net digital Aktie steht möglicherweise am Anfang einer grossen Erfolgsstory. Natürlich noch ein MicroCap mit den entsprechenden „Besonderheiten“ – illiquider Handel, zwingende Limitierungen von Orders, erhöhtes Risiko. Der Vorstand und Gründer Theodor Niehues der net digital AG (ISIN: DE000A2BPK34) berichtet über interessante Chancen der Gesellschaft in erklärten Zukunftsthemen. „Smarte“ Lösungen und dazu ein skalierbares „Basisgeschäft“. Zumindest einen Blick wert, eine Anregung.
Die Kursentwicklung der Aktie ist wohl eher gekennzeichnet von allgemeinen Marktstimmungen, als von unternehmensspezifischen Entwicklungen. Abgestraft mit dem Markt, mit der Perspektive durch – weitere – operative Erfolge wieder „auf andere Niveaus“ zu kommen. Vorausgesetzt die Pläne des Unternehmens oder des „Unternehmers“ gehen auf. Zur Meinungsbildung könnte dieses Interviews beitragen.
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nwm: Herr Niehues, Sie haben vor Kurzem vermeldet, dass net digital an einem Projekt für intelligente Ampeln beteiligt ist. Können Sie uns das ein wenig näher erläutern?
Niehues: Gerne. Unsere Tochtergesellschaft irisnet hat eine Anwendung auf Basis von KI (Künstliche Intelligenz) entwickelt, die bei der Erkennung von Bildinhalten bei unseren Kunden zum Einsatz kommt. Gemeinsam mit dem Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen und der auf Ingenieurdienstleistungen spezialisierten BERNARD Gruppe hat irisnet ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördertes Projekt zur Entwicklung einer neuartigen intelligenten Fußgängerampel begonnen. Ziel ist es, eine Ampel zu entwickeln, die erkennt, ob Personen, die sich der Ampel nähern, die Straße überqueren wollen und mit welcher Geschwindigkeit sie dies voraussichtlich tun werden.
Dabei spielt die Erkennung von allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen eine herausragende Rolle. Handelt es sich um ältere oder beeinträchtigte Personen, die im Zweifelsfall länger brauchen, oder um Kinder, die sich sehr schnell nähern, um die Straße zu queren. Auch kann die Ampel bei Gefahr oder in unübersichtlichen Situationen die Grünphase für Fußgänger verlängern oder erkennt herannahende Rettungswagen und schaltet eine entsprechende Grünphase für den rollenden Verkehr. Solch eine Ampel lernt auch über den Tag hinweg, wie sich die Fußgängerstruktur verändert und wie das zu erwartende Verkehrsaufkommen sein wird.
nwm: Welches Potential verbirgt sich denn dahinter?
Niehues: Das Thema Smart Cities gehört zu den ganz großen Wachstumstrends. Städte wachsen weiter und sollen gleichzeitig lebenswerter werden. Für uns ist dieses aktuelle Pilotprojekt ein erster Schritt in diesen aussichtsreichen Markt der Verkehrssensorik, die einen erheblichen Beitrag in der Steuerung von Verkehrsströmen leisten wird. So schätzen Analysten, dass dieser Markt bis 2030 weltweit mit durchschnittlich 7,5 Prozent jährlich dynamisch wachsen wird. Polaris Market Research beziffert das Gesamtmarktvolumen im Jahr 2030 auf rd. 1,1 Mrd. US-Dollar.
Experten sehen gerade im Einsatz Künstlicher Intelligenz, wie wir Sie bieten, einen Wachstumsschub für die Verkehrssensorik. Denn so kann der motorisierte Individualverkehr im Einklang mit dem wachsenden Radverkehr und den Fußgängern bedarfsgerecht gesteuert werden. Das geht also weit über eine reine Fußgängerampel hinaus. Das steigende Verkehrsaufkommen, mehr öffentlicher Nahverkehr sowie zunehmende kommunale Anstrengungen zur Verbesserung der städtischen Verkehrsinfrastruktur sind weitere Wachstumsfaktoren, die das zukünftige Geschäft positiv prägen könnten. Mit der bereits gut zu den Herstellern von Lichtsignalanlagen vernetzten BERNHARD Gruppe haben wir auch den richtigen Partner, um zukünftig in diesem Geschäftsbereich Fuß zu fassen.
nwm: Das ist aber nicht ihr Kerngeschäft. Was macht net digital eigentlich?
Niehues: net digital ist ein global agierender Payment-Dienstleister. Unsere Gesellschaft ist primär auf dem Wachstumsmarkt Mobile- und Online-Payment für digitale Inhalte aktiv. Wir unterstützen unsere Kunden in der digitalen Welt bei der Abrechnung ihrer Leistungen. Dazu gehören auch das Kunden- und Abo-Management und Support im digitalen Vertrieb. Wir verfügen über eine hoch skalierbare Zahlungs- und Distributionsplattform, die den jeweiligen Content geräteübergreifend ausliefert und abrechnet. So erreichen unsere Kunden die User über Handy, Tablet, den stationären Computer oder auch den Smart-TV gleichermaßen. Dank der breiten Palette von Services, die bereits bei Cloud-Services für die bereitgestellten Daten beginnt und eben bis zur Auslieferung und Abrechnung von Content geht, werden wir von den Kunden aus den Bereichen Telekommunikation, Streaming-Diensten und regionalen Verkehrsbetrieben – wie dem Rhein-Main-Verbund – als One-Stop-Shop-Lösung wahrgenommen. Über unsere konzerneigene Technologieplattform, an die aktuell rund 250 internationale Kunden angeschlossen sind, erreichen wir schätzungsweise über 100 Millionen Endverbraucher.
nwm: Was zeichnet net digital neben dem möglichen Wachstumstreiber in der Verkehrssensorik sonst so noch aus und wie unterscheidet sich die Gesellschaft von den Wettbewerbern?
Niehues: net digital bietet Kunden sämtliche Dienstleistungen beim Thema Payment und dem entsprechenden Datenmanagement aus einer Hand an. Unsere KI-Technologie erlaubt es uns, den auszuliefernden Content zu erkennen und zuzuordnen. Bei den immensen Datenmengen, die täglich hochgeladen werden, sind Schnelligkeit und ein kostengünstiges Verfahren mit einer hohen Treffersicherheit entscheidende Faktoren. Wir können so sicherstellen, dass der entsprechende Content den spezifischen Kundenansprüchen entspricht. Unsere Software kann beispielsweise das Alter und Geschlecht von Menschen verifizieren, Symbole im Hintergrund checken oder auch einzelne Objekte und Merkmale, wie Schuhe, Bärte oder die Haarfarbe auf Bildern erkennen und entsprechend kategorisieren. Wir können unsere KI in kürzester Zeit Kundenwünsche lernen lassen und dann große Datenmengen effizient bearbeiten.
Darüber hinaus haben wir als einer von wenigen Paymentanbietern 2021 eine Lizenz als Zahlungsdienstleister von der deutschen Bankenaufsicht BaFin erhalten.
nwm: Wozu brauchen Sie diese Lizenz?
Niehues: Ein klassischer Paymentdienstleister für digitale Abrechnungen im Internet ist laut Gesetzgeber auf rein digitale Dienstleistungen beschränkt. Mit dieser Lizenz als Zahlungsdienstleister dürfen wir nun auch physische Güter über eine Kreditkarte oder ein anderes digitales Zahlungsmittel abrechen. Damit eröffnet sich uns eine Vielzahl von Anwendungen. Das Beispiel des Getränke- oder Snackautomaten verdeutlicht das sehr gut. Jetzt können hier auch Kartenzahlungen entgegengenommen und von uns abgerechnet werden. Das ist ein echter USP, der uns einen noch größeren Markt bietet, den wir in den nächsten Jahren sukzessive erschließen werden. Natürlich ist das auch eine Dienstleistung, die wir unseren Bestandskunden anbieten und so zusätzliche Erträge generieren können.
nwm: Viele Banken und Finanzdienstleister ächzen ja unter einer sich immer weiter verschärfenden Regulatorik. Trifft das auch auf Sie zu?
Niehues: Wir sehen uns tatsächlich als Gewinner einer verschärften Regulatorik. Jugendschutz wird immer wichtiger und strenger, was auch gut so ist. Auch das Internet ist bekanntlich kein rechtsfreier Raum. Seit dem Inkrafttreten der sogenannten Enforcement of the new Mastercard Regulations im Oktober 2021 haften Kreditkartenanbieter auch für den Content, der über Sie abgerechnet wird. Das hat zu einer deutlichen Verschärfung der Anforderungen geführt.
Anbieter von Content müssen extrem darauf achten, dass jeglicher unerwünschter und illegaler Content rigoros aussortiert wird, der über ihre Plattform zur Verfügung gestellt wird. Denn sollten unerwünschte Inhalte zur Abrechnung über einen Kreditkartenanbieter kommen, ist die Geschäftsbeziehung in Gefahr und damit das gesamte Geschäftsmodell des Contentanbieters. Damit es dazu nicht kommt, muss das Netz der Bild- und Datenerkennung immer feinmaschiger werden, was enormen Aufwand bedeutet. Und da kommt wieder ein lernender Algorithmus wie unsere KI-Lösung ins Spiel: Wir sind in der Lage, ohne manuellen Aufwand vor den Uploads von Bildern in Communities durch Nutzer in Echtzeit den gesamten Content entsprechend den Vorgaben zu prüfen. Das spart viel Zeit, Geld und möglichen Ärger und Verdruss durch eine spätere Entfernung von unerwünschten Bildern oder Videos.
nwm: Jetzt ist die Pandemie an vielen Unternehmen nicht spurlos vorbeigegangen. Wie hat sich im letzten Jahr ihr Geschäft entwickelt?
Niehues: Auf der einen Seite wurden durch die Verschiebung von Aktivitäten ins Häusliche mehr digitale Produkte abgerechnet. So waren bedeutsame Wachstumstreiber im Jahr 2021 Paymentlösungen für den Bereich E-Commerce und hier besonders Video-Streaming.
Das ausgewiesene EBITDA stieg 2021 nach vorläufigen Zahlen um rd. 80 Prozent von 0,38 Millionen Euro auf nunmehr 0,68 Millionen Euro. Coronabedingt lag der Umsatz von 8,37 Millionen Euro leicht unter dem vom Vorjahr, der sich auf 8,87 Millionen Euro belief. Es kam bei Kunden im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs durch Lockdown und striktem Homeoffice zu Umsatzrückgängen, die sich auch auf die von uns getätigten Abrechnungen auswirkten. Es wurden schlicht und ergreifend weniger Fahrkarten an den Fahrscheinautomaten gezogen.
Was wir jetzt sehen, ist die Rückkehr von entfallenen Umsätzen aus der Pandemie und natürlich der weiterhin ungebrochene Trend zur Digitalisierung und zum elektronischen Payment. Gleichzeitig haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und unsere internen Prozesse optimiert und Kostensynergien gehoben.
nwm: Sie sind ja noch ein recht unbeschriebenes Blatt an der Börse und Sie haben einen eher ungewöhnlichen Weg auf das Parkett beschritten. Wie kam es dazu?
Niehues: Tatsächlich nutzten wir die Hülle einer börsennotierten AG, um an die Börse zu gehen. Mittels eines sogenannten Reverse Merger brachten wir die net digital AG Anfang 2021 in die bereits an der Düsseldorfer Wertpapierbörse gelistete Black Pearl AG ein und benannten diese um. Wenig später startete auch der Handel in Frankfurt auf Xetra. Für uns war das der schnellste und kostengünstigste Weg. Wir schätzen die Transparenz einer gelisteten AG und halten uns so alle Wege der zukünftigen Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung offen.
nwm: Wie sehen die Erwartungen bezüglich des Umsatzes und des Gewinns für 2022 aus?
Niehues: Für 2022 erwarten wir einen signifikanten Umsatzsprung um rund 25 Prozent. Gleichzeitig wollen wir das EBITDA weiter steigern. An dieser Planung hat auch die aktuelle geopolitische Situation nichts geändert. Unser Geschäftsmodell ist von den Verwerfungen, die Wirtschaft und Finanzmärkte im Moment beschäftigen, aktuell wenig betroffen. Das gilt unter der Prämisse, dass der private Konsum nicht weiter einbricht und es zu keinem weiteren großflächigen Lockdown kommt.
nwm: Was werden die Wachstumstreiber der nächsten Jahre für net digital sein?
Niehues: Treiber des weiteren Wachstums ist natürlich die fortschreitende Digitalisierung des alltäglichen Lebens in fast allen Bereichen, die durch die Pandemie nochmals verstärkt wurde. Laut einer Umfrage von 2021 von Paysafe haben 83 Prozent der befragten Verbraucher in Deutschland ihr Zahlungsverhalten covidbedingt verändert. Andere Länder mit eingeschlossen, haben 59 Prozent eine neue digitale Bezahlfunktion ausprobiert. Allein für Deutschland wird erwartet, dass der Markt für Digital Payment von 164,3 Milliarden Euro in 2021 auf 252,6 Milliarden Euro in 2025 wächst. Das entspricht einer Wachstumsrate von über 11 Prozent pro Jahr. Von diesem Kuchen wollen wir uns ein Stück abschneiden. Das Thema Künstliche Intelligenz sehen wir eher langfristig, aber dann mit einem deutlichen Umsatzbeitrag. Immer mehr Bereiche fangen an, riesige Datenmengen schnell und umfassend zu bearbeiten. Hier können sich für uns nach dem Vorbild des Projektes zur intelligenten Ampel außerhalb des Paymentbereiches weitere Potentiale ergeben.
nwm: Halten Sie die net-digital-Aktie aktuell im Hinblick auf das bisherige Geschäft und den Ausblick für fair bewertet?
Niehues: Wir konzentrieren uns primär auf das operative Geschäft, das sich gut und planmäßig entwickelt. Diese Entwicklung und die angesprochenen Wachstumstrends rund um Online- und Mobile-Payment unter Einsatz unserer KI-Technologien spiegelt sich aktuell noch nicht im Aktienkurs wider. Eine aktuelle Research-Studie der GBC AG für dieses Jahr nennt ein Kursziel von 20,60 Euro. Die vollständige Studie ist auf unserer Homepage abrufbar
Herr Niehues, vielen Dank für das Interview.
Theodor Niehues | Vorstand der net digital AG
Theodor Niehues ist der Vorstand und Gründer der net digital AG. Er verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung von digitalen Lösungen und Produkte, die er als Vorstand bereits mehrerer börsennotierten Unternehmen umgesetzt hat. Herr Niehues hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsmathematik und verfügt über einen starken analytischen und betriebswirtschaftlichen Hintergrund.
Über die net digital AG:
Die net digital AG ist Partner vieler mittelständischer und großer Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Medien und Entertainment und entwickelt über die eigene Technologieplattform globale und individuell angepasste digitale Zahlungslösungen mit Fokus auf digitale Content-Distribution. Die Lösungen für den Vertrieb von Inhalten konzentrieren sich auf die Bereiche Unterhaltung, Musik und Videos. Zu den rund 250 internationalen Kunden der net digital AG zählen beispielsweise große Telekommunikations- und Medienkonzerne sowie diverse öffentliche Verkehrsbetriebe. Über die Technologieplattform erreicht die net digital AG mehr als 100 Millionen Verbraucher. Die Aktien der net digital AG werden an der Frankfurter Wertpapierbörse unter dem Kürzel „VRL“ (ISIN: DE000A2BPK34, WKN: A2BPK3) gehandelt.
Nach der Betrachtung der net digital Aktie nun Aktuelles aus dem nwm:
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