Bevor der Blick auf die wirtschaftlichen Erfolge des vergangenen Jahres fällt, steht ein Ereignis im Vordergrund, das alles andere als geschäftlich ist: Der tragische Zwischenfall rund um die MS Solong erschütterte nicht nur das Unternehmen, sondern auch die gesamte Branche. Die Ernst Russ AG spricht der gesamten Besatzung und insbesondere den Angehörigen des vermissten Crewmitglieds ihr tiefstes Mitgefühl aus. „Unser besonderes Mitgefühl gilt der Familie des vermissten Besatzungsmitglieds“ – ein Satz, der in seiner Tragweite weit über Bilanzkennzahlen hinausgeht. Trotz aller Bemühungen wird die betroffene Person weiterhin vermisst und es wird befürchtet, dass sie bei dem Vorfall ums Leben kam. Die ER-Gruppe arbeitet eng mit den zuständigen Behörden zusammen, um die Ermittlungen aktiv zu unterstützen und ökologische Schäden einzudämmen.
In stürmischer See Kurs gehalten – Die Bilanz 2024 überzeugt
Trotz eines global angespannten wirtschaftlichen Umfelds, das von geopolitischen Unsicherheiten, regionalen Konflikten und handelspolitischen Spannungen geprägt war, konnte die ER-Gruppe ein starkes Geschäftsjahr 2024 verbuchen. Die inflationsbedingten Belastungen nahmen zwar weltweit ab, doch die Rahmenbedingungen für die internationale Schifffahrt blieben volatil. Und dennoch: Die getätigten Investitionen in eine zukunftsfähige Flottenstrategie zahlten sich aus. Auch das nachhaltige Beschäftigungskonzept erwies sich als resilienter Erfolgsfaktor.
Das operative Ergebnis fiel deutlich positiv aus. Mit einem Konzernergebnis nach Steuern und vor Minderheiten in Höhe von 71,8 Millionen Euro unterstreicht die ER-Gruppe ihre robuste finanzielle Leistungsfähigkeit. Besonders bemerkenswert ist der deutliche Anstieg der Liquidität: Zum 31. Dezember 2024 lag diese um 43,4 Millionen Euro höher als im Vorjahr – ein klarer Beleg für den starken operativen Cashflow. Trotz einer Dividendenausschüttung in Höhe von 32,5 Millionen Euro reduzierte sich die Eigenkapitalquote nur leicht von 76,4 auf 75,0 Prozent. Stabilität sieht anderswo anders aus.
Solide Aussichten trotz unsicherem Umfeld – Die Prognose für 2025
Mit Blick auf das Geschäftsjahr 2025 bleibt die Ernst Russ AG vorsichtig optimistisch. Die konsolidierten Umsatzerlöse sollen sich in einer Spanne zwischen 147,0 und 167,0 Millionen Euro bewegen – ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr (172,7 Millionen Euro), der auf Marktveränderungen im Schifffahrtssektor zurückzuführen ist. Dennoch: Das EBIT aus dem operativen Schiffsbetrieb – ohne Sondereffekte aus Schiffsverkäufen – wird zwischen 43,0 und 73,0 Millionen Euro erwartet (2024: 65,8 Millionen Euro).
Ein starkes Plus ergibt sich durch strategische Verkäufe: Bereits in den ersten Monaten 2025 wurden zwei Schiffe mit einem satten Gewinn von insgesamt 32,0 Millionen Euro veräußert (2024: 1,9 Millionen Euro aus einem Verkauf). Damit erhöht sich die Bandbreite des erwarteten Betriebsergebnisses inklusive Schiffsverkäufen auf 75,0 bis 105,0 Millionen Euro – ein beeindruckender Sprung.
Klare Strategie für mehr Schlagkraft – Fokus auf Portfoliooptimierung
Die Ernst Russ AG bleibt ihrer strategischen Linie treu und trennt sich konsequent von Minderheitsbeteiligungen, die keine langfristige Perspektive mehr bieten. Ziel ist es, die komplexen Beteiligungsstrukturen im Schiffsportfolio zu verschlanken und durch effizientere Strukturen eine höhere Kapitalmarktfähigkeit zu erreichen. Transparenz, Effizienz und Investorenfreundlichkeit stehen dabei ganz oben auf der Agenda. Geplant ist zudem der Ausbau der Investor-Relations-Aktivitäten, um die Kapitalmarktkommunikation weiter zu professionalisieren und Anleger noch gezielter anzusprechen.
Fazit: Ein Unternehmen, das selbst im Sturm den Kurs hält
Trotz einer tragischen Zäsur und geopolitisch fordernden Rahmenbedingungen zeigt die Ernst Russ AG, wie Widerstandskraft und unternehmerische Weitsicht auch in schwierigen Zeiten Wachstum ermöglichen. Der Vorschlag zur Hauptversammlung am 23. Mai 2025, eine Dividende von 0,20 Euro je Aktie auszuschütten, unterstreicht die finanzielle Stärke und die Aktionärsorientierung des Unternehmens. Ein Signal, das weit über die maritime Branche hinaus Beachtung finden dürfte.