Noratis-CFO im Interview: „…wir haben unsere Strategie erweitert.“

Post Views : 1393

Noartis CEO Interview
Die Noratis AG (ISIN: DE000A2E4MK4) ist ein „Bestandsentwickler für Wohnimmobilien“. Nicht in den grossen Metropolen, sondern eher da, wo die Preise noch bezahlbar zu sein scheinen. Wo keine Liebhaberpreise für Immobilien aufgerufen werden. Diese neue Strategie wird verfolgt seit ein langfristig engagierter Grossaktionär „eingestiegen ist“. Langfristig einen Bestand an Wohnimmobilien aufbauen, stille Reserven schaffen, ohne gänzlich auf kurzfristige Veräusserungen nach Bestandsverbesserung zu verzichten. Krisensicher, kontinuierlich wachsend, in einem Markt, der durch Knappheit auf der Angebotsseite geprägt ist: Eine defensive Anlagealternative in unruhigeren Zeiten. Mittendrin ist der CFO André Speth, der „sein Unternehmen“ vor sehr guten Zeiten sieht:
Das Konzernergebnis haben Sie im 1. Halbjahr 2021 auf 7,3 Mio. Euro nach 1,8 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum gesteigert. Was waren die Ergebnistreiber?

André Speth: Wir haben hier von zwei Faktoren profitiert: Zum einen von den gestiegenen Mieteinnahmen unseres deutlich ausgebauten Wohnungsbestands, zum anderen haben wir auch wieder Objektverkäufe getätigt. Im Hinblick auf den Ausbau unseres Immobilienbestands haben wir im vergangenen Jahr bewusst auf Objektverkäufe verzichtet. Im ersten Halbjahr 2021 haben wir dann – wie geplant – zwei Blockverkäufe neben einzelnen Privatisierungen getätigt. Ich möchte hier aber noch eine weitere Zahl erwähnen: Unsere stillen Reserven lagen zum Halbjahr bei rund 42 Mio. Euro. Das sind, mit anderen Worten, bisher nicht realisierte Gewinne.

Was ist vom zweiten Halbjahr 2021 zu erwarten?

André Speth: Für das zweite Halbjahr liegt unser Augenmerk auf dem weiteren Ausbau des Immobilienbestands. Hier konnten wir bereits mehrere Zukäufe vermelden. Natürlich profitieren wir auch weiterhin von den laufenden Mieteinnahmen. Bei den Objektverkäufen haben wir in den ersten sechs Monaten unsere Planung bereits erfolgreich umgesetzt.

Sie haben in den vergangenen Wochen mehrere Immobilienankäufe vermeldet. Können Sie in dem Marktumfeld noch günstig einkaufen? Und was heißt für Sie „günstig”? Gibt es feste Eckdaten, die Objekte erfüllen müssen oder sollten?

André Speth: Wir kaufen nur ein, wenn die Objekte beziehungsweise die Immobilienportfolios zu uns passen. Hier spielen Standort, Bau-Substanz sowie der Preis eine Rolle. Wir kaufen bereits ab 20 Wohneinheiten. Typische Noratis-Immobilien sind Werkswohnungen, Quartiere oder Siedlungsbauten am Rande von Ballungsgebieten oder in Städten ab 10.000 Einwohnern. In der Regel zeichnen sich die Objekte durch kaufmännisches und technisches Entwicklungspotenzial aus, sprich sind modernisierungsbedürftig oder verfügen über Leerstand. In diesem Marktsegment können wir, auch aufgrund unseres über die Jahre gewachsenen deutschlandweiten Netzwerks, weiterhin zu attraktiven Konditionen einkaufen.

Noratis ist seit dem Eintritt des neuen Hauptaktionärs als Bestandsentwickler stärker auf die Bestandshaltung fokussiert. Können Sie uns genauer erklären, was Sie machen? Und worin bestehen die Vorteile, einen Bestand zu halten gegenüber Ihrer alten Strategie?

André Speth: Vorneweg, wir haben unsere Strategie erweitert. Generell erwerben wir Objekte, die in die Jahre gekommen sind und werten diese behutsam so auf, dass bezahlbarer Wohnraum erhalten oder geschaffen wird. Wir sprechen hier also bewusst nicht von Luxussanierungen und auch nicht von Abriss und Neubau. Die Mieter können in den Wohnungen bleiben, denn wir renovieren Wohnungen in der Regel nur, wenn sie leerstehend sind. Durch diese Strategie erzielen wir nachhaltige und gut planbare Mieteinnahmen, auch während der Modernisierungsphase. Ausgewählte von uns technisch und kaufmännisch aufgewertete Objekte halten wir künftig gerne auch langfristig im Bestand und profitieren so von den Früchten unserer Arbeit, also den attraktiven Renditen. Durch diese Strategie-Erweiterung können wir schneller bereits aus dem Bestand heraus nachhaltig profitabel und dividendenfähig sein.

Einige Veräußerungen haben Sie trotz “Bestandsaufbau” in den letzten Monaten doch gemeldet. Warum wurden die Verkäufe vorgenommen? Gibt es auch hier „Eckdaten, die erfüllt sein müssen”? Oder haben Sie quasi zwei Portfolios: Bestands- und Handelsimmobilien? Falls ja, wie sind die jeweiligen Anteile?

André Speth: Der Verkauf entwickelter Objekte ist auch weiterhin ein maßgeblicher Teil unseres Geschäftsmodells, da wir so die wertsteigernde Komponente unserer Arbeit monetarisieren können. Nur, wir sind heute flexibler was Verkaufszeitpunkte angeht und können so zusätzliche Renditepotenziale heben. Wir verbinden also das Beste aus beiden Welten: Die Renditechancen der Projektentwicklung auf der einen Seite mit den geringeren Risiken und der guten Planbarkeit der Bestandshaltung auf der anderen.

Im August haben Sie 10 Mio. Euro über eine Privatplatzierung einer Unternehmensanleihe aufgenommen. Wie waren die Konditionen? Haben Sie noch Geld, um weiter einzukaufen?

André Speth: Die Anleihe hat bei einer Laufzeit von sechs Jahren bis 2027 einen Zinskupon von 4,75 Prozent pro Jahr. Das Volumen beläuft sich auf bis zu 40 Mio. Euro. Wir können also die Anleihe flexibel für weitere Platzierungen nutzen. Der Investor – eine deutsche Versicherung – der die ersten 10 Mio. Euro gezeichnet hat, hat auch schon Interesse bekundet, aufzustocken. Da wir grundsätzlich unsere Objekte mit einer Mischung aus Eigenkapital, Anleihe und Bankdarlehen finanzieren, können wir einzelne Finanzprodukte flexibel nutzen, um unseren Immobilienbestand weiter auszubauen.

Spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle für Noratis? Sind Ihre Objekte auf den E-Mobilitätsboom ausgelegt? Planen Sie Investitionen in Ladeeinrichtungen? Oder in energetische Maßnahmen?

André Speth: Bei der Entwicklung unseres Immobilienbestands sind energetische Aufwertungen ein Teil der Modernisierung. Wir prüfen aktuell, was unter ESG Kriterien bei unseren Immobilienbeständen noch sinnvoll umgesetzt werden kann. Aber für uns ist das Thema ESG kein Unbekanntes: Bei der Entwicklung all unserer Immobilienbestände haben wir von Anfang an darauf geachtet, die Interessen aller Stakeholder im Blick zu halten – von den Mietern über die Mitarbeiter und die Gemeinden, in denen wir investieren, bis zu unseren Aktionären. So haben wir uns einen hervorragenden Ruf als Immobilieninvestor erarbeitet. Wir wissen daher aus Erfahrung, dass sich Nachhaltigkeit auch gut mit einer erfolgreichen Unternehmensentwicklung verknüpfen lässt.

Ihr Ankeraktionär Merz Real Estate hat sich verpflichtet, bis 2024 insgesamt bis zu 50 Mio. Euro Eigenkapital in die Noratis AG zu investieren. Welcher Betrag ist hier noch offen?

André Speth: Bisher haben wir hiervon gut 14 Mio. Euro abgerufen, so dass der überwiegende Teil noch für weiteres Wachstum zur Verfügung steht.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Ihrem Hauptaktionär?

André Speth: Sehr gut. Wir sind sehr glücklich, Merz an unserer Seite zu haben. Es passt nicht nur menschlich, wir haben auch die gleiche Sichtweise bezüglich der Weiterentwicklung der Noratis AG.

In letzter Zeit hat es einige Delistings, Delisting-Angebote und Squeeze-Outs am Aktienmarkt gegeben. Wie hoch ist der Aktienanteil Ihres Hauptaktionärs? Sind Ihnen Pläne bekannt, ob eine weitere Aufstockung geplant ist?

André Speth: Die Merz Real Estate hält rund 49 Prozent der Noratis-Aktien. Darüber hinaus zudem gibt es die bereits zuvor erwähnte Verpflichtung zur Beteiligung an Kapitalerhöhungen. Ich kann nur sagen, wir sind sehr froh über unsere institutionellen und privaten Aktionäre.

Wollen Sie auch für 2021 wieder eine Dividende zahlen? Oder wäre Thesaurieren in der Phase des Bestandsaufbaus nicht sinnvoller?

André Speth: Wir halten weiter an unserer Dividendenpolitik fest, die eine Ausschüttung von rund der Hälfte des Nachsteuerergebnisses vorsieht. Mit anderen Worten, wir wollen weiter eine Dividende zahlen, auch wenn es noch etwas früh ist, hier schon etwas Genaueres sagen zu können. Wir sind davon überzeugt, dass mit unserer Dividendenpolitik ein guter Ausgleich zwischen den Dividendeninteressen der Anleger und der Thesaurierung von Gewinnen für das weitere Portfoliowachstum gefunden worden ist.

Was können die Anleger von 2022 erwarten?

André Speth: Die Planung für 2022 ist noch nicht abgeschlossen, aber eines steht jetzt schon fest:  Wir wollen weiter wachsen. Zum Ende des ersten Halbjahrs 2021 lag unser Immobilienbestand bei 3.732 Einheiten. 2022 wollen wir profitabel weiter zulegen.

Wo sehen Sie Noratis in fünf Jahren?

André Speth: Wir wollen weiterhin ein Bestandsentwickler sein, der nicht nur für die Schaffung und Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum in Deutschland steht, sondern dabei auch die Interessen sämtlicher Stakeholder im Fokus behält. Nur eben größer. Unser Markt-Segment bietet Platz für ein deutlich größeres Immobilienportfolio und dieser Herausforderung stellen wir uns gerne.

Bitte kommentieren Sie kurz einige Stichworte:

Photovoltaikanlagen: Wir prüfen, wo diese sinnvoll genutzt werden können.

Alterung der Bevölkerung: Braucht entsprechenden Wohnraum, der bezahlbar ist.

Altersgerechtes Wohnen: Wird als Thema in Zukunft noch wichtiger.

Übernahmen: Eine Option, wir kaufen aber gerne auch kleinere Portfolios.

Coronafolgen für Noratis: Moderat

Immobilienmarkt: Bietet im Wohnbereich weiterhin Chancen.

Baukostenentwicklung: Als Bestandsentwickler profitieren wir eher von steigenden Baukosten.

Mietendeckel: An unseren Standorten in der Regel kein Thema.

Wohnungsbauprogramm der neuen Bundesregierung: Ich würde mir wünschen, dass der Immobilienbestand stärker im Fokus wäre.

Kapitalmarktkommunikation: Transparenz ist uns wichtig.

Virtuelle Hauptversammlung: Hat bisher gut funktioniert, gerne aber auch wieder als Präsenzmeeting, so dass ein engerer Austausch mit den Aktionären möglich ist.

Herr Speth, vielen Dank für das Interview.

André Speth | Vorstandsmitglied

noratis andre speth

Seit 2015 bei Noratis, verantwortlich für Finanzierung, Controlling, Investor Relations und IT

Langjährige Tätigkeit im Real Estate Investmentbanking (u. a. Morgan Stanley und Deutsche Bank).

Begleitung von zahlreichen Kapitalmarkttransaktionen (u. a. Börsengang von LEG)

Studium der Betriebswirtschaftslehre an der European Business School in Oestrich-Winkel

Kurzinfo zum Unternehmen

Die Noratis AG (www.noratis.de) ist führend in der Bestandsentwicklung von Wohnimmobilien in Deutschland. Das Unternehmen erkennt und realisiert Potenziale für Mieter, Selbstnutzer & Investoren. Damit schafft und erhält Noratis bundesweit attraktiven Wohnraum, der gleichzeitig bezahlbar ist. Noratis ist spezialisiert auf die Aufwertung von in die Jahre gekommenen Wohnimmobilien, meist Werkswohnungen, Quartiere und Siedlungen in Städten ab 10.000 Einwohnern sowie in Randlagen von Ballungsgebieten. Nach erfolgreicher Entwicklung bleiben die Objekte im Bestand oder werden mittelfristig an Investoren bzw. im Einzelvertrieb an bestehende Mieter, Kapitalanleger und Selbstnutzer veräußert. Dabei schafft Noratis einen spürbaren und nachhaltigen Mehrwert für alle Stakeholder: von Aktionären, Mitarbeitern und Finanzierungspartnern bis hin zu bestehenden und zukünftigen Mietern. Die Noratis AG ist an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet.


Chart: Noratis AG | Powered by GOYAX.de

Share : 

Interviews

Wochenrückblick

Trendthemen

Anzeige

Nachrichten SMALL CAPS

Anzeige

Related Post

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner