Steinhoff International Holdings NV (ISIN: NL0011375019) hat wenigstens geliefert – Bilanzen 2019 liegen jetzt vor. Der Wirtschaftsprüfer Mazars sieht sich aus – später ausgeführt – diversen Gründen nicht in der Lage diese zu bewerten, KEIN BESTÄTIGUNGSVERMERK:
„Due to the significance of the matters described in the ‚Basis for our disclaimer of opinion‘ section of our report, we have not been able to obtain sufficient appropriate audit evidence to provide a basis for an audit opinion on the financial statements as a whole.“
Jetzt muss hierbei natürlich einerseits die ungewöhnliche Situation des gesamten Steinhoff-Konzerns in Betracht gezogen werden: Das alte Management hinterließ ein schier undurchdringliches „Gestrüpp“ von offshore und onshore Firmen, die miteinander, gegenüber Konzernunternehmen, unter Konzernunternehmen und über Dritte „Transaktionen“ durchführten, oft nur um Bilanz, Umsatz und Gewinn aufzublähen oder zu suggerieren. Unbestritten wurden in den letzten Jahren hier Fortschritte der Aufklärung gemacht. Unbestritten gelang es dem Management im Bereich Finanzierung, Profitabilität und Vereinfachung der Strukturen Fortschritte zu erzielen. Verlustbringer wurden saniert, geschlossen, verkauft oder über Insolvenzverfahren (Chapter 11) wieder lebensfähig „gemacht“. Diese Vorgeschichte strahlte auf die Bilanz 2019 aus, die teilweise auf Basis von Entscheidungen/Bewertungen des neuen Managements in Abstimmung mit den Prüfern erstellt werden musste, was natürlich fehlerhaft sein könnte – aber wohl nicht anders zu lösen: „As a result, there remain multiple uncertainties that potential interact with each other and for which the cumulative effect could be significant to these financial statements as a whole.“{loadmodule mod_custom,Nebenwerte – Anzeige in Artikel (Google)}
Mazars Gründe – Zweifel an der Fortführungsfähigkeit, …
Im Einzelnen: Die Umschuldungen und Restrukturierungen führten zu einem Überschreiten der Verbindlichkeiten über die Assets, verschärft durch die ungewissen Corona-Auswirkungen aktuell, so dass sich Mazars nicht in der Lage sieht die Fortführungsfähigkeit zu bestätigen. Man muss bedenken: Bilanzwerte sind nicht unbedingt Verkehrswerte: Während im immobilien-Bereich bereits in 2019 hier stille Reserven fast vollständig durch Verkäufe gehoben worden sind, sind jetzt noch Beteiligungen relevant, die teilweise abgeschrieben worden sind. Beispiel: Pepco Group, über deren Börsengang bereits diskutiert worden ist – vor Corona – und die mehrere Milliarden (einige sprachen von 4 Mrd.) wert sein sollte.
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Zweitens die Rechtsunsicherheit bezüglich der noch nicht bezifferbaren Schadensersatzansprüche der Aktionäre und Anleihegläubiger wegen der Bilanzbetrügereien des alten Vorstands. Drittens steuerliche Ungewissheiten aufgrund der weltweiten Verknüpfungen und Interaktionen der Gruppe und der „falschen“ Steuerbescheide, als die Bilanzen und anderen Kennziffern durch „Luftbuchungen“ aufgebläht waren – steuerliche Wirkungen sind noch immer nicht absehbar – vielleicht gibt es ja auch Geld zurück? Unsicher, wahrscheinlich eher nicht, da Zahlungen für „Luft“ wohl nicht als steuerlich relevanter Aufwand akzeptiert werden. Es folgt dann noch eine Vielzahl anderer Gründe: Unsicherheit ob die Umsätze und Aufwendungen Conforamas korrekt sind, da deren Audit noch nicht abgeschlossen werden konnte wegen Corona, ungeklärte Streitigkeiten über eine Fremdbeteiligung an Conforama und deren Höhe (Investition von A. Seifert über LSW GmbH und GLSW GmbH in 2015), strittige Beteiligungsverhältnisse im Konzern, die Umfinanzierung der Anleiheschulden Steinhoffs wirft ebenfalls ungeklärte Zurechnungsfragen auf – auch aufgrund der Rechtstreitigkeiten. Alles bekannt, alles nachvollziehbar – so ist es halt bei einem Konzern, der am Abgrund steht und versucht zu überleben. Einem Konzern, der mit einem Höchstmaß krimineller Energie „aufgebläht“ und zu einem Gewirr von Beteiligungen und Kreislaufgeschäften mißbraucht wurde – das Zerschlagen des Gordnischen Knotens hat begonnen, ob am Ende erfolgreich, entscheiden die Gerichte.{loadmodule mod_custom,Nebenwerte – Anzeige in Artikel (Wasserstoff)}
„Wir setzen unsere Reise zur Lösung alter Probleme fort und versuchen der Steinhoff Gruppe und ihren Geschäften Stabilität zu verliehen“
Umfangreich beschreibt das Führungsteam Steinhoffs die Umstände der Bilanz und die wichtigsten Punkte (vollständig im Anschluss im Original). Betont werden die extrem hohen „Kosten“ der Aufarbeitung für Berater, Juristen und „Buchhalter“, die signifikanten Einfluss auf die Performance der Gruppe hatten – dieser notwendige Aufräumprozess gehe weiter. Wichtige Ziele seien erreicht worden und die Gruppe sei schlanker und profitabler geworden, offensichtlich korrekt.
UMSATZSTEIGERUNG AUF 12 Mrd. EUR beim fortgeführten Geschäft (insbesondere Pepco Group und Pepkor Afrika sind hier als „erfolgreichste“ Beteiligungen zu nennen. 3,3 Mrd. eUR Umsatz lieferte das verkaufte oder eingestellte geschäft in 2019. NACHTRAG 09:54 Uhr: Weitere Bilanzeckdaten sind das operative EBITDA der fortgeführten Einheiten, das sich auf 791 Mio. EUR beläuft – wie gesagt operative Einheiten, die fortgeführt werden, die hohen Belastungen fallen auf der Holdingebene an und führen letztendlich zu einem Verlust von 1,84 Mrd. EUR auf Konzernebene! Extrem sind die Finanzierungskosten von rund 1 Mrd. EUR – hier will und muss das Management seinen Schwerpunkt setzen – neben den Rechtstreitigkeiten – die offene Flanke, nach Abgabe einiger Verlustbringer der wohl größte Hebel. Aber wie bessere Konditionen erhalten, wenn selbst der Wirtschaftsprüfer soviele Unsicherheiten sieht.
„After the impact of corporate and treasury services, total segmental EBITDA from continuing operations increased by 3% to €791 million (FY18: €771 million) and total EBIT per segmental reporting from continuing operations remained constant at €561 million (FY18: €560 million)“ (GB, Seite 32)
HIERZU die aktuellen Nachrichten der letzten Wochen:
Steinhboff’s Südafrika Tochter holt sich frisches Geld und meldet Rekordumsätze nach dem Lockdown
Steinhoff’s Hoffnungsträger Pepco Group liefert unter Corona-Aspekt gutes Ergebnis zum 31.03.2020
HAUPTZIEL: Weitere Reduktion der Finanzierungshöhe und -kosten, Klärung der Rechtsfragen, Fortsetzung der Restrukturierung und Steigerung der Profitabilität der verbliebenen Beteiligungen, insbesondere Conforama und Mattres Inc., die noch „einiges aufzuholen haben“. Das Schlusswort von :
„In what has been another demanding year, we are sincerely grateful for the continuing support of our financial creditors, shareholders, almost 110 000 staff and management, and the Supervisory Board. We thank them all.“
Noch ein weiter Weg mit hohen Unsicherheiten. Hier die Links zum
Heute (01.07.2020 / 08.47) notierten die Aktien der Steinhoff International Holdings AG im Frankfurter-Handel kräftig im Minus – prozentual mit über 10%, absolut um 0,01 EUR- bei 0,049 EUR. Auch diese Aktie können Sie ab 0,00 EUR auf Smartbroker handeln.{loadmodule mod_custom,Nebenwerte – Anzeige in Artikel (Google)}