöpfung. Sie werden jetzt verstehen, warum wir dieses Thema als strategischen Kern von publity identifiziert haben, es frühzeitig aufgebaut haben und nun konsequent weiterentwickeln.
Erst kürzlich haben Sie Aktien ihrer Tochter PREOS als Token ausgegeben. Welches Potenzial sehen Sie aus Sicht eines Immobilienunternehmens in dieser Technologie?
Tokenisierungen haben für Immobilienunternehmen großes Potenzial und für ganz viele andere Unternehmen aus anderen Branchen auch. Sie eröffnen neue Zielgruppen an Investoren, die in Sachwerte investieren können: Digital, direkt, überall auf der Welt und schon mit kleinen Beträgen. Für Unternehmen ist mittels Token die unmittelbare Ansprache dieser Anleger möglich, ebenfalls global und effizient teilweise ohne Intermediäre. Der flexiblen Gestaltung von digitalen Wertpapieren sind durch Smart Contracts auf der Blockchain kaum Grenzen gesetzt. Wir haben für den PREOS Token extrem positives Feedback von Investoren erhalten, vielfach aus dem außereuropäischen Raum. Es zeigt sich, dass Token inzwischen ernst genommen werden und eine institutionelle Dimension erreicht haben.
Warum ist eine zunehmende digitale Positionierung, z.B. in Hinblick auf Big Data und KI, so relevant für Sie?
Ich bin überzeugt, dass dies aus unseren bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist – sinnvolle Digitalisierung entscheidet darüber, wer in unserer Industrie langfristig eine führende Rolle einnimmt. Da muss der publity Konzern dabei sein.
Vielen Dank für das Gespräch.
Chart: Publity AG | Powered by GOYAX.de
Kurzinfo zum Unternehmen
Die publity AG („publity“) ist ein auf Büroimmobilien in Deutschland spezialisierter Asset Manager und Investor. Das Unternehmen deckt den Kern der Wertschöpfungskette vom Ankauf, über die Entwicklung bis zur Veräußerung der Immobilien ab. Mit über 1.100 Transaktionen in den vergangenen sieben Jahren zählt publity zu den aktivsten Akteuren am Immobilienmarkt. Aktuell verwaltet das Unternehmen ein Portfolio mit einem Wert von über fünf Milliarden Euro.
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