Wie viele andere Technologie- und E-Commerce-Werte verbuchte auch die Aktie der elumeo SE (ISIN: DE000A11Q059) in den vergangenen Monaten deutliche Kursverluste. Doch jetzt gibt es Hoffnung auf eine Stabilisierung und eine Trendwende für den Aktienkurs. Denn operativ läuft es wieder besser, wie elumeo-CEO Florian Spatz im Exklusiv-Interview mit dem Nebenwerte-Magazin erläutert: „Wir haben den Umsatzrückgang in der zweiten Hälfte des zweiten Quartals stoppen können und im Juni bei unserem Geburtstagsevent im Web sogar ein Rekordergebnis erzielt.“ Und CFO Dr. Riad Nourallah zeigt sich zuversichtlich, dass elumeo die Serie von neun positiven Quartalsergebnissen in Folge fortsetzen und „auch in Q3 und in Q4 ein positives Bereinigtes EBITDA ausweisen kann“. Die elumeo-Aktie ist jetzt wieder einen Blick wert.
Herr Spatz, Sie wurden am 13. Mai 2022 zum neuen Chief Executive Officer der elumeo SE bestellt, waren zuvor bereits als Chief Sales Officer und geschäftsführender Direktor der Gesellschaft tätig. Was hat sich durch die neue Position für Sie persönlich geändert?
Florian Spatz: Ich bin dankbar für das Vertrauen, das mir vom Verwaltungsrat der elumeo SE sowie den Kolleginnen und Kollegen seit Jahren entgegengebracht wird. Bereits seit über einem Jahr wurde ich an die Rolle des CEO herangeführt, sodass sich am 13. Mai für mich keine radikalen Änderungen ergeben haben. Trotzdem ist so etwas ein besonderer Moment – unter anderem auch deswegen, weil ich zur elumeo SE eine besondere emotionale Verbundenheit empfinde. Bereits während meines Studiums habe ich hier als Werksstudent im Sales-Bereich gearbeitet. Es ist für mich daher eine besondere Freude, nun die Gesamtverantwortung für diesen Konzern zu tragen.
Sie haben die CEO-Position in einem herausfordernden Umfeld übernommen. Das Geld der Konsumenten sitzt nicht mehr so locker.?
Florian Spatz: Die Zeiten sind in der Tat turbulent. Mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat sich die Käuferstimmung schlagartig verschlechtert. Der Konsumklimaindex der GfK hat im Mai 2022 ein Rekordtief gemessen – seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991 gab es keinen schlechteren Wert. Insbesondere auf Branchen wie unsere, die keine Produkte für den alltäglichen Bedarf vertreiben, hatte dies deutliche Umsatzrückgänge zur Folge. Umso wichtiger war es, direkt zu reagieren.
Was haben Sie konkret unternommen?
Florian Spatz: Dank unserer engen Zusammenarbeit mit lokalen Manufakturen konnten wir schnell erforderliche Anpassungen in unserem Produktangebot vornehmen. Wir haben im zweiten Quartal 2022 drei neue Brands ins Angebot genommen, die alle deutlich überdurchschnittliche Verkaufsleistungen erzielt haben. Außerdem haben wir durch Kostenreduktionen, z. B. durch die Neuaufstellung unseres italienischen TV-Geschäfts, unser Ergebnis verbessern können.
Diese Neuaufstellung des TV-Geschäfts in Italien hat Ihnen im ersten Halbjahr 2022 aber auch Umsatz „gekostet“. Was haben Sie konkret geändert?
Florian Spatz: Vor der Neuaufstellung haben wir in Italien einen eigenen 24-Stunden-Fernsehsender betrieben. Das war mit entsprechend hohen Fixkosten verbunden. Aufgrund der erheblichen Umsatzrückgänge nach Ausbruch des Krieges haben wir beschlossen, den eigenen 24h-Sender aufzugeben und stattdessen attraktive Zeitslots auf anderen Kanälen zu buchen. Das hat zum einen den Vorteil, dass wir unsere Reichweitekosten deutlich verringern konnten. Zum anderen sind wir nun flexibler und können je nach Geschäftsverlauf Sendezeiten hinzubuchen oder abbestellen.
Im ersten Halbjahr 2022 waren die Erlöse um knapp 10 Prozent rückläufig. Für das Gesamtjahr 2022 erwarten Sie unverändert einen Umsatzrückgang im einstelligen Prozentbereich. Gibt es bereits Anzeichen dafür, dass sich der Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr verlangsamt bzw. sogar gestoppt werden kann?
Florian Spatz: Das aktuelle Marktumfeld ist von großen Unsicherheiten geprägt, insofern ist es derzeit besonders schwierig, konkrete Prognosen zum weiteren Jahresverlauf zu tätigen. Doch es gibt Indikationen, die zuversichtlich stimmen können: So haben wir den Umsatzrückgang in der zweiten Hälfte des zweiten Quartals stoppen können und im Juni einen sehr erfolgreiches Geburtstagsevent – vergleichbar mit dem Amazon Prime Day – verbucht. Die dabei realisierten TV-Umsätze waren fast auf Vorjahresniveau, im Web ist sogar ein Rekordergebnis erzielt worden.
Herr Nourallah, trotz des deutlichen Umsatzrückgangs hat elumeo das zweite Quartal mit dem neunten positiven Quartalsergebnis in Folge abgeschlossen. Welche Rolle spielten dabei die im ersten Quartal eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen?
Riad Nourallah: Wir führen ein konsequentes Kostencontrolling: Trotz der intensiven Investitionen in Sales und Entwicklung in unsere Video-Shopping-App jooli ist es uns gelungen, durch unsere konsequente Digitalisierungsstrategie die Personalaufwendungen im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vergleichszeitraum leicht zu senken. Weiterhin verfolgen wir unsere Strategie der Optimierung der Reichweitekosten, diese konnten wir um 8,3 Prozent senken. Und auch die kanalspezifische Optimierung unserer Marketingkosten hatte einen positiven Ergebniseffekt.
Rechnen Sie auch in Q3 und Q4 mit einem positiven Quartalsergebnis auf Bereinigter-EBITDA-Basis, sprich einer Fortsetzung der Serie? Oder ist für eine solche Aussage die Visibilität aktuell zu gering?
Riad Nourallah: Wie bereits angesprochen, erwarten wir für das Gesamtjahr 2022 eine weiterhin hohe Volatilität in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung der Covid-19-Pandemie sowie der derzeit ungewissen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Das gilt insbesondere für mögliche negative Auswirkungen auf das Vertrauen der Kundinnen und Kunden in den elumeo Märkten, für ungünstige Wechselkurse und eine erhöhte Inflation. Dennoch sind wir zuversichtlich, auch in Q3 und in Q4 ein positives Bereinigtes EBITDA ausweisen zu können.
Mit der im zweiten Quartal 2021 in Deutschland gelaunchten Video-Shopping-App jooli sind Sie inzwischen auch in Indien und den USA aktiv. Sie sprechen von einer „Entwicklung über den Erwartungen“. Könnten Sie hier etwas konkreter werden?
Florian Spatz: Insbesondere bei der Skalierbarkeit, also bei der Fähigkeit, Kanäle und Nutzer zu immer günstigen Kosten zu akquirieren, haben wir große Fortschritte erzielt und konnten die Kosten pro neuem Kanal in Indien von ursprünglich rund 400 Euro auf jetzt knapp 100 Euro signifikant senken. Diese Entwicklung ist für uns besonders wichtig, um für den Vorschlagsalgorithmus ausreichend Volumen zu haben.
Für die Weiterentwicklung von jooli haben Sie im ersten Halbjahr 2022 rund 0,9 Mio. Euro investiert. Wie sehen die weiteren Planungen aus? Werden sich die Aufwendungen im zweiten Halbjahr bzw. im kommenden Jahr in ähnlicher Größenordnung bewegen?
Riad Nourallah: Durch die erzielten Verbesserungen bei der Skalierbarkeit und der operativen Performance können wir unsere Ziele im zweiten Halbjahr mit reduzierten Kosten erreichen und gehen daher von geringeren Aufwendungen im Bereich von rund 0,6 bis 0,7 Mio. Euro aus.
Können Sie die weitere Expansion des Kerngeschäfts sowie von jooli aus eigener Kraft stemmen?
Riad Nourallah: In unserer Strategie ist fest verankert, die Option zu besitzen, die weitere Expansion des Kerngeschäfts als auch von jooli aus eigener Kraft zu stemmen. Ein positives Zeichen ist es auch, dass die Eigenkapitalquote des Konzerns im ersten Halbjahr von 49,2 Prozent auf 51,8 Prozent gestiegen ist und damit erstmals seit dem vierten Quartal 2018 den Zielwert von 50 Prozent übertroffen hat.
Wie die Mehrheit der e-Commerce-Werte hat auch die elumeo-Aktie im laufenden Jahr deutlich an Wert eingebüßt. Und was muss passieren, damit Investoren wieder verstärkt zugreifen?
Florian Spatz: Grundsätzlich ist die Bewertung der Aktie natürlich dem Kapitalmarkt überlassen. Gemessen an der aktuellen operativen Performance der elumeo insbesondere der relativen Stärke im Peer-Group-Bereich und dem Potenzial von Videoshopping kann man aber durchaus feststellen, dass die Aktie aktuell relativ günstig zu haben ist. Wir kommunizieren transparent mit unseren Aktionären und potenziellen Investoren, konzentrieren uns aber im Wesentlichen auf weitere Fortschritte im operativen Geschäft und sind zuversichtlich, dass der Kapitalmarkt diese mittelfristig auch honorieren wird.
Herr Spatz, Herr Nourallah, vielen Dank für das Interview.
Dr. Riad Nourallah | Chief Financial Officer
Dr. Riad Nourallah, geboren am 21. März 1981 in Simferopol, Ukraine, Staatsangehörigkeiten deutsch und russisch, ist geschäftsführender Direktor der elumeo SE.
In der Zeit von 2018 bis 2019 war Herr Dr. Nourallah bereits als Head of Controlling & Business Intelligence für die elumeo SE tätig. Nach ersten Berufserfahrungen bei PricewaterhouseCoopers arbeitete Herr Dr. Nourallah von 2011 bis 2015 im Controlling für die Tchibo Gruppe in Hamburg und Moskau, zuletzt als Head of Shop in Shop Analytics.
Dr. Riad Nourallah studierte von 2001 bis 2005 Betriebswirtschaftslehre an der FU Berlin, während des Studiums war er Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. 2011 promovierte er an der Europa Universität Viadrina und an der Kasaner Föderalen Universität und war Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.
Florian Spatz | Chief Executive Officer
Florian Spatz, geboren am 15. März 1990 in Santiago de Chile, Chile, Staatsangehörigkeit deutsch, ist geschäftsführender Direktor der elumeo SE. Er ist zuständig für die Steuerung und Entwicklung der Sales-Aktivitäten der Gruppe.
Zuvor war Herr Spatz als Leiter eCommerce bereits für die Onlineverkäufe der Gruppe verantwortlich. Unter seiner Führung konnte der Ergebnisbeitrag der Webshops erheblich gesteigert werden.
Von 2014 bis 2018 übernahm Herr Spatz als Business Development Manager bei elumeo SE die Leitung verschiedener Projekte in den Bereichen Sales, eCommerce und Marktforschung. Davor sammelte er Berufserfahrungen bei der Deutschen Bahn AG im Bereich Strategie und Regulierungsmanagement.
2014 schloss Herr Spatz sein deutsch-französisches Doppelmaster-Studium an der Sciences Po Paris und der Freien Universität Berlin ab. Bereits während seines Studiums war Herr Spatz als Producer für die Juwelo Deutschland GmbH tätig und am Aufbau der Aktivitäten im italienischen Markt beteiligt. Für sein unternehmerisches Engagement bei Juwelo wurde er vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dem Deutschlandstipendium ausgezeichnet.
Über die elumeo SE
Die elumeo Gruppe mit Sitz in Berlin ist das führende europäische Unternehmen im elektronischen Direktvertrieb von hochwertigem, Edelsteinschmuck. Über eine Vielzahl von elektronischen Vertriebskanälen (TV, Internet, Smart TV und Smartphone-App) bietet das börsennotierte Unternehmen seinen Kunden insbesondere farbigen Edelsteinschmuck zu günstigen Preisen an. Die elumeo Gruppe betreibt Homeshopping-Fernsehsender in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien sowie Webshops in Deutschland, Österreich, Schweiz, Großbritannien, Italien, Frankreich, den Niederlanden, Spanien und Belgien. Die elumeo Gruppe betreibt mit ihrer 100%igen Tochtergesellschaft die KI-gesteuerte Video-Shopping-App jooli.com
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