Evotec Aktionäre sturmfest? Steuermann von Bord. Tiefrote Vorzeichen im Vorhandel. Und weiter…

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Evotec ist ein Wissenschaftskonzern mit einem einzigartigen Geschäftsmodell, um hochwirksame Medikamente zu erforschen, zu entwickeln und für Patienten verfügbar zu machen.

Evotec – gestern zum XETRA-Schluss um 17:30 Uhr eine der wenigen Aktien in grün, plus 1,95% auf 21,42 EUR. Und dann nachbörslich bei Tradegate um 22:26 Uhr MINUS 7,17% auf 19,475 EUR. Was ist zwischenzeitlich passiert? Um 18:29 Uhr meldete man aus Hamburg: „Evotec gibt CEO-Wechsel bekannt“. Wumms.DAS Gesicht der Hamburger Biotechschmiede scheidet aus. Dr. Werner Lanthaler prägte seit knapp 15 Jahren an der Spitze der Evotec SE den Aussenauftritt und die Strategie des stark gewachsenen Konzerns. Beim Hamburger Biotech ging es in den letzten Monaten darum, ob die Kapitalmärkte wieder Vertrauen in die Wachstumsperspektiven gewinnen können – nach dem desaströsen Cyberangriff und dem Scheitern des Bayer Hoffnungsträgers Eliapixant im Vorjahr.

Steuermann geht von Bord – hört sich nach sehr persönlichen Gründen an.

Dr Werner Lanthaler
Dr Werner Lanthaler

Evotec gab gestern Abend bekannt, dass CEO Dr. Werner Lanthaler dem Unternehmen mitgeteilt habe, dass er nach fast 15 Jahren bei Evotec aus persönlichen Gründen seinen Vertrag nicht bis zum Ende der aktuellen Laufzeit (März 2026) erfüllen werde. Hierbei werde Dr. Werner Lanthaler eine „reibungslose und schnelle Übergabe laufender Projekte in den kommenden Wochen unterstützen“. Er werde dem Aufsichtsrat des Unternehmens weiterhin als strategischer Berater zur Verfügung stehen, insbesondere bei den Aktivitäten des Unternehmens, die einen besseren Zugang zu Medikamenten in Afrika und weniger entwickelten Ländern in Asien unterstützen.

Suche nach Neuem gestartet, Interim übernimmt – keine operativen Gründe.

Der Aufsichtsrat hat eine interne sowie externe Suche für einen dauerhaften CEO eingeleitet. Zwischenzeitlich hat Dr. Mario Polywka, aktuell Mitglied des Aufsichtsrats und früherer COO von Evotec, zugestimmt das Amt als CEO interimistisch zu übernehmen. Das Unternehmen sieht sich auf einem starken Pfad, insbesondere auf der Grundlage seiner Technologien für Paradigmenwechsel wie PanOmics, iPSC und Just – Evotec Biologics. Dies stelle eine der stärksten Wirkstoffforschungs- und ‑entwicklungsplattformen in der Industrie dar. UND WICHTIG zur Beruhigung der durch den plötzlichen CEO-Rücktritt verunsicherten Anleger: „Evotec bestätigt die Unternehmensprognose für 2023 wie in der Zwischenmitteilung 9M am 8. November 2023 bekanntgegeben.

Dr. Werner Lanthaler, kommentierte: „Nach einem extrem herausfordernden und sowohl körperlich als auch insgesamt erschöpfenden Jahr 2023, sowie nach eingehender Reflektion in den vergangenen Wochen und in das neue Jahr blickend, bin ich zu dem Entschluss gelangt, als CEO zurückzutreten, da ich dem Unternehmen in den nächsten Jahren nicht bestmöglich dienen kann. Das Unternehmen ist in einer sehr starken Position und die Teams leisten und leiten eine hervorragende Arbeit, die sicherstellt, dass die Umsetzung unserer langfristigen Strategie planmäßig verläuft. Mit PanOmics-gestützter Wirkstoffforschung, iPSCs und Just – Evotec Biologics ist das Unternehmen für eine langfristige globale Führungsrolle und Erfolg aufgestellt.

Anmerkung: Formulierungen wie „erschöpfenden Jahr 2023“ – „Reflektion“ – „nicht bestmöglich dienen“ – spricht für sehr persönliche Rücktrittsgründe.

Ich möchte all meinen Kolleg:innen, Freunden, Partnern und Investoren, sowie meinen Management Teams und dem Aufsichtsrat für eine wundervolle und inspirierende Zeit danken. Dies ist erst der Anfang vom Aufbau DES weltweit führenden Unternehmens für externe Innovation und ich bin überzeugt, dass wir alle gemeinsam einen bereits großartigen Start hingelegt haben. Bevor ich in ein neues unternehmerisches Kapitel aufbreche, werde ich in den nächsten sechs bis neun Monaten ein Sabbatical machen, um mich in Themen, die sich auf radikale technologische und politische Veränderungen konzentrieren, weiterzubilden.“

Prof. Dr. Iris Löw-Friedrich, Vorsitzende des Aufsichtsrats von Evotec sagte: „Im Namen der Aufsichtsratsmitglieder und aller Menschen bei Evotec möchte ich Werner meinen aufrichtigen Dank für seine einzigartige Vision und die vielen wichtigen Erfolge in den vergangenen beinahe 15 Jahren aussprechen. Gemeinsam mit den ebenso engagierten wie kompetenten Teams bei Evotec hat er eine hoch angesehene Innovationsplattform für die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente gestaltet. Als Werner zu Evotec kam, war das Unternehmen in einer sehr schwierigen Situation. Seither hat er ein Geschäftsmodell etabliert, das heute einzigartig in der Branche ist. Wir respektieren seine Entscheidung, bleiben in Kontakt und wünschen ihm alles Gute für seine Zukunft.“

Dr. Lanthaler vermittelte immer den Eindruck, das Steuer im Griff zu haben.

Hamburger nach Cyberattacke zurück auf Erfolgspfad? Bei Evotec SE (FISIN: DE0005664809) sieht es sowieso kurstechnisch wenig rosig aus. Und trotzdem sehen viele die Aktie immer noch als sehr hoch bewertet und sind eher in einer abwartenden Haltung, ob aus den über 100 Kooperationen/Partnerschaften wirklich einige Zulassungen letztendlich „herauskommen“ können. Der überraschende Rücktritt sollte zumindest in den nächsten Tagen Thema für den Kapitalmarkt sein. Und die nachbörsliche Kursschwäche bestätigt die klare Indentifizierung der Evotec mit ihrem CEO. Zuletzt wirkte der CEO elanvoll wie immer. Licht in die von den negativen Auswirkungen der Cyberattacke in diesem Jahr – auf Zeitpläne und ganz konkret auf Umsatz- und Gewinnentwicklung in 2023 – geprägte Meinungslandschaft versuchte der CEO Dr. Werner Lanthaler zuletzt auf dem EKF in Frankfurt zu bringen.

„Pipelines“-bauen. Und das mit neuen Ansätzen, neuen Lösungswegen für die Bekämpfung von Krankheiten.
Mit mehr als 4.000 Wissenschaftlern biete man der Pharmaindustrie ein Brain-Potential zur Nutzung. Plattformbasiert sieht Dr. Lanthaler Evotec mit mehr als 30 Jahren track-record seine „Firma“ der Konkurrenz weit voraus. Mehr als 60% aller Wirkstoffe scheitern bereits in der Phase I der klinischen Studien – nach 4-6 Jahren ein Totalverlust. Hier sieht Evotec sein Geschäftsmodell als „Gegenmittel“ – als kosteneffiziente Alternative zu eigenen R&D-Aktivitäten der einzelnen Big Pharmas.

Antwort Evotecs führt zum Konzept der Co-owned projects – mehr als 140 derzeit, wovon bereits 18 in klinischen Studien sind. Ein Potential im zweistelligen Mrd EUR Bereich – und 15 bis 20 neue Projekte kommen jedes Jahr bei Evotec hinzu. Was natürlich auch das Scheitern einzelner Projekte – was „selbstverständlich“ ist, siehe die 60% Quote bereits in Phase I – relativiert. Was auch die Eliapaxant-Pleite relativiert.

Folie zur Präsentation Dr. Werner Lanthalers auf dem EKF2023, 27.11.2023
Dr. Lanthaler lebte Evotec – datenbasierte Ansätze als effiziente Lösung für die Pharmas, die unter auslaufenden Patenten leiden.

Und mit Just – Evotec Biologics (Biologica-Produktion in Mengen von wenigen KG bis zu mehreren Tonnen) biete Evotec eine weitere Wachstumsstory im Konzern – Verkäufe explodierten bereits auf 850 Mio EUR bis zum November 2023. Erreicht wurde das mit einem Ansatz, der erst 2019 Gestalt annahm – mit mittlerweile zwei innovativen Produktionsstandorten in USA (Redmond) und in der EU (Toulouse). Dann zum Cyberangriff: Nach dem Q2/2023 Komplett-Shut-Down wegen der Cyberattacke sieht Dr. Lanthaler Evotec aufgrund des robusten Orderbuchs in 2024 die Folgen dieses „Unfalls“ egalisiert. Story lebt – klare Botschaft Dr. Lanthalers in Frankfurt. Natürlich kamen auch Nachfragen zur Cyberattacke – „make the company more resilient“ aufgrund der Attacke. Seine im Bereich EDV/Software „better than ever equipped“ Gesellschaft sollte gestärkt in 2024 höheres Wachstum liefern können und einiges an Verlusten aus 2023 aufholen können.

Analysten stehen auf der BUY-Seite bei der Evotec – zumindest bis Gestern 18:25 Uhr. Sollte sich aber nicht ändern, oder?

Von den 9 covernden Analysten sehen 6 die Evotec Aktie als klaren KAUF, einer spricht von AUFSTOCKEN und zwei sehen wenigstens eine HALTE-Position. Es gibt keine Verkaufseinstufung und das mittlere Kursziel beträgt 26,46 EUR. Viel Potential dahin – zum höchsten Kursziel bei 34,00 EUR sind es sogar 58,73 % und das niedrigste Kursziel mit 18,60 EUR liegt 13,17% unter dem XETRA-Schluss von Gestern. Potential bei den Profis gesehen – aber die Kurse machen nicht immer das, was die Profis sagen…

Und die Shortpositionen?

Seit dem Short Squeeze und der damaligen Kursexplosion der Evotec über 42,00 EUR im November 2021 ist Evotec für die Shortseller eher vorsichtig angegangen worden. Und mit 1,21% meldepflichtigen Shortpositonen ist das Engagement gegen den Hamburger Biotech eher niedrig einzustufen – hohe Erwartungen auf weiter fallende Kurse also derzeit nicht vorrangiges Thema.

Nel – verpasst man die aufkommende Dynamik des Wasserstoffzeitalters? In der Reihe „Verlierer 2023, Gewinner 2023“ geht es in Teil 1 um die Norweger.
Aktuell scheint sich die Aktie wieder etwas zu berappeln – Erholungstendenz klar erkennbar. Wie weit das trägt? Mal schauen. Der Auftritt auf dem EKF2023 hat auf jeden Fall nicht geschadet. Auch wenn grosse Überraschungen, erwartungsgemäss, ausblieben. Und es bleibt dabei: Cyberattacke und deren desaströse – einmalige – Wirkung auf die Bilanzzahlen 2023 hinterlässt bei einigen Kapitalmarktteilnehmern ein gewisses Missbehagen gegenüber der Evotec. Es gilt: Beinahe ein verlorenes Jahr für die Hamburger – sollte sich nicht wiederholen…
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