Die Yggdrasil SPAC 1 AG (ISIN DE000A3EVV13) ist seit Anfang Oktober als Mantelgesellschaft an der Börse Düsseldorf gelistet. Initiator und CEO Werner Weiß ist auf der Suche nach einem passenden Börsenkandidaten, der via Einbringungsvertrag (Sachkapitalerhöhung) zeitsparend an die Börse gehen will. Das Nebenwerte-Magazin sprach mit Werner Weiß über das Reverse-IPO-Projekt. Bereits im ersten Halbjahr 2024 will er die passende Gesellschaft auswählen – und SPAC Nummer 2 ist bereits in Vorbereitung. Eine interessante Variante, um möglichst schnell an die Börse zu kommen. Wie „so etwas“ funktioniert, dazu hier ein Blick hinter die Kulissen.
Die Yggdrasil SPAC 1 AG ist seit Oktober als Mantelgesellschaft/SPAC im Freiverkehr der Börse Düsseldorf gelistet. Herr Weiß, die Zeit der SPACs ist doch vorbei, oder?
Werner Weiß: Ja, die jüngste SPAC-Welle ist definitiv vorbei, erst wenn die (IPO-) Zeiten wieder schlechter werden, dann wird es wieder einen SPAC-Boom geben. So war es Mitte der 1990er, 2002/2003 und in den vergangenen beiden Jahren. Streng genommen ist die Yggdrasil SPAC 1 AG ja auch kein SPAC, sondern eine Mantelgesellschaft – auch wenn ich im Sprachgebrauch und im Namen „SPAC“ verwende.
Wo genau liegt der Unterschied?
Werner Weiß: Nun, ein SPAC sammelt im ersten Schritt Geld an der Börse ein, um dann im zweiten Schritt eine nicht an der Börse gelistete Firma zu übernehmen. Das Ganze ist sehr streng reguliert, inklusive einem Kündigungsrecht der Aktionäre. Eine Mantelgesellschaft dagegen bietet die Einbringung in diesen Mantel an, ohne die strengen Auflagen eines SPAC, ein im Prinzip sehr einfaches Verfahren. Neudeutsch wird das als Reverse-IPO oder Reverse-Merger bezeichnet.
Warum sollte eine Gesellschaft beim Gang an die Börse den „Umweg“ über eine Mantelgesellschaft nehmen und nicht direkt einen IPO anstreben?
Werner Weiß: Naja, ein Umweg ist es nicht, eher eine Abkürzung. Ein traditioneller Börsengang umfasst ja die Funktionen Kapitalbeschaffung, IR und Listing. Die Umsetzung dafür dauert je nach Komplexität ca. 10 bis 18 Monate.
Und bei einem Reverse-IPO?
Werner Weiß: Die Einbringung selbst kann in ca. vier Wochen erfolgen, danach erfolgt IR und gegebenenfalls eine Kapitalerhöhung. Trotz der seriellen Bearbeitung besteht immer noch ein deutlicher Zeitvorteil und vor allem ohne das Timing-Risiko.
Könnten Sie uns den Ablauf bitte noch etwas detaillierter erläutern …
Werner Weiß: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Die Yggdrasil SPAC 1 AG hat ein Aktienkapital von 250.000 Euro, eingeteilt in 250.000 Stückaktien ohne Nennwert. Derzeit sind 85 Prozent in meinem Besitz, die restlichen 15 Prozent sind Freefloat. Eine geeignete Gesellschaft könnte z. B. durch eine Sachkapitalerhöhung gegen Ausgabe von 10.000.000 neuen Aktien einbracht werden. Die Gesellschafter der eingebrachten Gesellschaft haben dann die sehr deutliche Mehrheit (10 Mio. Aktien von insgesamt 10,25 Mio.) und können eine neue Satzung festlegen sowie, Vorstand und Aufsichtsrat nach ihren Vorstellungen neu besetzen. Die eingebrachte Gesellschaft ist damit an der Börse.
Und welche Kosten entstehen dabei?
Werner Weiß: Notwendig ist ein Einbringungsvertrag, ein IDW S1 Gutachten, ein Nachgründungsbericht und die Kosten für den Notar. In Summe können diese Kosten durch die Liquidität der Mantelgesellschaft abgedeckt werden.
Ein sehr flexibles und schlankes Modell – warum werden Reverse-IPOs dennoch so selten umgesetzt?
Werner Weiß: International ist dieser Modus stark verbreitet, insbesondere in Kanada. In Deutschland gibt es sicherlich Hunderte von Gesellschaften, die für einen Reverse-IPO geeignet wären, aber die Aktienkultur ist in Deutschland ja schon sprichwörtlich „wenig ausgeprägt“. Und damit meine ich nicht nur die potenziellen Anleger, sondern auch potenzielle Listingkandidaten.
Wie meinen Sie das, auch bei Listingkandidaten?
Werner Weiß: Naja, wir glauben, dass eine gute Firma an die Börse gehört – und je früher, desto besser.
OK, Sie haben eine klare Einstellung. Welche Voraussetzungen gibt es denn für einen geeigneten Kandidaten?
Werner Weiß: Die Kriterien sind die gleichen wie bei einem traditionellen IPO, aber deutlich reduzierter und entspannter. Grundvoraussetzungen sind z. B. ein funktionierendes Rechnungswesen, Risikomanagement, keine Abhängigkeiten etc. All diese Punkte fließen zusammen in die Equity-Story. Am besten kann die Equity-Story geprüft werden, wenn man sich die Frage stellt: Würde ich selbst meine eigenen Aktien kaufen?
Und der Umsatz oder Gewinn?
Werner Weiß: Die Bandbreite ist sehr groß, Mindestvoraussetzungen sind meines Erachtens aber ein Umsatz von 20 Millionen Euro und ein positiver Cashflow. Der positive Cashflow ist insofern wichtig, da ja durch den Reverse-IPO der Gesellschaft zunächst kein Kapital zufließt. Bei einem negativen Cashflow müsste ansonsten eine Kapitalerhöhung unter Zeitdruck umgesetzt werden.
OK, es gibt einige Hundert Firmen, die geeignet wären, diesen unkomplizierten Weg umzusetzen. Die Voraussetzungen sind relativ niedrig, die Kosten sehr überschaubar und der Vorteil einer Börsennotiz ist bekannt. Wie weit sind Sie mit der Suche nach einem geeigneten Target?
Werner Weiß: Seit Oktober sind wir in der aktiven Suche, großes Interesse gibt es bei Technologiegesellschaften und interessanterweise bei Private-Equity-Gesellschaften. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024 werden wir einen Kandidaten auswählen.
Wie geht es weiter mit der Yggdrasil SPAC 1 AG, wenn Sie die passende Gesellschaft gefunden haben?
Werner Weiß: Nach der Einbringung einer Gesellschaft werde ich wohl als Vorstand ausgetauscht und bin nur noch Aktionär. Wichtig wäre mir anschließend eine transparente IR und ein umfangreiches Research, um weitere Aktionäre zu gewinnen und den Freefloat zu verbreitern.
Der Name Yggdrasil SPAC 1 AG legt nahe, dass es im Anschluss eine Fortsetzung mit der Yggdrasil SPAC 2 AG geben wird. Ist diese Vermutung korrekt und welche Ziele haben Sie mittelfristig?
Werner Weiß: Ja, in der Tat, der SPAC 2 ist schon in Vorbereitung. Die mittelfristigen Ziele erläutere ich Ihnen im nächsten Interview (lacht)…
Herr Weiß, besten Dank für das Gespräch. Und wir freuen uns in einem nächsten Interview zu erfahren, was aus der Yggdrasil SPAC 1 AG geworden ist.
Werner Weiß, Jahrgang 1970, geboren in Augsburg, ist Diplom-Wirtschaftsingenieur.
Seit Jun. 1998: Inhaber und Geschäftsführer von Tec7, Schwerpunkt: Beratung und Vermittlung von Working Capital Finanzierungen, wie Factoring, ABS, ABL
Seit Jan. 2007: Geschäftsführer WW-Verwaltungs-GmbH, Augsburg, Verwaltung von Kapitalanlagen
Seit Apr. 2023: Vorstand Yggdrasil SPAC 1 AG, Augsburg, Mantelgesellschaft für Börsenlisting
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