Das IPO von IBU-tec advanced materials AG (ISIN: DE000A0XYHT5) ist geglückt und die Aktien notieren seit letzten Donnerstag (30. März) im neuen KMU-Segment Scale an der Frankfurter Wertpapierbörse.
Allerdings konnte der Spezialist für anorganische Materialien – anders als kurz zuvor die MBB-Tochter Aumann AG (ISIN: DE000A2DAM03) bei ihrem Börsengang – kein wirklich großes Interesse bei Anlegern auslösen.
IBU-tec nimmt 16,5 Mio. EUR ein
Das Weimarer Unternehmen hatte im Vorfeld des Börsengangs angekündigt, 1 Mio. Aktien aus einer Kapitalerhöhung in einer Preisspanne von 16 EUR bis 20 EUR ausgeben zu wollen. Darüber hinaus sollten weitere 210.000 Aktien von den Altaktionären Ulrich Weitz (150.000 Aktien) und Prof. Dr. Horst Büchner (60.000), inklusive der Mehrzuteilung (Greenshoe-Option), angeboten werden.
Am 27. März, dem Ende der Angebotsfrist, teilte IBU-tec dann mit, dass sämtliche 1,21 Mio. Aktien platziert werden konnten. Jedoch „lediglich“ zu einem Emissionspreis von 16,50 EUR je Aktie. Damit lag man am unteren Ende der ausgegebenen Preisspanne. Erwartet hatte man im Vorfeld rund 18 EUR.
Letztendlich flossen dem Unternehmen somit 16,5 Mio. EUR durch die Platzierung der Aktien aus der Kapitalerhöhung direkt zu, während die beiden Altaktionäre einen Erlös von insgesamt 3.465.000 EUR für sich einnehmen konnten. Der gesamte Bruttoemissionserlös des IBU-tec-Börsengangs betrug somit bei 19.965.000 EUR.
Aktionärsstruktur: Streubesitz von über 30%
Nach der Kapitalerhöhung und der erfolgreichen Platzierung aller angebotenen Aktien nebst Greenshoe-Option sind 30,25% der insgesamt 4 Mio. Aktien im Streubesitz (Freefloat).
Die Marktkapitalisierung für den Streubesitz betrug auf Grundlage des ersten Kurses von 17,10 EUR demnach 18.126.000 EUR. Der Börsenwert bei Erstnotierung lag derweil bei 68,4 Mio. EUR.
Vorstandschef Ulrich Weitz bleibt nach dem Börsengang mit 29,26% (zuvor: 44,01%) weiterhin größter Aktionär des Unternehmens. Aufgrund eines geschlossenen Pool-Vertrags mit Viola Kirby-Weitz (20,19%) und Isabelle Weitz (19,50%) ist der CEO nach wie vor beherrschender Aktionär der Gesellschaft. Prof. Dr. Büchner hält nach dem Börsengang noch 0,75% (zuvor: 3%) und CFO Jörg Leinenbach 0,05% (zuvor: 0,07%) der Aktien.
Während sich der Aktienanteil bei Ulrich Weitz und Prof. Dr. Büchner durch den Verkauf von Aktien im Zuge des IPO zusätzlich verringerte, sank der Anteil bei allen Altaktionären aufgrund der Verwässerung durch die vorgenommene Kapitalerhöhung.
Altaktionäre verpflichten sich zum Halten der Aktien
Mit allen Altaktionären wurde eine Hard Lock-up-Vereinbarung geschlossen, die beinhaltet, dass diese in den nächsten zwei Jahren keine gehaltenen Aktien verkaufen dürfen. Im Weiteren darf die IBU-tec in den nächsten sechs Monaten keine Aktien ausgeben, keine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital durchführen und der Hauptversammlung auch keine Kapitalerhöhung zur Beschlussfassung vorschlagen.
Darüber hinausgehend wurden hinsichtlich der Gesellschaft und der Altaktionäre noch weitere Soft Lock-up-Vereinbarungen getroffen, die für einen zusätzlichen Zeitraum (nachzulesen im Wertpapierprospekt auf den Seiten 44 ff) den Verkauf von Aktien nur unter Zustimmung der Emissionsbank erlauben.
Einnahmen aus IPO dienen der Expansion
Die eingenommenen 16,5 Mio. EUR wird IBU-tec für den Ausbau des bestehenden Leistungsangebots in den Bereichen E-Mobility, Katalysatoren und dezentrale Energiespeicherung sowie in die Internationalisierung des Geschäfts und in die Erschließung weiterer aussichtsreicher Geschäftsfelder nutzen.
Konkret will man das eingenommene Geld für den Ausbau eines neuen Standorts in einem Chemieindustriegebiet verwenden. Dies soll entweder durch den Erwerb eines entsprechenden Unternehmens bzw. von Unternehmensanteilen erreicht werden oder aber durch die Errichtung eines eigenen neuen Standorts. Wichtigstes Kriterium sei dabei, dass die zusätzlichen Produktionskapazitäten ergänzend zum eigenen Leistungsangebot für eine Umsatzsteigerung genutzt werden können und/oder komplementär zum eigenen Portfolio sind.
Darüber hinaus will IBU-tec mit dem eingesammelten Kapital zudem den internationalen Vertrieb forcieren und gleichzeitig noch in den Ausbau der zwei existierenden deutschen Standorte investieren. Die Internationalisierung des Geschäfts soll dabei auf kurzfristige Sicht in das europäische Ausland (Benelux, Frankreich, Großbritannien, Schweiz und Österreich) erfolgen. Mittelfristig will man im Weiteren auch in Nordamerika Fuß fassen.
Mit Blick auf eine antizipierte Erhöhung der Nachfrage durch Bestandskunden und durch die geplante Internationalisierung will man an den Standorten in Weimar und Nohra außerdem die Leistung und Kapazität der bestehenden thermischen Anlagen erweitern und bei Bedarf zusätzliche thermische Anlagen anschaffen.
Kunden profitieren vom Wissens- und Erfahrungsschatz
IBU-tec konzentriert sich auf anorganische Materialien, die durch thermische Verfahrensschritte andere funktionale Eigenschaften erhalten. Auf diesem Gebiet sieht sich das Unternehmen aufgrund seiner gut ausgebildeten Mitarbeiter hervorragend positioniert. IBU-tec kann hier auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen und erhebliches Knowhow vorweisen.
Der Kundenstamm der IBU-tec umfasst derzeit 150 Kunden aus den Bereichen der chemischen Industrie (insbesondere der Spezialchemie), der Keramik- und Glasindustrie sowie der Bauindustrie.
Das Weimarer Unternehmen kann seinen Kunden Leistungen entlang der kompletten Wertschöpfungskette bieten: So ist man in der Lage, von der Materialentwicklung eines Produkts bis hin zur Marktreife alles aus einer Hand anzubieten.
Der Vorteil für die Kunden ist, dass diese z.B. die Kosten für eigene Laboratorien einsparen. Vor allen Dingen können sie aber den Zeitraum verkürzen (time to market), um ein Produkt von der Entwicklung bis hin zur Markteinführung zu bringen.
Alleinstellungsmerkmal und Skalierbarkeit des Geschäftsmodells
IBU-tec geht davon aus, dass man erhebliche Wachstumspotenziale vorweisen kann: Die hohe Skalierbarkeit des Geschäftsmodells in Hinsicht auf eine regionale Expansion und in Bezug auf die Herstellung neuer Materialien ist das Fundament für diese Einschätzung.
Darüber hinaus sieht IBU-tec für sich einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darin, dass man mit den patentgeschützten Verfahren in der Anwendung mittels Pulsationsreaktoren einen entscheidenden Technologievorsprung hat. Zudem lassen sich durch diese speziellen Verfahren auch neuartige Materialien herstellen, die mit anderen herkömmlichen Verfahren nicht oder nur unter erhöhtem Aufwand hergestellt werden können.
Großkunden verantwortlich für Großteil des Umsatzes
In den drei zurückliegenden Jahren war nur eine Hand voll Kunden für den größten Teil des Gesamtumsatzes verantwortlich. Fünf Kunden waren z.B. in 2016 für 83% der Umsatzerlöse verantwortlich. Auch in den zwei Jahren zuvor lag der Umsatzanteil der fünf größten Kunden mit 84% (2015) und 85% (2014) sehr hoch.
IBU-tec ist derzeit dabei vor allen Dingen von einem Großkunden aus der chemischen Industrie abhängig. Dieser steuerte in den vergangenen drei Jahren 42% (2014), 50% (2015) und 49% (2016) zum Gesamtumsatz bei. Dieser erhebliche Umsatzanteil stellt natürlich ein erhebliches Risiko dar. Denn sollte dieser Kunde einmal abspringen, würde die Hälfte der Umsätze von IBU-tec wegfallen.
Dass dies allerdings passiert, ist zunächst einmal unwahrscheinlich. Immerhin besteht die Geschäftsverbindung zu dem Kunden schon seit 20 Jahren. Und aufgrund der Expertise von IBU-tec dürfte die Geschäftspartnerschaft auch wohl noch einige Jahre fortwähren.
Was in diesem Zusammenhang weiterhin noch erwähnenswert ist: IBU-tec hat mit dem Kunden, der auch Lieferant für die Automobilindustrie ist, außerdem einen Rahmenvertrag geschlossen.
Dieser beinhaltet unter anderem, dass der Kunde ein Exklusivrecht auf das mittels Pulsationsreaktortechnologie hergestellte katalytisch aktive Pulver zur Verwendung in Katalysatoren für die Automobilindustrie besitzt.
Das bedeutet im Klartext: IBU-tec darf weder Pulsationsreaktoren, noch das damit hergestellte katalytisch aktive Pulver zur selben Verwendung an die Konkurrenz aus der Automobilindustrie verkaufen (weitere Infos dazu im Wertpapierprospekt/Seite 113).
Green Mobility, Green Economy und Medizintechnik
IBU-tec ist mit seiner Expertise im Bereich der Bearbeitung von anorganischen Stoffen mittels thermischer Verfahren für seine Kunden zudem in den Zukunftsbereichen Green-Mobility, Green-Economy und Medizintechnik aktiv.
In Sachen E-Mobility ist das Unternehmen sowohl bei der Behandlung von katalytisch aktiven Pulvern für Katalysatoren von Verbrennungsmotoren, als auch bei der Prozessentwicklung und Behandlung von Werkstoffen für Autobatterien tätig.
Wachstum erhofft man sich bei IBU-tec insbesondere durch eine steigende Anzahl an Neuzulassungen für Elektroautos, die Branchenexperten in den kommenden Jahren prognostizieren. Bis 2030 geht man weltweit von einem Marktwachstum von +25% pro Jahr aus.
Im Bereich Green-Economy bietet IBU-tec Entwicklungs- und Produktionsdienstleistungen an: So kümmert man sich hier z.B. um die Behandlung von Seltenen Erden oder um die Entwicklung und Produktion von Baustoffen mit geringerem Co2-Gehalt.
Innerhalb der Medizintechnik (Life Scienes) entwickelt IBU-tec in dem ebenfalls zukunftsträchtigen Gesundheitsmarkt neuartige Stoffsysteme für den Einsatz bei künstlichen Gelenken und Dentalprothesen.
Investitionen und Abschreibungen belasten Ergebnis in 2016
IBU-tec hat den Umsatz in den vergangenen drei Geschäftsjahren von 12,54 Mio. EUR (2014) um +41,47% auf 17,74 Mio. EUR gesteigert. Dabei stiegen die Einnahmen im Geschäftsjahr 2015 allerdings schon auf 16,60 Mio. EUR.
Das bedeutet, der Zuwachs in 2016 betrug lediglich +6,55% (Umsatz 2015 gemäß Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BilRUG: 16,65 Mio. EUR), während der Umsatzanstieg von 2014 auf 2015 mit +32,38% deutlich höher lag.
Das Ergebnis vor Steuern (EBT) stieg in den Jahren 2014 bis 2015 von 2,52 Mio. EUR um +79,37% auf 4,52 Mio. EUR an. Die EBT-Marge lag in 2014 bei 20% und in 2015 bei 27%. In 2016 fiel das EBT dann mit 4,07 Mio. EUR um -9,96% schlechter als im Vorjahr aus. Die EBT-Marge lag im abgelaufenen Jahr bei 23%.
Gleiches ist beim Gewinn nach Steuern abzulesen: Dieser stieg in den Jahren 2014 bis 2015 von 1,81 Mio. EUR signifikant um +73,48% auf 3,14 Mio. EUR. In 2016 sank der Gewinn um –9,24% auf 2,85 Mio. EUR.
Verantwortlich für den Ergebnisrückgang waren dabei vor allem die deutlich gestiegenen Investitionen und die dadurch erhöhten Abschreibungen. So investierte das Unternehmen z.B. in eine neue indirekte Drehrohrofenanlage inklusive Peripherie und Produktionshalle am Standort Weimar und in die Anschaffung des neuen Logistik- und Produktionsstandortes in Nohra.
Aktie nach fünf Börsentagen unterhalb der Erstnotiz
Wie eingangs bereits erwähnt, hat IBU-tec mit seinen Börsengang eher ein Pflichtprogramm als eine mitreißende Kür hingelegt. Eine solche hatte man ein paar Tage zuvor bei Aumann miterleben können.
Der Emissionspreis von 16,50 EUR bleibt sodann auch in den ersten Tagen an der Börse fast wie in Stein gemeißelt. Zwar ging das Papier von IBU-tec mit immerhin 17,10 EUR und damit mit einem Plus von +3,64% gegenüber dem festgelegten Zeichnungspreis in den Handel, doch die nächsten Stunden und Tage zeigten, dass kein Ansturm auf die Aktie erfolgen wird.
Sicherlich hat auch die ausgegebene Umsatz- und Gewinnprognose für 2017 Anleger dazu angehalten, erst einmal nicht einzusteigen: So geht das Unternehmen davon aus, dass der Umsatz in 2017 „nur“ im einstelligen Prozentbereich ansteigen wird.
Beim Gewinn vor Steuern (EBT) rechnet man unter anderem aufgrund erhöhter Abschreibungen und Personalkosten, dass dieser unter dem des Vorjahres (2016) von 4,07 Mio. EUR liegen wird. Die EBT-Marge wird dabei unter dem Durchschnitt der letzten sieben Jahre (20%) erwartet. In den letzten drei Jahren lag sie meist oberhalb dieser Benchmark.
Unserer Einschätzung nach kann IBU-tec bei einem aktuellen Börsenwert von 66,24 Mio. EUR (Kurs: 16,56 EUR) derzeit wenig an Argumenten für einen Kauf liefern.
Schaut man auf einige Kennzahlen wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) und das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), so spiegelt sich darin schon das „Problem“ der Aktie wider.
Weder ein KUV von 3,73 noch ein KBV von 4,43 deuten auf eine günstige Bewertung der Aktie hin. Hinzu kommt, dass für das laufende Jahr nicht mit großen Zuwächsen gerechnet wird.
Die entscheidende Frage ist, ob sich das in den nächsten Jahren ändern wird. Denn erst bei einer entsprechend positiven Umsatz- und Ergebnisentwicklung (Stichwort: Skalierbarkeit des Geschäfts) kann auch die Aktie für Anleger erst wieder interessant werden.
Mit Material von IBU-tec advanced materials AG