DEFAMA – Gespräche zum Jahresende. Mittlerweile eine spannende Historie einer erfolgeich und konsequent umgesetzten Strategie -seit unserem ersten Interview mit Matthias Schrade, dem CEO, Gründer und Hauptaktionär der DEFAMA, veröffentlicht am 09.11.2018, bei einem Aktienkurs von 12,10 EUR (Schlusskurs Frankfurt) wird klar: Die Entwicklung des Unternehmens mit klarer Strategie und konsequenter „Sachorientierung“ trägt eindeutig die Handschrift des CEO’s. 2019er Interviews, Jahresrückblick 2020 des DEFAMA CEOund in 2021 – und mit Optimismus der Blick zurück und voraus von Matthias Schrade:
Same procedure as every year mit der DEFAMA AG. Es ist ja fast schon eine Tradition, mit Ihnen die Entwicklung der DEFAMA Deutsche Fachmarkt AG (ISIN: DE000A13SUL5) im „endenden“ Jahr zu betrachten. Was ist seit unserem Gespräch im Dezember 2021 bei der DEFAMA passiert?
Das „fast“ können wir glaube ich inzwischen weglassen (lacht). Wir haben zwölf Immobilien für insgesamt 29 Mio. Euro gekauft, eine Kapitalerhöhung durchgeführt, unsere Objekte Sonnefeld und Löwenberg jeweils mit schönen Gewinnen veräußert, mehrere Umbaumaßnahmen abgeschlossen – unter anderem für Penny in Hamm, Futterhaus in Gardelegen und Norma in Sonnefeld – sowie etliche weitere bedeutende Mietverträge geschlossen bzw. verlängert, darunter mehrere unserer größten. Klingt ähnlich wie im letzten Jahr, aber eben mal wieder auf gestiegenem Niveau bei allen Kennzahlen.
Wie sieht derzeit der Planerfüllungsgrad für ihre „DEFAMA 2025“-Planung aus? Es gab dieses Jahr eine Anpassung ihrer Planungen. Wie sieht diese Anpassung aus und warum war sie „notwendig“?
Nachdem sich schon im letzten Jahr abgezeichnet hatte, dass wir schneller wachsen konnten als ursprünglich geplant, hat sich dies im ersten Halbjahr 2022 fortgesetzt. Und da war es dann irgendwie nicht mehr so richtig glaubwürdig, dass wir noch volle drei Jahre brauchen würden, um die verbliebene Lücke zu den Zielen zu schließen. Beim Portfoliowert haben wir das untere Ende der gesteckten Bandbreite ja schon fast erreicht und auch beim annualisierten FFO sind wir nicht mehr sehr weit weg. Da mussten wir die Latte für uns selbst ein Stück höher legen.
Bisher lagen die Zielwerte bei einem Portfoliowert von 260 bis 300 Mio. Euro, annualisierten Mieterträgen von 24 Mio Euro sowie einem FFO von 11 Mio Euro bzw. 2,50 Euro je Aktie. Wir gehen jetzt davon aus, dass der Portfoliowert von aktuell gut 250 Mio. Euro bis Ende 2025 auf mindestens 350 Mio. Euro wächst. Dazu streben wir annualisierte Mieterträge des Portfolios von 28 Mio. Euro an. Dies soll zu Funds From Operations (FFO) von mindestens 13 Mio Euro bzw. über 2,70 Euro je Aktie führen.
Gleichzeitig erhöhten Sie die Prognose für 2022? Und dann kurz vor Weihnachten sogar noch ein zweites Mal?
Richtig. Schon im ersten Halbjahr hatten wir einen Vertrag zur Veräußerung über das Objekt Sonnefeld geschlossen, allerdings unter verschiedenen aufschiebenden Bedingungen – unter anderem dem Abschluss der Erweiterung für Norma, in dessen Zusammenhang noch ein Nachtrag zum Mietvertrag zu schließen war. Vor diesem Hintergrund konnten wir damals noch nicht offenlegen, um welches Objekt es geht. Dieser Umbau wurde Anfang Dezember abgeschlossen, Kaufpreiszahlung und Nutzen-Lasten-Wechsel erfolgen zum Jahresende 2022. Als sich dies abzeichnete, konnten wir die Prognose für das Nettoergebnis 2022 bereits Ende Oktober erstmals von 3,5 auf 4,2 Mio. Euro erhöhen.
Am 21. Dezember gelang uns dann noch ein Vertragsschluss über das Objekt Löwenberg. Planmäßig soll auch hier der Nutzen-Lasten-Wechsel zum Jahresende 2022 erfolgen. Die Unterzeichnung dieses Kaufvertrags löste unsere zweite Prognoseerhöhung auf nunmehr 5,5 Mio. Euro aus.
Dass der ALDI in Löwenberg ein potentieller Verkaufskandidat sein könnte, erwähnten Sie ja in unserem letztjährigen Interview. Wie sahen denn die Konditionen im Verhältnis zu Ihren Kaufpreisen und dem Verkehrswert aus, zu dem die Objekte in Ihrem NAV enthalten sind?
Wir haben beide Objekte jeweils mehr als 40% über den ursprünglichen Anschaffungspreisen zuzüglich getätigter Investitionen und zugleich deutlich über dem gutachterlichen Verkehrswert von zuletzt 5,91 Mio. Euro verkaufen können. Viel wichtiger aber als diese Relation ist, dass sich daraus unter Berücksichtigung abzulösender Bankfinanzierungen ein Mittelzufluss von mehr als 2,5 Mio. Euro nach Steuern für die DEFAMA ergibt. Diese freigesetzte Liquidität werden wir für den Erwerb weiterer Handelsimmobilien zu nutzen.
Wie verteilen sich Stand heute die von Ihnen gehalten Objekte räumlich? Gibt es Schwerpunktregionen?
2022 haben wir zehn von zwölf Objekten in westdeutschen Bundesländern gekauft – fünf in Rheinland-Pfalz, drei in Baden-Württemberg, je eines in Bayern und Niedersachsen. Damit sind aktuell 55% unserer Immobilien in West- und 45% in Ostdeutschland, wobei sich durch die diesjährigen Käufe nun insgesamt neun von 62 Objekten in Rheinland-Pfalz finden – davon alleine sieben im Westerwald. Auch auf der Schwäbischen Alb besitzen wir nun drei Objekte sehr nah beieinander. Für uns spielt das aber ohnehin keine Rolle. Entscheidend ist stets die Nachhaltigkeit des einzelnen Standorts, und starke Standorte gibt es in jeder Stadt.
Welcher Zukauf in diesem Jahr war für Sie der „wichtigste“ oder „interessanteste“?
Der wirtschaftlich bedeutendste Zukauf war sicherlich das Rheinland-Pfalz-Portfolio, auf das ja allein die Hälfte unseres diesjährigen Ankaufvolumens entfiel. Allerdings gibt es hier kaum Leerstand, insofern sind das sozusagen eher langweilige Rendite-Objekte. Wirklich spannend ist vor allem unser größter Zukauf in Nordsteimke, einem Ortsteil von Wolfsburg. Hier gibt es einigen Leerstand, an dessen Beseitigung wir bereits arbeiten. Und da hilft uns sicherlich, dass buchstäblich auf der anderen Straßenseite in diesem Jahr der Spatenstich für das neue Stadtquartier Sonnenkamp erfolgt ist, bei dem insgesamt 3.000 (sic!) neue Wohnungen entstehen sollen.
Für mich als Schwabe aber vielleicht die schönste Transaktion war der Kauf von vier Standorten mit AWG als Generalmieter. Zum einen, weil die AWG nur wenige Kilometer von meinem Elternhaus entfernt ihre Zentrale hat. Und zum anderen, weil gleich zwei der Objekte in den schwäbischen Kleinstädten Albstadt und Bad Ditzenbach stehen. Das war zwar kein Entscheidungskriterium für den Erwerb, aber es ist halt doch schön, ein wenig von Berlin aus den Fuß in der alten Heimat zu haben. Zumal die Standorte alle richtig stark sind.
Dieses Jahr war die Kursentwicklung beinahe jeder Immobiliengesellsschaft von der Zinswende belastet. Dazu kamen sinkende Immobiliennachfrage, viele gecancelte Projekte, spektakuläre Pleiten oder fast Pleiten, wie bei Eyemaxx, Adler oder Corestate. Und die Angst vor teuren Refinanzierungen, die das Geschäftskonzept einiger Immobiliengesellschaften fast „auf den Kopf stellen“. Wie ist DEFAMA hier positioniert?
Wir sind da sehr entspannt. Zum einen spielt für unseren Bestand die Zinsentwicklung keine nennenswerte Rolle, da wir mit Ausnahme von zwei kurzlaufenden Teildarlehen und den Projektfinanzierungen Gardelegen sowie Nordsteimke durchweg Annuitätendarlehen mit einer Zinsbindung bis mindestens 2025 haben. Zum Ende des dritten Quartals betrug die durchschnittliche Zinsbindung komfortable 6,3 Jahre. Größere Ausläufe gibt es erst ab 2027.
Zum anderen haben wir auch keinerlei Anleihen, Schuldscheindarlehen oder ähnliche Instrumente ausgegeben. Insofern droht uns auch hier keinerlei Refinanzierungsrisiko.
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Sie haben sich also bewust auf die Zinswende vorbereitet? Warum haben das nicht auch andere Immobiliengesellschaften so gesehen?
Nein, wir wollten einfach nur den nicht beeinflussbaren Risikofaktor Zins weitmöglichst minimieren, das war eine unternehmerische Vorsichtsmaßnahme – ebenso wie die breite Diversifikation bei der Mieterstruktur, bei den finanzierenden Banken, bei der Auswahl der einzelnen Standorte, bei der Fokussierung auf indexierte Mietverträge und so weiter. Dass sich dies so schnell als so bedeutend erweisen würde, wussten wir auch nicht.
Warum andere Immobiliengesellschaften hier eine andere Strategie gewählt haben, müssen Sie deren Vorstände fragen. Jahrelang hatte die kurzfristigere Finanzierung ja den Vorteil, dass man Zinsen sparen und mit geringerer bzw. ohne Vorfälligkeitsentschädigung verkaufen konnte. Wir haben lieber den risiko-ärmeren Weg gewählt und den Preis dafür gezahlt. Unsere Ergebnisse waren ja trotzdem sehr schön.
Ab welchem Zinssatz würden Sie die Strategie der DEFAMA überprüfen müssen?
Mathematisch funktioniert das Geschäftsmodell mit Zinsen von acht Prozent und Ankaufrenditen von dann vermutlich um die 13 Prozent immer noch. Meine Eltern haben mit solchen Zinsen vor über 30 Jahren ja noch ihr Haus finanziert. Und auch damals gab es ja schon Fachmarktzentren und Baumärkte. Einige von denen, die mit solchen Zinsen gebaut wurden, gehören heute uns. Viele Investoren, die zu Höchstpreisen gekauft und mit Billigzinsen finanziert haben – und dann teilweise auch noch kurzfristig! – haben das schlicht vergessen. Wir nicht.
Führen steigende Zinsen auch tendenziell zu „günstigeren“ Angeboten im Markt für Nahversorgungszentren oder Fachmärkte? Kommen mehr Angebote als in den Vorjahren auf ihren Tisch?
Mit einem gewissen Zeitversatz passen sich die Preise an. Natürlich wird ein Verkäufer, der vor wenigen Monaten noch einen realistischen Verkaufspreis von fünf Millionen Euro erwarten durfte, nicht sofort mit vier oder gar drei Millionen zufrieden sein. Über kurz oder lang werden aber diejenigen, die jetzt noch die alten Preise zahlen oder jedenfalls in deren Nähe kommen, unweigerlich anders kalkulieren. Wie lange das dauert, ist schwierig zu sagen. Ich würde eher auf das zweite Halbjahr 2023 tippen, wenn der Druck auf die Verkäufer auch von deren Banken wächst.
Momentan sehen wir noch keine Zunahme der Angebote, aber eine erhöhte Quote an ernsthaftem Interesse zu unseren bis vor kurzen oft als eher absurd niedrig eingestuften Geboten. Hintergrund ist wohl, dass viele der Käufer aus den letzten Jahren ersatzlos verschwunden sind – so jedenfalls berichten uns dies einige Makler. Wir stellen uns daher organisatorisch derzeit auf ein beschleunigtes Wachstum ein, wenn sich die Preise tatsächlich noch weiter deutlich reduzieren.
Sie teilten dieses Jahr die Auslagerung von Tätigkeiten der DEFAMA mit. Welche Gründe gab es hierfür? Wie läuft die Zusammenarbeit? War es nicht leichter „auf kleinem Dienstweg“ mit den Mitarbeitern in den Objekten zu reden als über einen Dienstleister? Worin liegen die Vorteile dieser Kooperation?
Die Zusammenarbeit mit HEICO ist ja gerade erst angelaufen, momentan läuft die Übergabe der verbliebenen Immobilien. Dabei übernimmt HEICO verwaltende Aufgaben wie Wartung und Instandhaltung, Mängelbearbeitung, Betriebskostenabrechnungen und Mahnwesen. Dagegen verbleiben wertschöpfende Themen wie Vermietung, Umbaumaßnahmen sowie der An- und Verkauf von Objekten vollständig bei DEFAMA.
Durch die neue Aufstellung gewinnen wir die Fähigkeit, in kurzer Zeit wesentlich mehr Objekte in den Eigenbestand zu übernehmen. Zudem setzen wir Kapazitäten bei unseren Mitarbeitern für Tätigkeiten frei, die bisher stets von den Alltags-Themen eingeschränkt wurden. Insgesamt rüsten wir uns durch die Auslagerung der Objektverwaltung für ein mögliches beschleunigtes Wachstum. Sonst könnten wir die Chancen, die sich aus dem aktuellen Marktumfeld für uns möglicherweise ergeben, gar nicht in vollem Umfang nutzen.
Die Zahl der E-Stationen bei Ihren Märkten nahm dieses Jahr zu. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ausbautempo? Könnne Sie etwas über die Nutzung der Ladestationen sagen?
Wir haben hier ja schon im April 2021 eine Partnerschaft mit EnBW zur Errichtung von Schnellladesäulen an zunächst 30 Fachmarktzentren geschlossen. Jedoch hatte unser Partner mit großen Schwierigkeiten insbesondere bei den Lieferzeiten für die Trafos zu kämpfen, welche sich durch den Krieg in der Ukraine noch verschlimmert haben. Deshalb sind trotz eines beeindruckenden Endspurts in den Wochen vor Weihnachten aktuell immer noch „nur“ 20 Standorte am Netz. Eine ganze Reihe weiterer Standorte soll aber im ersten Quartal „live vor Kunde“ gehen.
Insgesamt werden die Ladesäulen von den Kunden offenbar gut angenommen. Laut EnBW ist unser bester Standort Wildau. Danach kommen Pasewalk und Dinslaken. Im Mittelfeld liegen Höhn, Florstadt, Albstadt und Genthin. Wobei das der Stand Ende November ist, damals war erst die Hälfte der heute aktiven Ladesäulen schon etabliert. Durchschnittlich wurden 25 kWh geladen, bei etwa 30 Minuten durchschnittlicher Ladedauer. Also eben genau die typische Einkaufszeit in einem Nahversorgungszentrum wie den unseren.
Streben Sie immer noch eine jährliche Tilgung von 5% auf die finanzierten Objekte an? Insbesondere nennen Sie ja Revalutierungen als probates Mittel, um neue Investitionen zu tätigen. Oder wie hoch ist der langfristig angestrebte Finanzierungsgrad ihrer Bestandsobjekte auch im Blick auf die Zinsentwicklung?
Wir haben weiterhin keine offizielle Richtlinie bezüglich der Tilgung. Die 5% ergeben sich mathematisch daraus, dass Gewerbeobjekte unserer Art meistens nicht länger als 20 Jahre finanzierbar sind. Zu beachten ist aber, dass die von uns ausgewiesene durchschnittliche Anfangstilgung von zuletzt 4,42% in nächster Zeit tendenziell eher sinken. Das liegt daran, dass aufgrund der gestiegenen Zinsen mit zunehmender Tilgung bei Annuitätendarlehen schnell ein immer größerer Zinsspareffekt einsetzt. Im Laufe der Zeit beschleunigt sich also die Tilgung von ganz alleine. Die monatliche Darlehensrate verändert sich dabei nicht.
Ansonsten führen wir in der Tat immer wieder Revalutierungen durch, stocken also Darlehen für Bestandsobjekte auf, um auf diese Weise zusätzliche Liquidität zu gewinnen. Dies ist uns auch 2022 für ein kleineres Objekt gelungen. Hier hat die Bank das Darlehen wieder auf den ursprünglichen Anfangssaldo erhöht, wir haben also quasi die komplette Tilgung seit dem Kauf zurückerhalten. Bei einem anderen kleinen Fachmarktzentrum liegt ebenfalls die Zusage der Bank vor, sogar etwas über die ursprüngliche Darlehenssumme hinauszugehen. Diese Revalutierung soll im ersten Quartal abgewickelt werden. In beiden Fällen mussten wir nichts in die Objekte investieren, sondern haben „nur“ alle Mietverträge verlängert und teilweise etwas bessere Konditionen ausgehandelt.
Sie kommen von einer im Immobilienbereich schönen EK-Rendite von 12,8 % im Jahr 2017 und wie ging es mit dieser Kenngröße weiter? Wo liegen Sie aktuell?
Wir haben unser Ziel einer zweistelligen Eigenkapitalrendite auch in den vergangenen Jahren stets erreicht. 2021 lag sie durch den Verkaufsgewinn aus Bleicherode fast 20 % bei einem neuen Rekordwert, aber auch bereinigt um diesen Einmaleffekt waren es erneut sehr schöne 11,7 %. Im laufenden Jahr werden die Kennzahlen mit und ohne Verkaufsgewinne ähnlich aussehen.
Hat sich hier etwas geändert? Beim letzten Mal fragten wir: „Welche Kennzahlen sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten und aussagekräftigsten für den Aktionär oder potenziellen Investor?“ Die letzten Jahre betonten Sie, als einer der wenigen nach HGB zu bilanzieren. Tun Sie das immer noch? Wie sieht Ihr FFO derzeit aus?
Wir bilanzieren unverändert nach HGB, auch weil viele unserer Aktionäre diese konservative Bilanzierungsform schätzen. Der FFO je Aktie ist nach wie vor die zentrale Steuerungsgröße bei der DEFAMA. Hier peilen wir für das laufende Jahr einen Wert von 8,5 Mio Euro an, wobei der annualisierte FFO nach Integration aller gekauften Objekte und Abschluss aller laufenden Baumaßnahmen zuletzt bereits bei 9,7 Mio Euro bzw. 2,02 Euro je Aktie lag.
Zur Verdeutlichung: Was unterscheidet die Bilanzierung eines Fachmarktes nach HGB in der Bilanz der DEFAMA im Vergleich zu den Bilanzwerten nach anderen Bilanzierungsmethoden?
Nach HGB müssen wir unsere Immobilien kontinuierlich abschreiben, und zwar selbst dann, wenn die Mieterträge gestiegen sind. Beispiel Pasewalk: wir haben das Objekt 2016 gekauft für fast 6,5 Mio. Euro inklusive Nebenkosten bei gut 630.000 Euro Nettomiete jährlich. Es steht aber durch die kontinuierlichen Abschreibungen per Ende 2022 nur noch mit 5,2 Mio. Euro in der Bilanz trotz inzwischen mehr als 800.000 Euro Nettomiete jährlich. Zum Vergleich: Der gutachterliche Verkehrswert lag per 31.12.2021 bei 9,47 Mio. Euro.
Bei einer Bilanzierung nach IFRS hätten wir also allein durch Pasewalk über die Jahre siebenstellige Zuschreibungen ergebniswirksam verbuchen können. Stattdessen wurde unser Ergebnis durch die Abschreibungen in diesem Zeitraum um insgesamt 1,3 Mio. Euro gedämpft. Das ist natürlich ein besonders spektakuläres Beispiel, aber es veranschaulicht, wie groß die Unterschiede zwischen den Bilanzierungs-Methoden sind.
Also wie sieht es mit den „üblichen” Zuschreibungen auf den Immobilienbesitz aus, die man in vielen Bilanzen der Wettbewerber findet? Könnte es hier in den nächsten Jahren bei den Bilanzwerten Überraschungen geben? Wie schätzen Sie die Preisentwicklung für Immobilien generell und insbesondere für Fachmarktzentren ein?
Das wird man sehen. Generell dürften die gutachterlichen Bewertungen von Immobilien aber sinken, das sagen ja alle Experten. In unserem Segment wirkt dem aber glücklicherweise entgegen, dass die große Mehrheit der Mietverträge mit Einzelhandelsmietern indexiert ist. Zudem sind wir nahezu ausschließlich in kleineren Städten unterwegs, in denen es zuvor nicht zu großen Preissteigerungen gekommen ist. Hier dürften nun auch umgekehrt weniger starke Rückgänge als in den gehypten Metropolen zu beobachten sein.
Die Kombination aus erhöhten Mieten und reduzierten Bewertungsfaktoren in Verbindung mit einer stabilen Nische dürfte per Saldo für Objekte, wie sie in unserem Portfolio enthalten sind, zu einer weitgehend neutralen Entwicklung führen.
Und jetzt zum Aktienkurs der DEFAMA. Es hat „etwas gehakt“. Natürlich hat die DEFAMA bei weitem nicht den Kursverfall anderer Immobilienaktien mitgemacht. Aber derzeit liegt die DEFAMA-Aktie mit einem Kurs von rund 23 Euro schon ziemlich weit entfernt von den in diesem Jahr gesehenen Kursen von 30.80 EUR. Woran lag’s?
Ins Jahr gestartet sind wir ja mit 27,80 Euro, insofern liegen wir unter Berücksichtigung der ausgeschütteten Dividende von 51 Cent je Aktie bei „nur“ ungefähr 15% Minus. Damit zeichnet sich ab, dass die DEFAMA-Aktie im Jahr 2022 zum ersten Mal in unserer Börsengeschichte etwas schlechter als der DAX abschneiden wird. Zugleich hat sich unsere Aktie damit aber immer noch wesentlich weniger verloren als der SDAX, der aktuell rund 27% im Minus liegt, und sich erst Recht um Längen besser geschlagen als der deutsche Immobilien-Aktien-Sektor, der im Schnitt mehr als die Hälfte an Wert eingebüßt hat.
Angesichts der Tatsache, dass wir unsere Ziele trotz der diversen Krisen erreichen und sogar unsere Prognosen zweimal erhöhen konnten, darf man die Ursache wohl doch eher im Marktumfeld als bei uns selbst suchen.
Bestimmt hat der Immobilienaktien-Malus auch die DEFAMA getroffen. Was könnte man tun, um dieses zu ändern? Kommunikationsfrage?
Wohl kaum. Dass wir uns sehr wohl stark vom Umfeld abkoppeln konnten, habe ich ja bereits gezeigt. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir dank langer Zinsbindung und indexierter Mietverträge besser aufgestellt sind als viele andere Immobilien-AGs. Und offenbar ist es uns auch gelungen, dies unseren Aktionären weitgehend bewusst zu machen. Zumindest bekommen wir dies in Investorengesprächen als Feedback.
Letztlich ist es für unseren Börsenkurs aber ohnehin am besten, wir konzentrieren uns einfach darauf, weiterhin gute Arbeit zu machen. Dann werden unsere Aktionäre langfristig auch davon profitieren.
Nach einem Jahr als „Small“- und nicht mehr „Micro“-Cap in der Wahrnehmung der Anleger oder Analysten. Hat sich was in der Aktionärskommunikation geändert? Oder an der Aufmerksamkeit, die man als börsennotierte „größere“ Gesellschaft findet?
Gegenüber dem Stand vor einem Jahr: nicht wirklich. Positiv zu werten ist allerdings, dass wir kein gesunkenes Interesse an der DEFAMA wahrnehmen – obwohl Immobilienaktien insgesamt als Sektor stark an Wohlwollen der Investoren eingebüßt haben. Bei etlichen Aktionären sind wir denn auch die einzige Aktie in diesem Segment, was uns natürlich freut und ein wenig stolz macht.
Wie sieht es mit der Struktur und den Anteilen der Ankeraktionäre aktuell aus? Gab es Änderungen?
Jein. Durch die Kapitalerhöhung im März hat sich der Streubesitz auf etwa 72% erhöht. Ich halte über die MSC Invest GmbH nun rund 26 Prozent an DEFAMA, bei unseren Aufsichtsräten sowie deren Familien liegen rund 2 Prozent. Die prozentuale Veränderung meines Anteils resultiert dabei ausschließlich aus der Verwässerung. Ich hatte zwar Anfang des Jahres ein kleines Aktienpaket außerbörslich an einen Fonds verkauft, um diesen beim Positionsaufbau zu unterstützen, aber praktisch dieselbe Stückzahl im Jahresverlauf über die Börse zurückgekauft. Unter dem Strich hat sich mein Anteil damit nicht verändert.
Sie haben eine sehr direkte Methode gefunden, mit Ihren Aktionären zu kommunizieren. Ihr Twitteraccount scheint bezüglich DEFAMA etwas „ruhiger“ geworden zu sein. Eigentlich scheint eine DEFAMA ohne twitternden CEO undenkbar. Könnten die aktuellen Entwicklungen bei Twitter zu einer Änderung Ihrer Kommunikationswege führen? Gäbe es Alternativen?
Ich nutze den Twitteraccount vor allem, um anonymisierte Einblicke in den Arbeitsalltag bei DEFAMA zu ermöglichen, Fotos von Baufortschritten weiterzugeben oder neu freigeschaltete E-Ladesäulen bekanntzumachen – also Dinge, die weder adhoc-relevant noch bedeutend genug für eine Pressemitteilung wären, unseren Aktionären aber helfen besser zu verstehen, wie unser Geschäft funktioniert.
Über die aktuellen Entwicklungen bei Twitter bin ich nicht glücklich, sehe aber noch keinen akuten Wechselbedarf zu möglichen Alternativen. Die gibt es zwar, aber dort müssten die Aktionäre und Interessenten ja dann auch alle hin wechseln, damit die Interaktion weiterhin funktioniert. Und momentan ist ein solcher Massen-Exodus noch nicht feststellbar. Aber selbst wenn Twitter komplett wegfiele: Es gibt ja genug andere Kommunikationswege, und letztlich sind die Zahlen wichtiger als der Kanal, über den sie bei den Investoren landen.
Wie sah Ihre Kapitalmarktkommunikation in diesem Jahr „noch im Corona-Schatten“ aus? Gab es besonders einprägsame Momente oder Veranstaltungen?
Wir haben dieses Jahr insgesamt sechs Konferenzen besucht und eine virtuelle Roadshow im Vorfeld unserer Kapitalerhöhung im März durchgeführt. Die letzten vier Termine fanden als Präsenzveranstaltung statt, wobei mein Vorstandskollege und ich hier – leider meist als so ziemlich einzige – weiterhin sehr vorsichtig waren, durchgängig Masken trugen, an Abendveranstaltungen nur im Freien teilnahmen und zum Eigenkapitalforum für unseren 1on1-Raum einen Luftfilter mitbrachten. Der praktisch durchgängig hohe, oft corona-bedingte Krankenstand im eigenen Betrieb und bei vielen Geschäftspartnern ist uns hier eine ständige Mahnung.
Ein besonders schöner Moment war, dass wir auf der traditionell Anfang September stattfindenden „Rüttnauer IR-Fahrt“ den Preis für die beste Performance seit der Vorjahresveranstaltung entgegennehmen durften. Wir waren hier zwar auch zuvor in jedem Jahr „auf dem Podium“, aber in guten Börsenjahren reicht es mit unserem eher soliden Geschäftsmodell gegenüber Software- oder eCommerce-Firmen üblicherweise nicht für die Spitze. Im turbulenten Umfeld dagegen konnten unsere +10% gegenüber dem Vorjahr plötzlich positiv herausstechen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie aktuell und wie sehen Ihre weiteren Pläne in diesem Bereich aus?
Einschließlich der beiden Vorstände, einigen Hausmeistern und Aushilfen sowie einer Mitarbeiterin in Elternzeit arbeiten derzeit 27 Menschen für uns. Im vierten Quartal 2022 waren es umgerechnet 22,9 Vollzeitkräfte gegenüber 27,1 im Schlussquartal des letzten Jahres. Das hängt mit der teilweisen Auslagerung der Verwaltung an HEICO zusammen, weshalb wir einige ausgeschiedene Mitarbeiter nicht nachbesetzt haben. Vereinzelt mussten wir auch Kündigungen aussprechen, wobei wir allen gekündigten Mitarbeitern neue Jobs innerhalb des Konzerns oder bei anderen Arbeitgebern anbieten konnten.
In der Verwaltung wird auch bei weiterem oder sogar beschleunigtem Wachstum künftig weniger Personalbedarf entstehen. Dagegen werden wir uns in den Bereichen Transaktionen, Vermietung und Projektentwicklung weiter verstärken. So fängt im Januar eine neue Kollegin für Leiterin des Asset Management bei uns an, auf deren Mitwirkung wir uns schon sehr freuen.
Sehen Sie mittlerweile Grenzen des Wachstums für die DEFAMA? Und wie im letzten Jahr schließen wir mit derselben Frage: Was wäre derzeit das größte Risiko für eine weiterhin operativ-positive Entwicklung der DEFAMA AG?
Aktuell ist unser größtes Problem der ständige hohe Krankenstand sowohl innerhalb des Betriebs als auch bei Mietern, Behörden und Dienstleistern, durch den sich praktisch alle Projekte verzögern. Das hören wir aus der gesamten Wirtschaft, es wird zum echten Bremsklotz für das Wachstum von Unternehmen. Wir kalkulieren diese Effekte seit einiger Zeit auch in unserer Ankaufstrategie ein.
Ansonsten ist und bleibt auf Objekt-Ebene das größte potenzielle Risiko, dass wir einen Hauptmieter nicht ersetzen können. Bisher ist uns das aber noch nie passiert, wir haben generell keine Leerstandsprobleme. Hinsichtlich der erreichbaren Größe zeigen andere Firmen, die vielfach größere Portfolien erfolgreich verwalten, dass es hier keine natürliche Maximalgröße gibt. Und wir werden nach wie vor überschüttet mit Angeboten – Hunderte, vielleicht auch über Tausend pro Jahr. Es gibt diese Art Objekte wie Sand am Meer.
Sie kennen ja unsere Schätzung, dass durchschnittlich etwa 1.000 Immobilien jährlich im für uns relevanten Segment auf den Markt kommen. Dieses Jahr haben wir zwölf davon gekauft; künftig vielleicht auch einmal etwas mehr. Selbst wenn wir dies dank unserer Kooperation mit HEICO verdoppeln könnten – und das bitte ich nicht als Prognose zu verstehen, sondern rein hypothetisch! – wäre das immer noch ein winziger Prozentsatz des Angebots. Wir werden bei unserer Gangart daher niemals an eine Größengrenze stoßen.
Herr Schrade, besten Dank für das Interview.
Matthias Schrade | Vorstand der DEFAMA Deutsche Fachmarkt AG
Matthias Schrade, geboren 1979 im schwäbischen Tettnang, gründete 1999 das in Düsseldorf ansässige Analystenhaus GSC Research und leitete dieses bis Ende 2011. Während dieser Zeit wurde er in der Nebenwerte-Szene unter anderem als Chefredakteur des monatlichen Börsenbriefes „Nebenwerte Insider“ bekannt. Zudem hatte er Aufsichtsrats- bzw. Anlageausschussmandate in zwei börsengelisteten Beteiligungsgesellschaften sowie einem Investmentclub inne und war Mitinitiator von zwei Aktienfonds.
In der Folge war er zunächst als Geschäftsführer und später als Vorstand bei FCR Immobilien in München tätig. In dieser Zeit sorgte er unter anderem für die Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft, führte eine Non-Recourse-Finanzierungsstruktur ein, wickelte den Kauf und die Finanzierung einer ganzen Reihe von Einkaufszentren ab und verdreifachte das Portfoliovolumen auf über 20 Mio. Euro.
Im Herbst 2014 gründete er in Berlin die DEFAMA Deutsche Fachmarkt AG, deren Vorstand und größter Einzelaktionär er bis heute ist. Diese brachte er im Juli 2016 an die Börse und baute mit seinem Team ein Portfolio von zwischenzeitlich 42 Fachmarktzentren mit einem Wert von rund 170 Mio. Euro auf. Jüngst verkündetes Ziel ist es, das Portfoliovolumen in den nächsten fünf Jahren auf bis zu 300 Mio. Euro zu erhöhen und den FFO fast zu verdoppeln.
Kurzinfo zum Unternehmen
Die in Berlin ansässige Deutsche Fachmarkt AG (DEFAMA) investiert gezielt in kleine Einzelhandelsobjekte in kleinen und mittleren Städten, überwiegend in Nord- und Ostdeutschland. Wichtigste Kaufkriterien sind je zwei oder mehr bonitätsstarke Filialisten als Ankermieter, möglichst nicht mehr als 10 Mieter und eine Jahresnettomiete von mindestens 100 T€. Angestrebt ist dabei stets eine zweistellige Nettomietrendite.
Erklärtes Ziel von DEFAMA ist es, langfristig einer der größten Bestandshalter von kleinen Fachmarktzentren in Deutschland zu werden. Die DEFAMA-Aktie wird im Qualitätssegment m:access der Börse München sowie im Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse und auf XETRA gehandelt.
Chart: Defama AG | Quelle: www.goyax.de