Nordex kämpft mit der Marge und muss ein schwaches 2022 verdauen. So weit war es klar. Und heute dann die vorläufigen Zahlen: Umsatz mit 5,7 Mrd EUR höher als die durchschnittlich erwarteten 5,54 Mrd, aber auch die Verluste (EBITDA) sind mit Minus 244 Mio EUR höher als die erwarteten 217 Mio. Und bevor am 31.03.2023 das Unternehmen sein Nettoergebnis, für das ein Minus von 387 Mio EUR von den Analysten erwartet wird, und vor allem seine Prognose für 2023 konkretisiert, schwankt der Kapitalmarkt, wie er die vorläufigen Zahlen auffassen soll. Während es frühmorgens auf Tradegate „runterging“ bis auf 13,80 EUR je Aktie entspannte sich die Situation bis zur XETRA-Eröffnung wieder und aktuell(12:31 Uhr) handelt die Aktie sogar mit 14,54 EUR exakt auf Vortagsniveau – mit Tendenz ins Positive zu drehen.
Offensichtlich scheint es weniger wichtig zu sein, wie schlecht letztendlich 2022 abgeschlossen wurde, solange nur den Turn-Around realistisch ist. Und diese Hoffnung bediente der CEO – zumindest auf den ersten Blick:
José Luis Blanco, CEO der Nordex Group: „2022 war wegen der zahlreichen makroökonomischen Gegenwinde ein erneut äußerst schwieriges Jahr für die Hersteller unserer Branche.
Unser Team war jedoch trotz dieser Herausforderungen in der Lage, ein solides Auftragsmomentum beizubehalten und die Verkaufspreise deutlich zu steigern, was uns eine gute Basis für das Jahr 2023 bietet. Mittelfristig zeigen die Windmärkte weiterhin großes Potenzial mit der Stärkung der politischen Dynamik für erneuerbare Energien in Europa und den USA. Zusammen mit einer weiteren Stabilisierung des makroökonomischen Umfelds könnte dies den Weg für unser mittelfristiges Margenziel ebnen“.
Hört sich erstmal positiv an.
Auch die Gründe für das schlechte Abschneiden in 2022 scheinen grösstenteils kursorisch oder singulär. So heisst es in der heutigen Presseerklärung, dass Jahresergebnis sei hauptsächlich durch das anhaltend unbeständige makroökonomische Umfeld, Herausforderungen bei Produktqualität und Zuverlässigkeit der Lieferketten, einen Cybersicherheitsvorfall im ersten Halbjahr und den sich daraus insgesamt ergebenden Auswirkungen auf die Installationen beeinflusst gewesen. Dies sei teilweise durch Erträge aus den Aktivitäten der Projektentwicklung kompensiert worden. Fehlend der Hinweis auf freundlich gesagt „unvorteilhafte“ Lieferverträge, die keine Kostensteigerungen auf der Einkaufsseite berücksichtigt hatten, und klare Managementfehler waren.
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Zumindest findet sich verklausuliert ein Hinweis auf eine Besserung der Kaufpreisgestaltung. So sei „bei steigenden Preisen“ ein guter Auftragseingang von 6,33 GW (Vorjahr: 7,95 GW) mit wachsenden Marktanteilen verzeichnet worden, und dies trotz eines sehr herausfordernden Marktumfelds. Irritierend ist die Formulierung des CEO, dass das weiterhin grosse Potential der Windmärkte zusammen mit einer WEITEREN Stabilisierung des makroökonomischen Umfelds den Weg für das mittelfristige Margenziel ebnen KÖNNTE. Wohlgemerkt mehr als ein vorsichtiges „könnte“ kann sich der CEO nicht abringen. Wenn die entsprechenden Prognosen Ende März genauso vage und unbestimmt sein sollten, könnte das durchaus den aktuellen Aufwärtstrend der Aktie stören.
Und Nordex muss liefern. Margenstarke Aufträge und möglichst langfristige, berechenbare Einnahmen.
Und während die aktuell laufende Eigenkapitalstärkung durch die Umwandlung eines Darlehens der Hauptaktionärin über 346 Mio EUR in Eigenkapital (neue Aktien) wahrscheinlich mehr oder weniger vollständig durch die Verluste in 2022 „kompensiert“ werden sollte, müsste Nordex sich anstrengen, dass nicht bald wieder Eigenkapitalmassnahmen notwendig werden sollten. So ist es für Nordex wichtig, neue Aufträge mit auskömmlichen Margen einzusammeln, was zuletzt wohl einige Male gelang (255 MW Estland mit 30 Jahre Wartung, 3 Aufträge mit insgesamt 345 MW). Und wichtig ist es den Anteil der wiederkehrenden, berechenbaren Einkünfte aus Wartungsverträgen möglichst zu erhöhen. Passend zu diesen Vorgaben gab es einen 80 MW-Auftrag aus Litauen plus 32-jährigen Wartungsvertrag.
Bei der geplanten – und durch die Acciona-Majorität auf der Hauptversammlung sicheren – Umwandlung von Schulden in neue Aktien hält sich der Verwässerungseffekt noch in „normalen Grenzen“ und das mit dem schönen Beieffekt rund 46 Mio EUR Zinsen zu sparen. Bilanziell wird die Nordex gestärkt aus dieser Transaktion hervorgehen, da man so wohl die Verluste 2022 mehr oder weniger im Eigenkapitalkonto kompensieren kann. Dazu wird die „Übernahmespekulation“ am Köcheln gehalten. Denn für Acciona wäre die wesentlich kleinere Nordex durchaus „verdaubar“. Und bei den schwachen Zahlen und dem im langjährigen Vergleich noch relativ niedrigem Kursniveau noch „günstig“ darstellbar.
Sixt Aktie. Dazu sagt Platow. „KAUFEN“. Nach einem Rekordjahr will man besonders im grössten Mietwagenmarkt wachsen. Spannend für Platow.
Sollte bei Vorlage der endgültigen Zahlen die Prognose in die Richtung „könnte“ oder „abhängig von einer weiteren Stabilisierung“ die Erwartungen wiederum enttäuschen, könnten schwierigere Zeiten auf die Nordex Aktie zukommen.
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