Die HanseYachts AG (ISIN: DE000A0KF6M8) wird sich im Zuge einer Portfoliooptimierung vom französischen Katamaran-Herstellers Privilège trennen. Mit einem Konsortium um den langjährigen Privilège-CEO Gilles Wagner hat der zweitgrößte Segelyacht-Hersteller der Welt eine Vereinbarung über ein Verkaufsrecht (Put-Option) zu einem symbolischen Preis getroffen. „Wir haben hier eine strategische Richtungsentscheidung getroffen und fokussieren zukünftig noch stärker auf unsere Kernmarken und die Innovationsführerschaft in diesen Segmenten“, erläutert HanseYachts-CEO Hanjo Runde im Exklusivinterview mit dem Nebenwerte-Magazin. Auf der Absatzseite sieht er HanseYachts in der „besten Zeit der Firmengeschichte“. Im Bereich Kapazität könne die Gesellschaft bis weit über das 200 Mio. Euro Umsatzziel hinaus mit den vorhandenen Werken produzieren. Wenn die noch vorhandenen Lieferketten-Probleme überwunden sind, stehe HanseYachts vor „sehr profitablen Zeiten“.
Herr Runde, HanseYachts steht vor dem Verkauf des französischen Katamaran-Herstellers Privilège. Warum passt Privilège nicht mehr ins HanseYachts-Portfolio?
Hanjo Runde: Wir fokussieren zukünftig noch stärker auf unsere Kernmarken und die Innovationsführerschaft in diesen Segmenten. Dies ist das Ergebnis eines sehr detaillierten Strategieprozesses. Grundsätzlich passte Privilège sehr gut in unser Portfolio. Privilège entwickelt und baut besonders seetüchtige Schiffe und passt damit produktseitig zu den als robust bekannten Hanse-Booten. Auch für Moody und Fjord ist die Markenpositionierung von Privilège ein guter Fit. Wir sind jedoch derzeit nicht mehr der beste Eigentümer dieser Werft an der französischen Altantikküste.
Privilège baut hochseetaugliche Luxus-Katamarane mit Verkaufspreisen von 1,5 bis 7 Mio. Euro. Nach der Rundumerneuerung der Produktpalette ist das Privilège-Auftragsbuch auf den historischen Höchststand von 57,4 Mio. Euro angewachsen. Welche weiteren Probleme – neben den bereits angesprochenen Themen Einkauf und Personalgewinnung, stehen dieser hohen Marktnachfrage gegenüber?
Hanjo Runde: In der Tat steht Privilège besser da als je zuvor. Die Produktpalette wurde erneuert, das französische Werk produziert inzwischen getaktet nach modernsten Methoden und hat eine Personalstärke erreicht, mit der Privilège in eine neue Umsatzdimension hineinwachsen kann. Die Herausforderung liegt derzeit noch in der Notwendigkeit einer weiteren Skalierung, um noch effizienter zu werden.
Sie sprechen von einem „symbolischen Verkaufspreis“. Gab es keine Alternative?
Hanjo Runde: Wir haben hier eine strategische Richtungsentscheidung getroffen. Der Zeitpunkt für einen Verkauf ist sicherlich nicht ideal, direkt nach einer Pandemie, mitten in Kriegszeiten und obendrein in einem herausfordernden Kapitalmarktumfeld. Zudem hat Privilège den Break-even noch nicht erreicht.
Welchen Einfluss auf die HanseYachts-GuV erwarten Sie durch den Privilège-Verkauf?
Hanjo Runde: Wir gehen davon aus, dass im Konzernabschluss für das maßgebliche Geschäftsjahr ein Einmalaufwand aus dem Abgang der der Gesellschaft zuzurechnenden Vermögenswerte und Schulden von ca. 1,5 bis 2,0 Mio. Euro auszuweisen sein wird. Der Umsatzanteil mit Katamaranen liegt im laufenden Geschäftsjahr 2021/2022 bei ca. sechs Prozent. Diesen Umsatzeinbußen ab dem Geschäftsjahr 2022/2023 stehen aufgrund der Trennung von Risiken jedoch zugleich positive Auswirkungen auf das HanseYachts-Konzernergebnis insbesondere im Geschäftsjahr 2022/2023 gegenüber. Mittelfristig wird die HanseYachts AG von diesem Schritt profitieren und dies wird sich auch in unserer GuV zeigen.
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HanseYachts hat die Preise vieler Modelle zuletzt deutlich angehoben, zum Teil um bis zu 30 Prozent. Wann werden sich diese Preiserhöhungen voraussichtlich in der Ergebnisentwicklung niederschlagen?
Hanjo Runde: Wir stehen vor einer Zeit mit profitablem Wachstum. Allerdings bauen wir derzeit auch noch an den Booten, die wir vor einem Jahr zu geringeren Preisen verkauft haben. Hinter diesen Booten stehen Endkunden und bei diesen stehen wir im Wort. Durch diese Zeit müssen wir uns noch durchproduzieren, bevor wir die Preiserhöhungen zeitnah auch in den Ergebnissen sehen.
Wie läuft es aktuell in der Produktion? Ist eine Besserung der Lieferketten-Problematik in Sicht?
Hanjo Runde: Die Lieferketten-Probleme und vor allem der Krankheitsstand im Personal verbessern sich langsam, aber stetig. Es sind inzwischen nur noch wenige Lieferanten, die verspätet liefern, aber darunter sind leider immer noch für den Bootsbau wichtige Zulieferer, z. B. für Motoren, Klimageräte und Polster.
Welche Pläne haben Sie für weitere Kapazitätsausweitungen?
Hanjo Runde: Im Bereich Kapazität können wir bis weit über unser 200 Mio. Euro Umsatzziel hinaus mit den vorhandenen Werken produzieren. Zudem haben wir ein weiteres, an unser Werk in Polen grenzendes Grundstück erworben und könnten dort nahtlos die Kapazität weiter aufstocken.
Sie sind am 1. Oktober 2021 als Vorstandsvorsitzender der HanseYachts AG auch mit den Vorsätzen angetreten, die Unternehmenskultur weiterzuentwickeln und dem Thema Innovation einen noch höheren Stellenwert zu geben. Welche Impulse konnten Sie in diesen Bereichen bereits setzen?
Hanjo Runde: Wir haben im ersten Schritt unseren Purpose (Anmerkung der Redaktion: Zweck) definiert. Wir schaffen Unabhängigkeit in ihrer schönsten Form, damit die Faszination zum Wasser grenzenlos bleibt. Kurz: Wir erfüllen Lebensträume. Das ist es, was wir wirklich tun.
Hieraus abgeleitet haben wir unser Zielbild einer mitarbeiterorientierten und wertschätzenden, aber eben auch leistungsorientierten Unternehmenskultur. Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung unserer Unternehmenskultur meine wichtigste Aufgabe darstellt und genauso viel Achtsamkeit verdient wie die Entwicklung und Umsetzung der Strategie Confidence 2025. Unsere Strategie haben wir im Detail erarbeitet und hier klare Projektpläne vor allem zur Innovationsführerschaft, Digitalisierung und Produktivität festgelegt. Vor allem werden wir unsere Kernmarken noch mehr als bisher auf Innovationen und Wachstum ausrichten. Hanse hat einen klar definierten Weg und diesen gehen wir mit Selbstbewusstsein.
Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf das am 1. Juli startende Geschäftsjahr 2022/2023? Wird HanseYachts dann auch am Kapitalmarkt wieder positive Schlagzeilen produzieren können?
Hanjo Runde: Wir haben aktuell ein Rekord-Auftragsbuch in Höhe von mehr als 272 Mio. Euro, ein knappes Drittel davon entfällt allein auf die neuen Modelle aus 2021. Das zeigt, wie erfolgreich wir derzeit Innovationen platzieren und wie gut diese vom Markt angenommen werden. Somit sehen wir uns auf der Absatzseite in der besten Zeit der Firmengeschichte, die immerhin bis in das Jahr 1991 zurückreicht. Wir haben noch nie Aufträge in dieser Größenordnung annehmen dürfen und auch die Verkaufspreise bewegen sich auf Rekordniveau.
Die überdurchschnittlichen Krankheitsquoten aus der Pandemie-Phase scheinen schon heute überwunden und ich hoffe sehr, dass wir dieses Thema damit abgeschlossen haben. Einzig die Lieferketten sind noch nicht auf dem Level von früher. Wann immer auch das hinter uns liegen wird, brechen für HanseYachts sehr profitable Zeiten mit hohen Wachstumsraten an. Aber schon auf dem Weg dahin treten Monat für Monate weitere Verbesserungen in der Belieferung auf und die Preissteigerungen werden auch in der Produktion realisiert. Entsprechend zuversichtlich bin ich, dass HanseYachts auch am Kapitalmarkt in den nächsten Jahren wieder vermehrt positive Schlagzeilen produzieren kann.
Herr Runde, vielen Dank für das Interview.
Hanjo Runde | Vorstandsvorsitzender (CEO) der HanseYachts AG
Nach seinem Studium an der ETH Zürich und der Harvard Business School leitete Hanjo Runde verschiedene Bereiche in Sales, Marketing und Supply Chain bei der Hilti Gruppe und bei Airbus. Herr Runde, Jahrgang 1979, war zuletzt als Geschäftsführer des Premium-Küchenherstellers SieMatic tätig und übernahm im Oktober 2021 den Vorstandsvorsitz der HanseYachts AG.
Kurzinfo zum Unternehmen
Die HanseYachts AG ist der zweitgrößte Segelyacht-Hersteller der Welt, gemessen an der Anzahl der jährlich in Serie gefertigten Yachten. Bei Katamaranen und Motoryachten gehört das Unternehmen jeweils zu den Top-10-Herstellern weltweit. Die HanseYachts AG betreibt unter dem Dachnamen „HanseGroup“ die Segelyachtmarken Hanse, Dehler, Moody, Privilège sowie die Motoryachtmarken Sealine, Fjord und Ryck. Über 40 verschiedene Modelle bilden eines der modernsten und vielfältigsten Freizeityacht-Angebote auf dem Markt. Am Standort Greifswald werden in unmittelbarer Nähe zur Ostsee Premiumyachten – Made in Germany – hergestellt und in über 100 Länder exportiert. Seit 2007 ist die HanseYachts AG börsennotiert (General Standard).
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