MDAX | Lufthansa: GERETTET, aber „eine schnelle Erholung ist nicht absehbar“ (C. Spohr)

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mdax news nebenwerte magazin25.06.2020 – Die Lufthansa AG(ISIN: DE0005419105) rechnete bereits mit der Insolvenz. Heute dann High-Noon auf der außerordentlichen Hauptversammlung: Der Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr appellierte heute nochmals an die „Verantwortung“ der Aktionäre für das Unternehmen und betonte die absolute Notwendigkeit für den Fortbestand des Unternehmens die 9 Mrd. EUR vom Staat zu erhalten.Die Alternative Insolvenz oder Schutzschirmverfahren führe auch mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem mehr oder weniger Totalverlust für die Aktionäre – ein dezenter Hinweis zuzustimmen, um sein Investment in Lufthansa zu sichern. Und dann kam das Ergebnis. Das Ergebnis wurde seit Heinz-Hermann Thiele gestern bereits seine Zustimmung signalisiert hatte, wohl genau so erwartet. Davor „quälten“ die Aktionäre den Vorstand noch mit vielen kritischen Fragen. Insbesondere Thiele legte einen ganzen Fragenkatalog vor – mit dem Tenor, warum man keine Alternativen zum Staatspaket gesucht hätte? Immer im Hinterkopf die klaren Worte von Scholz, dass der „Deal“ nicht nachverhandelt werde. Aber die Aktionäre haben das Recht zu fragen, was sie nutzten, und die staatliche Rettung ist ja auch nicht billig oder umsonst. Insbesondere ist die Frage, wann der Staat wieder aussteigt, interessant – die Commerzbank ist ein warnendes Menetekel. Jedoch die Alternativen fehlten – und so das klare Votum am Ende des Frage-Antwort-Spiels der außerordentlichen Hauptversammlunng:

 ZUSTIMMUNGSRATE von rund 98% reicht, notwendig waren mindestens 66,67 %. Hat gepasst. An der Abstimmung teilgenommen haben insgesamt haben 188.006.686 Aktien (39,32%).

Und die erste Klage gegen das Rettungspaket gibt es auch schon: Ryanair Chef Michael O’Leary sieht den Wettbewerb durch die Staatsgelder gefährdet und klagt beim Europäischen Gerichtshof. Und das nachdem heute Morgen erst das endgültige OK der EU-kommission kam – unter den bekannten Auflagen der Slotabgabe in München und Frankfurt.

Positiv die heutige Einigung der Lufthansa mit einer der Gewerkschaften, mit denen man über Einschnitte spricht: UFO stimmte einem Sparpaket von mehr als 500 Mio. EUR für das „Kabinenpersonal“ zu, laufen bis 2023 mit der Gegenleistung Kündigungsschutz. Ein hoffnungsvolles Signal, aber es stehen noch viele Verhandlungen mit anderen Gewerkschaften an. Dazu hat man durch die heutige Hauptversammlungsentscheidung die notwendige Zeit gewonnen.

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Am Montag war noch alles offen

Der sich anfang der Woche noch sperrende größte Einzelaktionär der Lufthansa mit rund 15,5% Heinz-Hermann Thiele sprach zwar mit Regierungsvertretern über das anstehende Staatspaket, biss aber beim Finanzminister auf Granit. Es gab keine Nachbesserung. Zuvor hatte am Montag Morgen die Lufthansa die Juni Gehälter ausgezzahlt, zu früh eigentlich – noch nie da gewesen – zeigte das eine Insolvenz oder ein Schutzschirmverfahren bei Ablehenung des Rettungspakets durch die Hauptversammlung nicht ausgeschlossen werden konnte seitens des Lufthansa-Managements. Mittwoch konnte man aufatmen: Laut FAZ äußerte sich der größte Einzelaktionär der Lufthansa Heinz-Hermann Thiele mit der Bereitschaft im Interesse der Lufthansa für die Staatsbeteiligung zu stimmen und kam gleichzeitig zur Forderung, dass jetzt Verhandlungen über einen Stellenabbau/Restrukturierungen zwischen Unternehmen und Gewerkschaften geführt werden müssten – insgesamt 22.000 Arbeitsplätze sollen weltweit auf der Kippe stehen – 11.000 davon allein in Deutschland. Durch die jetzt verkündete Einstellung des Deutschen Betriebsteils der Sun Express werden wohl erstmal 1.200 Arbeitsplätze wegfallen – nach Schließung der Germanwings ein zweiter Radikalschnitt – einfacher, leaner und einheitlicher soll der Konzern werden.

Heinz-Hermann Thiel hatte zuvor immer wieder seine Bedenken gegen das Staatspaket und den damit einhergehenden Staatseinfluss zum Ausdruck gebracht und er hätte es mit seinen 15,5% verhindern können. Erschwerend für die Lufthansa wäre die Pärsenz auf der virtuellen außerordentlichen Hauptversammlung gewesen:Da laut FAZ sich nur knapp 38% zur Hauptversammlung angemeldet hätten, wäre eine Zwei-Drittel-Zustimmung für die notwendige Kapitalerhöhung notwendig gewesen ( Sonderregel bei bei einer Präsenz unter 50% des Aktienkapitals). Aber durch seine angekündigte Zustimmung sollte jetzt das Staatspaket „in sicheren Tüchern sein“. Wenn nicht andere jetzt querschießen sollten, unwahrscheinlich…

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Nicht einmal GROUNDING wollte man ausschließen,

aber man sollte bei allen diskussionen im Vorfeld im Auge behalten, das Thiele viel Geld in Lufthnasa investiert hatte und dieses Geld im Falle einer Insolvenz verloren gehen hätte könnten – also auch er hat ein Interesse an Staatshilfe, möglicherweise „günstiger“ oder mit garantiert geringerem Staatseinfluss – der Versuch im Vorfeld war legitim, aber am Ende siegte auch bei ihm die Vernunft. Wie konnte es so weit kommen? DAX Abschied und Schicksals-HV in einer Woche. Existenzgefährdung nicht ausgeschlossen, wie die vorgezogenen Gehaltszahlungen zeigten mit einem jetzt sehr wahrscheinlichem Happy End – oder besser gesagt einer Zschischenetappe auf dem Weg zurück zur „alten Lufthansa“ mit gesunden Erträgen. Wobei es wird nicht die alte Lufthansa sein – viele Parameter haben sich dauerhaft verändert. Die jährlichen Wachstumsraten im Flugverkehr gehören für die nächsten Jahre erstmal der Vergangenheit an. Gesundschrumpfen, Kosteneffizienz und selektiver Umbau sind angesagt.

Die Vorgeschichte begann so: Lufthansa verhandelte mit der Bundesregierung, erreichte ein Rettungspaket aus stiller Beteiligung, Darlehen und Aktienzeichnung und bog ihr zu hoch erscheinende Forderungen der EU Kommission nach Abgabe von Flugslots in München und Frankfurt ab. Man einigte sich auf letztendlich 24 Slots – ein geringer Preis für den überlebenswichtigen Rettungsplan des Bundes und dessen Genehmigung durch die EU-Kommission, wie es schien. Und alle sahen das Rettungspaket so als erledigt, Patient gerettet an. Vergessen wurde dabei, dass eine Aktiengesellschaft den Aktionären gehört und die Vorstände nur vom Aufsichtsrat mit der Firmenleitung „im Sinne der Aktionäre“ und der anderen Stakeholder betraut sind. Und wer sind „die Aktionäre“? Der größte Aktionär ist mittlerweile Heinz Hermann Thiele, der mit seiner KB holding GmbH im Laufe der Krise kräftig gekauft hat und mittlerweile 15,52% (Stand 15.06.2020) hält – und es könnten mittlerweile mehr sein. Wieso? Thiele teilte am 19.06.2020 mit, Aktien des von ihm „groß gemachten“ Bremsenherstellers Knorr-Bremse im Wert von rund 700 Mio. EUR veräußert zu haben „für private Investtionen“. Also gibt es möglicherweise demnächst eine neue §40 Meldung der Lufthansa über einen noch höheren Anteil des Milliardärs. Warum könnte das wichtig für Lufthansa Zukunft werden? Thiele soll das Rettungspaket in der derzeitigen Form für nicht gut halten und fordere Nachverhandlungen. Und ohne Zustimmung der einberufenen Hauptversammlung wäre das Rettungspaket gescheitert. Je nach Präsenz könnte Thiele mit seinen Anteilen „das Zünglein an der Waage sein“. 

An physischen Aktien folgt als nächst-größerer Aktionär die Norges Bank mit 2,89%. Also Thiele ist mit weitem Abstand „der Größte“.

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Wie kam es dazu?

Die durch Covid-19 verursachten wirtschaftlichen Probleme des Lufthansa-Konzerns sind nur durch Hilfspakete zu schultern – während in der Schweiz (für Swiss und Edelweiss), Österreich (für AUA) und Belgien (Brussels Airlines) Gelder „zur Rettung bereitstehen, ist deren Freigabe auch vom „großen“ Rettungspaket in Deutschland abhängig.

Am 21.05.2020 standen die Eckdaten des möglichen Rettungspakets: Hier handelt es sich um Stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden EUR in das Vermögen der Deutsche Lufthansa AG (mit Vergütung), im Wege einer Kapitalerhöhung würden Aktien im NENNBETRAG in Höhe einer Beteiligung von 20% am Grundkapital gezeichnet (mit Erhöhungsoption auf 25% plus eine Aktie im Falle einer drohenden feindlichen Übernahme) und ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden EUR unter Beteiligung der KfW und privater Banken mit einer Laufzeit von drei Jahren. So könnte die bundesregierung möglicherweise am Ende, anders als bei der Commerzbank Rettung, möglicherweise kostenneutral oder mit Gewinn das Projekt „Lufthansarettung“ abschließen. {loadmodule mod_custom,Nebenwerte – Anzeige in Artikel (Google-300-250)}

Am 27.05.2020 lehnt die Lufthansa die Forderungen der EU-Kommission zur Wettbewerbssteigerung für die Freigabe des Rettungspakets ab: „Der Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa AG hat in seiner heutigen Sitzung über die Annahme des vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesrepublik Deutschland angebotenen Stabilisierungspakets inklusive notwendiger Einladung zur Hauptversammlung beraten.Der Aufsichtsrat hat die aktuell indizierten Auflagen der EU Kommission zur Kenntnis genommen. Sie würden eine Schwächung der Drehkreuzfunktion an den Heimatflughäfen der Lufthansa in Frankfurt und München zur Folge haben. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Unternehmen und die vorgesehene Rückführung der Stabilisierungsmaßnahmen sowie mögliche Alternativszenarien müssen intensiv geprüft werden.Vor diesem Hintergrund hat der Aufsichtsrat dem Stabilisierungspaket in Zusammenhang mit den EU Auflagen nicht zustimmen können.

Am 30.05.2020 einigt man sich mit der EU-Kommission auf die Freigabe von „nur noch“ 24 Slots an den Drehkreuzen Frankfurt udn München, an denen die Lufthansa einen Anteil am Luftverkehrsaufkommen von jeweils über 60% hat: Die einigung sei akzeptabel und das Rettungspaket alternativlos. So entscheidet man sich die außerordentliche Hauptversammlung für diese Woche Donnerstag einzuberufen, um das Paket „rund zu machen“: „Der Aufsichtsrat muss dem mit dem WSF ausgehandelten Stabilisierungspaket inklusive der Zusagen an die EU zustimmen. Das Unternehmen beabsichtigt im Anschluss zeitnah eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen, um die Zustimmung der Aktionäre zu den WSF-Stabilisierungsmaßnahmen einzuholen.“

Am 03.06.2020 zeigt der Bericht zum Quartal 1 wie notwendig der Rettungsplan ist, insbesondere da Q2 noch um ein Vielfaches schlechter sein wird: „Die Verkehrserlöse sanken aufgrund der rückläufigen Verkehrsleistung um 22% auf 4.539 Mio. EUR, die Umsatzerlöse lagen mit 6.441 Mio. EUR um 18% unter Vorjahr. Das Adjusted EBIT sank auf -1.220 Mio. EUR (Vor-jahr: -336 Mio. EUR), die Adjusted EBIT-Marge lag bei -18,9% (Vorjahr: -4,3%). Das Konzernergebnis sank auf -2.124 Mio. EUR (Vor-jahr: -342 Mio. EUR); es wurde von außerplanmäßigen Abschreibungen auf die Flotte und Firmenwerte sowie der negativen Marktwertentwicklung von Hedges zur Treibstoffkostenabsicherung belastet.“

Aktuell geht man von einem „Personalüberhang“, euphemistisch für abzubauende Arbeitnehmer, von rund 22.000 Mitarbeitern aus – die Gewerkschaften sind zu Gesprächen bereit, aber natürlich liegt in dieser Zahl noch viel Konfliktstoff.

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“In Summe verlieren wir daher jede Stunde eine Million Euro unserer Liquiditätsreserve – Tag und Nacht, Woche für Woche und wohl auch noch Monat für Monat”,

sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter vom Mittwoch. (Redaktionsnetzwerk Deutschland, 09.04.2020) und das kann kein noch so gesundes Unternehmen aushalten, die Zeit drängt. Wie die Hauptversammlung letztendlich entscheidet, ist offen. sollte das Rettungspaket komplett shceitern und nicht möglicherweise ein Kompromiss vorher gefunden werden, dem auch zumindest die Mehrheit der anwesenden Aktionäre zustimmen kann oder will, dann wird es eng. Insbesondere hat der Widerstand Thieles auch andere Begehrlichkeiten und Diskussionen befeuert. Das Rettungspaket steht derzeit unter Dauerbeschuss von sehr unterschiedlichen Interessensgruppen:

Ein kleiner Ausschnitt der nunmehr aufgeflammten Diskussionen: Die Gewerkschaften fordern eine Art Beschäftigungssicherungs-Komponente für das „Staatsgeld“, ebenfalls einige Politiker, nicht nur bei den Linken, sondern auch in anderen Parteien. Die Bundesregierung soll mit Teilen des Rettungspakets für die AUA, die wohl eine Erhöhung der Flugbewegungen am Drehkreuz Wien vorsehen, unzufrieden sein. Umweltaspekte würden ebenfalls zu wenig im Paket als Auflagen berücksichtigt werden, ist ein anderes Streitthema. Lufthansa versuche die Bedingungen ebenfalls nachzuverhandeln, da die Staatshilfen in Österreich, Schweiz und belgien wohl günstiger seien. Es würde über eine Reduzierung des Pakets verhandelt. Und Thiel wolle mit dem Finanzminsiter diskutieren, wobei fieberhaft nach einem Termin gesucht werde.{loadmodule mod_custom,Nebenwerte – Anzeige in Artikel (Google)}

Wurde hier die Büchse der Pandora unabsichtlich geöffnet und so

das gesamte Rettungspaket in Frage gestellt. Allen Beteiligten gemeinsam sollte es sein, das Unternehmen Lufthansa, welches unverschuldet in diese Krise geraten ist, in die Lage zu versetzen, „wieder hochzufahren“ und die hierfür notwendige Liquidität zu ebsitzen. Der Donnerstag könnt eso zu einem Schicksalstag der Lufthansa werden – wer hätte das noch im Januar für möglich gehalten?

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