Prime Standard | Steinhoff Aktie auf 0,20 EUR. Erst die Ouvertüre? – mit Nachtrag zu Mattres Firm Zukunft

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31.08.2021 –  Die Aktie von Steinhoff International Holdings NV (ISIN: NL0011375019) ist entfessest: Der Kurs kennt nur noch kräftige Anstiege. Heute bisher  allein plus 13,34 % auf aktuell 0,2014  EUR im Stuttgarter Handel (12:51 Uhr). Woher die Euphorie?Techniker sehen Widerstände überwunden, Trendherausbildung und andere „Begründungen“ für die rasante Kursentwicklung.  Selbstverständlich alles korrekt, aber eigentlich geht es bei Steinhoff aktuell um reale, fundamentale Entwicklungen, die ein Ende des Schwebezustands zwischen Zwangsliquidation oder „Dahinvegetieren“ bedroht durch für das Unternehmen nicht stemmbare Schadensersatzforderungen bedeuten könnten. Und hier gibt es konkrete Termine. Und passend dazu hat sich die operative Entwicklung des Konzerns seit letztem Freitag durch Bekanntgabe der Zahlen zum 30.06.2021 als äusserst positiv präsentiert.

Operativ unterlegt könnte der Konzern mit Zustimmung der Gläubiger ab dem 06.09. einen neuen Anfang wagen – wenn auch mit dauerhaft nicht tragbaren über 11 Mrd EUR Schulden

Alle Töchter wachsen kräftig, arbeiten operativ profitabel und bieten so derm Konzern eine gute Basis für ein Leben nach den Schadensersatzforderungen. Denn diese könnten durch die beiden Schutzschirmverfahren erledigt sein. Am 03.09 resp. 06.09. entscheiden die jeweiligen  Gläubiger-Versammlungen über die Annahme des Vergleichspakets.Das in den letzten Wochen noch zweimal nachgebesserte Angebot des Steinhoff-Konzerns bedeutet letztendlich eine Zahlung des Konzerns über insgesamt rund

1,426 Mrd EUR. Könnte die Lösung sein – vorerst.

Denn bei Annahme des Vergleichs muss Steinhoff danach/parallel die extrem hochverzinste und die Assets übersteigende Verschuldung anpacken. Hier hilft natürlich das am 18.08. veröffentlichte Zeitfenster: Die Darlehensgeber erklärten sich – losgelöst von einer eventuellen Annahme des Vergleichs der geschädigten Gläubiger – bereit, die Darlehens/anleihenlaufzeiten auf den 31.12.2022 zu verlängern. Unberührt ist die Verlängerung der Darlehenslaufzeiten bis zum 30.06.2023 bei Annahme der Vergleichsvorschläge durch die Gläubigerversammlungen. Genug Zeit – im Erfolgsfalle – die Refinanzierung des Steinhoff-Konzerns auf güsntigere und gesündere Füsse zu stellen. Insbesondere wird wohl auch eine Reduktion der Beteiligung an der Mattres Inc. ins Auge gefasst, um die Schulden zu reduzieren. Wobei die Mattres Inc. von einem Pleitekandidaten zu einem zuletzt um 29% wachsenden, Gewinne erzielenden Milliardenunternehmen geworden ist. Eine nicht unbedeutende Erfolgsstory im Steinhoff-Konzert. Aus einer mehr oder weniger wertlosen 100% Beteiligung an einem Chapter-Eleven Unternehmen wurden ca. 50% an einem Wachstumsunternehmen mit schwarzen Zahlen mit rund 2,6 Mrd EUR Neunmonatsumsatz.

NACHTRAG 31.08.2021, 17:05 Uhr:

… that Mattress Firm is considering a return of share capital and has commenced evaluating a range of strategic options, including a potential public listing. The evaluation process is ongoing and no definitive decision has been taken with respect to any specific course of action.“ (CN Steinhoff, 31.08. / 16:10 Uhr)

Steinhoff bestätigt durch eine Unternehmensmeldung um 16:10 Uhr, 31.08.2021 unsere Spekulation über die Mattres Firm. Man prüfe verschiedene Optionen inclusive eines Börsenlistings. Was nur bedeuten kann: Steinhoff wird voraussichtlich den „wirklichen Wert“ seiner Mattres Beteiligung demnächst in der Bilanz ausweisen können. Egal welcher Weg gewählt werden sollte. Und es heisst natürlich, das Steinhoff möglicherwiese seine Liquiditätsposition durch einen Teilverkauf der Beteiligung für eine Reduktion der drückenden Schuldenlast nutzen könnte. SPANNENDE ENTWICKLUNG.

Konkrete Zahlen des angebotenen Vergleichs

Neben den namhaften Zusatzzahlungen von DELOITTE Niederlande und Südafrika, den D&O Versicherungen des Managements (ausser für die Haupttäter) und Zahlungen des nicht strafrechtlich verfolgten Managements erklärt sich der Steinhoff Konzern bereit folgende Zahlungen zu leisten, Stand 16.07.2021:

Original
settlement
amount (July 2020)
Revised total
settlement
amount (inc. 16 July 2021 & 11 August 2021 offers)
Total increase in settlement amount since July 2020
EURm ZARm EURm ZARm EURm ZARm % Inc.
SIHNV & SIHPL Market Purchase Claimants 267 442 175 66%
SIHNV Contractual Claimants 103 171 68 66%
Hemisphere CPU 40 66 26 66%
SIHPL Contractual Claimants: Titan 7,904 7,904
SIHPL Contractual Claimants: Other 1,653 1,653
SIHPL Market Purchase Claimants (current increase) 3,214 3,214 n.m.
EUR Total (of EUR and ZAR amounts) 969 1,426 457 47%
Pepco, Pepkor, LIPO, Greenlit Brands und Mattres Inc. (als Beteiligung verbucht) wachsen weiterhin kräftig. Und machen weiter Gewinne

Nach den bereits hoffnungsvoll stimmenden Halbjahreszahlen des Konzerns zum 31.03.2021, die eindrucksvolle Turn-around-Stories ehemals schwächelnder Töchter zeigten, sieht es jetzt nach dem dritten Quratal zum 30.06.2021 operativ wieder gut aus: Der Konzern verzeichnete einen Umsatzanstieg aus fortgeführten Aktivitäten um 15 % auf 6. 811 Mio EUR für der Berichtsperiode (Vorjahresperiode: 5. 907 Mio EUR). Darüber hinaus erreichte die nicht konsolidierte Mattres Inc. 29% Umsatzsteigerung (+41% in USD). Wobei natürlich im Vorjahr die Lockdownmassnahmen weltweit das Geschäft wesentlich schwächten.

Eine Empfehlung für die entscheidenden Tage, die vor Steinhoff liegen: Am 03.09.2021 entscheiden die Gläubiger in den Niederlanden und am 6.09.2021 in Südafrika. Danach könnte eine neue Zeitrechnung für den Konzern beginnen. „The Committee of Representatives is scheduled to vote on the Dutch SoP process on 3 September 2021, and the virtual section 155 creditors meetings in South Africa will be held on 6 September 2021.

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Zum 30.06.2021 sieht es nicht so schlecht für einen von Lockdowns betroffenen Retailhändler mit stationären Geschäften aus

Aktuell besteht der Steinhoff-Konzern „noch“ aus folgenden Teilen: 50% Mattres Inc. (Optionsprogramme für das Management könnten diese unter 50% reduzieren), 68% an der börsennotierten Pepkor Group, 79 % an der börsennotierten Pepco Group, 100% der LIPO und 100 % der Greenlit Brands. So weit die fortzuführenden Einheiten. Veränderungen in den nächsten Monaten könnten in der Beteiligungshöhe an Pepkor (Aktien könnten Teil des Vergleichs sein, mind. 50% sollen bei Steinhoff bleiben), Pepco (möglicherweise Verwässerung durch Kapitalerhöhung oder Teilverkauf), Börsengang der Fantastic Furniture – Tochter derGreenlit Brands kommen.

Operative Entwicklung zum 30.06.2021

Und der 6,811 Mrd EUR gestiegene Konzernumsatz in den ersten Neun-Monaten des Geschäftsjahres für die fortzuführenden Einheiten (Greenlit, LIPO, Pepco, Pepkor – Mattres wird trotz Fortführung nicht berücksichtigt, at the money gehalten) überschritt wesentlich das Vorjahresniveau – trotz Corona-Einflüssen, lässt für das gesamte Geschäftsjahr bis zum 30.09.2021 einiges an Steigerungspotential offen:

Zwar wird der Konzern wohl weiterhin Miese machen – allein begründet in der erdrückenden Zinslast. Aber mittlerweile machen wohl alle fortzuführenden Units – inclusive der aus dem Chapter-11 wiederauferstandenen Mattres Inc. -operativ steignede Gewinne. Wer hätte das vor einem Jahr noch gedacht? Und auch die zum Verkauf stehenden Einheiten, insbesondere Conforama Spanien und Italien, Immobilien in Europa und Südafrika und ein Baustoffhändler machen zumindest keine nennenswerten Verluste. Und könnten sogar noch positive Erlöse bei Abgabe erbringen.

Die Bilanzierung auf EUR-Basis reduziert die Zuwachsraten der Töchter Pepkor (von 14% auf 12 %) , Pepco (von 19% auf 16%), LIPO (von 18 % auf 16 %) und Mattres Inc, (von 41% auf 29 %). Gegenteiliger Effekt „down under“ – hier erhöht sich die Wachstumsrate auf Eurobasis von 22% auf 28 %.

Sieht überall bei den Töchtern gut aus – im Einzelnen

Während die Pepkor Africa als börsennotierte Gesellschaft schon ausfühlich im Juli die Zahlen  veröffentlichte, und die Pepco Group als Börsengesellschaft  berichtete ebenfalls bereits im Juli über die Quartalszahlen , betrachten wir die nicht publizierenden australischen, sonstigen und amerikanischen Aktivitäten genauer aufgrund der Angaben im Quartalsbericht.

Greenlit Brands – TURN AROUND bestätigt!

Greenlit Brands zeigte auch im dritten Quartal eine starke Entwicklung. Der Umsatz stieg in den neun Monaten um 28% (+22% währungsbereinigt) für das Portfolio von Greenlit Brands. Umsatztreiber in der Vorperiode profitierte man an beispiellosen COVID-19 – Subventionen. Alle Handelsmarken verzeichneten starke Umsätze mit einem positiven flächenbereinigten Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr. Der Online-Handel im Jahresverlauf für die Greenlit Brands-Gruppe, der teilweise durch COVID-19-bedingte Sperren Ende 2020 angetrieben wurde, stieg im Vergleich zum Vorjahr um 6 %, Und lieferte so weiterhin rund 16 % des Bruttoumsatzes.

Nach den Desinvestments „down under“ – die insbesondere ertragsschwache Einheiten betrafen – verbleibt eine schlagkräftige Gruppe mit den Handelsmarken: „Snooze“, „Fantastic Furniture“, „freedom“, „plush“ und „original mattres factory“.

Mattres Inc. – wie Phönix aus der Asche!

Und hier ist man definitiv durch das abgeschlossene Chapter eleven Verfahren gestärkt hervorgegangen: Der Umsatz im Neunmonatszeitraum stieg um 29 % auf 2 631 Mio EUR.  Währungsbereinigt betrug der Anstieg 41 %,und beindrucknd der Umsatzanstieg auf vergleichbarer Fläche („LFL“)um 46,2 %. Der E-Commerce-Umsatz stieg im Jahresvergleich um 24,5% und trug 7,1% des Gesamtumsatzes im Berichtszeitraum bei. Die Umsatzdynamik seit dem Ende des Lockdowns im Jahr 2020 hat sich weiter fortgesetzt und die daraus resultierende Liquiditätsposition bei Mattres Inc. bleibt stark.

Und wenn man sich anschaut, dass Mattres in der Bilanz zum 30.09.2020 einen Gewinn von 97 Mio EUR nach IFRS und sogar 146 Mio EUR nach US-GAAP ausweisen konnte – bei einem Jahresumsatz von 2,976 Mrd EUR – sollte die Umsatzsteigerung grösstenteils auch auf den Gewinn „durchschlagen“. Schönes Ergebnis.

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LIPO weiter auf Erfolgskurs

LIPO, das Schweizer Möbelhaus schaffte eine perfekte Neupositionierung am Schweizer Markt: LIPO verzeichnete eine Umsatzsteigerung von 16% auf 144 Mio. EUR (Vorjahresperiode 124 Mio EUR). Im Jahr 2020 hat LIPO sein Filialnetz auf 23 Filialen in der Schweiz erweitert. Der E-Commerce-Umsatz hat sich im Vergleich zur Vorperiode nahezu verdoppelt und erreicht mittlerweile 10 % des Bruttoumsatzes.

Steinhoff könnte bald „normal“ werden – alles hängt jetzt „nur noch“ an den Geschädigten des Bilanzbetrugs,die am 03.09. und 06.09. ihre Entscheidung treffen müssen: Zerschlagung eines operativ gesundeten Konzerns oder Anahme des vorliegenden Angebots. Danach geht für Stienhoff die Arbeit erst los: Erdrückende Schuldenlast, laufende Prozesse und extreme erdrückende Zinslasten müssen gelöst werden, wenn der Konzern weiterbestehen soll. Aber man hätte zumindest eine Chance – auch die bestehenden Aktionäre.
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