Mensch und Maschine Software SE (MuM) hat die ersten neun Monaten im Geschäftsjahr 2023 mit neuen Rekordwerten abgeschlossen. Mit einem Ergebnisplus von 14% im Rücken hat der CAD/CAM/BIM-Spezialist aus Weßling bei München seine Gesamtjahresprognose bekräftigt. Im Geschäftsjahr 2023 soll das Ergebnis je Aktie auf 1,64 bis 1,81 Euro zulegen, die Dividende steigt bei Zielerreichung auf 1,55 bis 1,65 Euro. Das Nebenwerte-Magazin sprach mit Chairman Adi Drotleff und CFO Markus Pech über das „Umschalten auf Eigengeschäft“, ein zweistelliges Ergebnisplus in 2024 und „opportunistische“ Aktienrückkäufe. Das Ziel einer Gewinnverdopplung auf 3,00 EUR je Aktie bis 2026/27 steht.
Herr Drotleff, Glückwunsch zum besten 9-Monatsergebnis Ihrer Firmengeschichte. Was sind die entscheidenden Entwicklungen in positiver wie negativer Hinsicht, die das zurückliegende Quartal geprägt haben?
Adi Drotleff: Wir sind insgesamt mit dem Geschäftsverlauf sehr zufrieden und konnten durch hohe Kostendisziplin ein Gewinnwachstum per Ende September erzielen, das sogar leicht über der Mitte unseres anvisierten Korridors liegt. Dabei mussten wir nicht nur mit Inflation und Konjunkturabschwung fertig werden, sondern auch – nach starkem Handelsgeschäft im Q1 – das Umschalten auf Eigengeschäft ab dem zweiten Quartal managen.
Im dritten Quartal isoliert betrachtet, mussten Sie im Vorjahresvergleich ein Umsatzminus von 5,3 Prozent hinnehmen. Woran lag das? Und wann schalten Sie wieder in den Wachstumsmodus?
Adi Drotleff: Diese Entwicklung war absehbar, weil unser Vorlieferant Autodesk zum Januar den Rabatt auf 3-Jahres-Verträge abgekündigt hatte. Das brachte Vorzieheffekte im Laufe von 2022 und im Q1/2023, erzeugt aber auch eine technische Gegenreaktion in den vier Folgequartalen Q2/2023 bis Q1/2024, solange im volumenstarken Autodesk-Geschäft 1-Jahres-Umsätze auf 3-Jahres-Umsätze im Vorjahr folgen. Daher die Umsatz-Achterbahnfahrt mit Steigerungen um die 20% bis Q1 und einer flachen bis negativen Entwicklung ab Q2/2023. Ab Q2/2024 wird sich dies normalisieren, dann dürften wir auch wieder beim Umsatz in den Wachstumsmodus kommen, den wir beim Ergebnis ja nie verlassen haben.
Herr Pech, die Rohertragsmarge konnten Sie dennoch um 4,8 Prozentpunkte auf 55,9 Prozent in Q3 steigern. Liegt das vor allem am höheren Geschäft mit eigener Software oder konnten Sie auch Ihre Kostenbasis senken?
Markus Pech: Daran kann man den stärkeren Anteil des Eigengeschäfts ablesen, das zwar weniger Volumen als die Autodesk-Umsätze hat, aber eine sehr hohe Rohmarge. Die Kosten haben wir zwar auch im Blick, aber das wirkt sich erst weiter unten beim Ergebnis aus.
Thema Kostenkontrolle: Wie muss man sich das vorstellen? Sind Sie mit Blick auf das herausfordernde Marktumfeld etwas vom Gas gegangen oder stehen Sie kurzfristig sogar auf der Bremse?
Markus Pech: Wir hatten zum Ende September nur noch 2,3% Steigerung zum Vorjahr bei der Anzahl der Mitarbeitenden und konnten die Personalkosten auf Neunmonatsbasis bei +6,9% bzw. im Q3 sogar bei nur noch +5,1% halten, obwohl die Inflation natürlich auch an MuM nicht spurlos vorbeigeht. Wir sind lieber rechtzeitig vom Gas gegangen, als spätere Bremsmanöver zu riskieren, die der Nachhaltigkeit des Geschäftsverlaufs abträglich wären.
Wie gut würden Sie die Visibilität für das kommende Jahr im Kontext Ihrer Ziele, im Schnitt mit 10 Prozent pro Jahr zu wachsen, und vor dem Hintergrund, dass zum Beispiel die deutsche Baukonjunktur lahmt und es konjunkturell doch gewisse Unsicherheiten gibt, einordnen?
Adi Drotleff: Die 10 Prozent sind ein langfristiger Durchschnittswert, den wir in der Vergangenheit sehr viel gleichmäßiger beim Rohertrag als beim Umsatz geschafft haben. Das wird wegen der beschriebenen Achterbahnfahrt auch dieses Jahr so bleiben. Grundsätzlich ist aber unser Geschäftsmodell nicht sehr konjunkturabhängig, denn Digitalisierung und Produktivitätssteigerung sind gerade in schwierigen Zeiten das Gebot der Stunde – und genau das bieten wir unseren Kunden, egal ob in der Industrie oder im Baubereich.
Konkret wollen Sie 2024 ergebnisseitig um 14 bis 20 Prozent zulegen: Aus welchen Bereichen kommen die Impulse für diese Wachstumsperspektive? Welche konjunkturellen Annahmen legen Sie dabei zugrunde und sind dabei auch Akquisitionen eingeplant?
Markus Pech: Die 14 bis 20 Prozent Ergebniswachstum sind der Korridor, auf dem wir uns 2022/23 bewegen und den wir gerade als Ziel für 2024 bestätigt haben. Mit unseren etwa 100 Profitcentern in mehr als 20 Ländern und in sehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern aus Industrie, Bauwesen und Infrastruktur sind wir breit genug aufgestellt, um Markt- und Konjunkturzyklen auszutarieren. Dieser Plan ist rein organisch, Zukäufe brauchen wir nicht.
In ihrem Mittelfristausblick sprechen Sie von einer Gewinnverdopplung auf 3 Euro je Aktie bis 2026/27. Wie steuern Sie in dieser Hinsicht mögliche Kosteninflation, etwa bei Personal? Welche weiteren Stellschrauben haben Sie, um den Gewinn überproportional zum Umsatz zu steigern?
Markus Pech: Wir verfolgen hier die ganz simple Strategie, die Kostenentwicklung bei etwa 2/3 der Rohertragsentwicklung auszusteuern, und zwar nicht zentral, sondern regional in der Verantwortung der Profitcenter-Verantwortlichen. Dabei müssen nicht alle 100 Profitcenter jedes Jahr optimal laufen, eine Quote von 70% genügt. Und Sie können davon ausgehen, dass die Profitcenter, die auf den hinteren Plätzen gelandet sind, immer einen starken Ehrgeiz haben, ihre Platzierung im Folgejahr zu verbessern. Damit ist das System sehr robust und selbstheilend, wie man zum Beispiel in den beiden Corona-Jahren 2020/21 gesehen hat, als wir aus +8,2% beim Rohertrag trotz widriger Umstände +28% beim EBIT machen konnten.
Stichwort Dividendenrendite, die sich zuletzt der Marke von 3,5 Prozent genähert hat. Planen Sie auch künftig eine annähernde Vollausschüttung, bezogen auf das Ergebnis je Aktie?
Markus Pech: Da wir unsere wesentlichen Zukunftsinvestitionen in Höhe von mehr als 23 Mio. Euro p.a. für die Weiterentwicklung unserer eigenen Software als Betriebskosten buchen und nicht aktivieren, sind unsere Anlageinvestitionen sehr überschaubar und wir können den Gewinn ausschütten, ohne unsere Zukunft zu gefährden. Also ein klares Ja.
In den vergangenen Wochen hat MuM weitere Aktien zurückgekauft. Werden Sie diese Rückkäufe fortsetzen? Und falls ja, bis zu welchem Niveau?
Markus Pech: Wir betreiben ein opportunistisches Rückkaufprogramm und kaufen eigene Aktien dann zurück, wenn es betriebswirtschaftlich Sinn macht. Während der jüngsten Marktschwäche haben wir bei Kursen von 45-46 Euro zugegriffen, weil wir damit schon bei der ersten Dividendenzahlung für 2023, die mit 155-165 Cent avisiert ist, im Mai/Juni 2024 rund 3,5% Dividendenrendite einsparen. Sollte die Aktie also wieder in diesem Bereich zu haben sein, dann kaufen wir selbstverständlich weiter marktschonend zu.
Herr Drotleff, Herr Pech, vielen Dank für das Interview.
Adi Drotleff, Verwaltungsratsvorsitzender der Mensch und Maschine Software SE
Diplom-Informatiker, Gründer und Verwaltungsratsvorsitzender, Geschäftsführender Direktor. Adi Drotleff (Jahrgang 1953) schloss 1979 sein Informatik-Studium an der TU München ab und blieb noch kurze Zeit als Assistent im Bereich Rechnerarchitektur am Institut für Informatik, bevor er 1981 eine kleine Software-Entwicklungsfirma mitbegründete und damit erste Erfahrungen als Unternehmer sammelte.
1984 gründete er die Mensch und Maschine GmbH als Alleingesellschafter und führte sie seitdem zu ihrer heutigen Position als börsennotierter Softwarekonzern mit gut 1.000 Mitarbeitern an rund 75 Standorten in 22 Ländern weltweit.
Markus Pech, CFO der Mensch und Maschine Software SE
Diplom-Betriebswirt, Geschäftsführender Direktor. Der Dipl.-Betriebswirt Markus Pech ist seit 2003 im MuM-Konzern tätig und verantwortete als stellvertretender CFO die Bereiche Accounting und Controlling. Seit dem 1.3.2016 gehört er als CFO dem „Geschäftsführenden Direktorium“ an, das in der monistisch verfassten Mensch und Maschine Software SE dem Vorstand einer AG nach deutschem Recht entspricht.
Kurzinfo zum Unternehmen
Die Mensch und Maschine Software SE (MuM) ist ein führender Entwickler von Computer Aided Design, Manufacturing und Engineering (CAD/CAM/CAE), Product Data Management (PDM) und Building Information Modeling/Management (BIM) mit rund 75 Standorten in ganz Europa sowie in Asien und Amerika. Das MuM-Geschäftsmodell basiert auf den beiden Segmenten MuM-Software (Standardsoftware für CAM, BIM und CAE) und Systemhaus (kundenspezifische Digitalisierungs-Lösungen, Schulung und Beratung für Kunden aus Industrie, Bauwesen und Infrastruktur).
Die 1984 gegründete Firma hat ihren Hauptsitz in Wessling bei München, beschäftigt gut 1.100 Mitarbeiter und hat 2022 einen Umsatz von 320 Mio Euro erzielt. Die MuM-Aktie ist in Frankfurt (scale30) und München (m:access) notiert.
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