DEFAMA – Immobilienkrise traf andere, nicht DEFAMA. Was macht CEO Matthias Schrade richtig? Interview.

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DEFAMA – Gespräche zum Jahresende. Während andere Immobiliengesellschaften in 2023 in Probleme gerieten, in der Regel rote Zahlen ablieferten, operativ und auch beim Aktienkurs, und teilweise auch die Segel streichen mussten, steht DEFAMA grösser und stärker als zu Beginn des Jahres da. Woran es liegt? An der konsequenten Umsetzung einer klaren Strategie – und wichtig dabei der „Mann am Steuer“.

Mittlerweile eine spannende Historie einer erfolgeich und konsequent umgesetzten Strategie -seit unserem ersten Interview mit Matthias Schrade, dem CEO, Gründer  und Hauptaktionär der DEFAMA, veröffentlicht am 09.11.2018, bei einem Aktienkurs von 12,10 EUR (Schlusskurs Frankfurt) wird klar: Die Entwicklung des Unternehmens mit klarer bodenständiger – man könnte sagen klassischer, kaufmännischer Ausrichtung – und konsequenter „Sachorientierung“ trägt eindeutig die Handschrift des CEO’s.  2019er Interviews, Jahresrückblick 2020 des DEFAMA CEO, auch in 2021 und 2022 – und wieder mit Optimismus der Blick zurück und voraus von Matthias Schrade auch in 2023:

Bevor wir zu „Ihrer“ DEFAMA direkt kommen, sollten wir vielleicht über die Entwicklungen am Immobilienmarkt reden. Es ging weiter mit spektukulären Pleiten, Restrukturierungen und Downsizing ehemals ambitionierter Player im Immobiliensektor. Ist Ihrer Meinung nach das Gröbste hier vorbei?

M.Schrade: Da bin ich mir nicht so sicher. Bisher sehen wir noch keine Zwangsverkäufe in der Breite. Auch halten viele Marktteilnehmer die Füße still in der Hoffnung auf bessere Zeiten und vor allem sinkende Zinsen. Wie es um die einzelnen Firmen genau steht, ist aber von außen naturgemäß schwer zu beurteilen. Ich glaube aber, dass viele ihre Probleme noch diskret zu lösen versuchen – erst wenn das nicht gelingt, werden sie öffentlich sichtbar.

Käufer am Immobilienmarkt sind derzeit in allen Segmenten Mangelware. Merken Sie auch bei den Fachmarktzentren weniger Wettbewerb, die Chance zu besseren Konditionen einkaufen zu können?

M.Schrade: In der Tat sehen wir kaum noch andere Käufer im Markt. Dadurch konnten wir zuletzt auch Objekte kaufen, die qualitativ eigentlich „zu gut“ für uns sind – und das zu wesentlich günstigeren Faktoren bezogen auf die Nettokaltmiete wie noch vor zwei Jahren. Wir sehen inzwischen wieder immer mehr Angebote zum 10-fachen der Nettokaltmiete, teils sogar deutlich darunter.

Warum kann die DEFAMA trotz deutlich gestiegenen Zinsen auch ohne Kapitalerhöhungen aktiv am Markt auftreten und zuletzt sogar direkt mehrere Zukäufe tätigen?

M.Schrade: Weil wir genug Liquidität haben und aus den laufenden Mieteinnahmen zusätzlich einen positiven operativen Cashflow erwirtschaften. Auch ist DEFAMA meines Wissens die einzige börsengelistete Immobilien-AG, die weder Anleihen noch Schuldscheindarlehen begeben hat. Genau deshalb stehen wir heute so stark da und bekommen für unsere Zukäufe weiterhin sehr gute Finanzierungen von unseren Bankpartnern, für die wir wenig Eigenkapital benötigen.

Auch sonst haben wir schon immer gezielt Risiken vermieden – sei es durch langfristige Zinsbindungen, eine sehr diversifizierte Mieterstruktur, eine große Zahl an Finanzierungspartnern und ein weniger euphorisches Wachstum als es manch andere Marktteilnehmer an den Tag gelegt haben. Nach unserer Überzeugung sind die Deals, die man ganz bewusst nicht macht, letztmals wichtiger als die tatsächlich durchgeführten.

Was unterscheidet Ihre Nische „Fachmärkte” von den anderen Immobiliensektoren? Wer kauft neben der DEFAMA typischerweise Fachmarktzentren in der Größenordnung, wie Sie sie bevorzugen?

M.Schrade: Das wichtigste Argument für dieses Segment ist, dass unsere größten Mieter – also beispielsweise ALDI, LIDL, Netto, Edeka, Deichmann, KiK, TEDi, JYSK oder toom – die Nahversorgung bedienen. Umgekehrt finden sich weder Elektronikmärkte noch Mieter wie Roller, H&M oder C&A unter unseren Mietern. Und gerade im ländlichen Raum zählt das Einkaufen vor allem bei älteren Menschen auch zu den sozialen Aktivitäten. Daher macht uns der Internethandel ebenso wenig Sorgen wie unseren Mietern.

Neben DEFAMA gibt es eine Vielzahl von anderen Investoren in diesem Bereich, vor allem geschlossene Fonds, aber auch Versicherungen, Family Offices, private Käufer oder die großen Lebensmittelketten selbst. Diese sogenannte Nische ist mit geschätzt 20- bis 30.000 Objekten deutschlandweit in Wirklichkeit doch recht groß. Allerdings kaufen die meisten Investoren eher langlaufende Mietverträge und am liebsten in großen Städten. Deshalb war der Wettbewerb um die für uns typischen Kaufobjekte mit kürzeren Laufzeiten in kleinen Städten immer schon überschaubar – und ist jetzt noch kleiner.

Während bei einem Ihrer direkten Wettbewerbern im Fachmarktsegment aufgrund von Darlehens-Geschäften zwischen Hauptaktionär, der gleichzeitig Funktionen im Unternehmen wahrnahm, und dem Unternehmen schlecht aussieht, muss man fragen: Welche Corporate Governance Vorgaben sind bei der DEFAMA implementiert, dass so etwas nicht passieren kann?

M.Schrade: Selbst wenn wir es beantragen würden: Der Aufsichtsrat würde einem millionenschweren Darlehen an meinen Vorstandskollegen oder mich persönlich gar nicht zustimmen. Außerdem haben wir beide neben unserer Tätigkeit für DEFAMA gar nicht die Zeit und Muße, uns in größerem Umfang in andere geschäftliche Aktivitäten zu stürzen. Auch sonst nehmen wir Compliance-Themen sehr ernst, da ich als langjähriger Kenner der Nebenwerte-Szene genau weiß, wie sensibel Investoren auf solche Aspekte reagieren.

Das Vertrauen unserer Aktionäre ist ein hohes Gut, das wir über viele Jahre mühsam erarbeitet haben und bewahren werden. Daher haben wir schon vor einiger Zeit einen Verhaltenskodex beschlossen und auch öffentlich verfügbar gemacht, in dem wichtige Corporate Governance-Regeln verbindlich geregelt sind.

Jetzt aber: Same procedure as every year mit der DEFAMA AG. Es ist ja fast schon eine Tradition, mit Ihnen die Entwicklung der DEFAMA Deutsche Fachmarkt AG (ISIN: DE000A13SUL5) im „endenden“ Jahr zu betrachten. Was ist seit unserem Gespräch im Dezember 2022 bei der DEFAMA passiert?

M.Schrade: Auch da könnte man sagen „same procedure as every year“: Wir haben fünf weitere Objekte gekauft, diverse Umbauten und Vermietungserfolge realisieren können, unsere Erträge weiter gesteigert – in den ersten neun Monaten 2023 erhöhte sich der FFO um 15% gegenüber dem Vorjahreszeitraum – und kurz vor Weihnachten noch einen Objektverkauf unterzeichnet. Genauer gesagt einen Teilverkauf, weil wir nur das leerstehende Gebäude in Höhn an einen namhaften Lebensmittelhändler verkauft haben und den fast voll vermieteten Rest des Einkaufspark Höhn weiterhin halten.

Wie sieht derzeit der Planerfüllungsgrad für Ihre „DEFAMA 2025“-Planung aus? Da scheint ja einiges richtig zu laufen?

M.Schrade: Hier liegen wir in der Tat weiterhin auf Kurs. Unser Ziel ist es, bis Ende 2025 auf annualisierte Mieterträge von 28 Mio. Euro und einen annualisierten FFO von 13 Mio. Euro zu kommen, entsprechend gut 2,70 Euro je Aktie. Mit Abschluss aller Zukäufe und Umbaumaßnahmen liegen wir nach letztem Stand schon bei 24 Mio. Euro an jährlichen Mieterträgen und einem annualisierten FFO von 11,3 Mio. Euro bzw. 2,35 Euro je Aktie. Da liegt also noch ein Stück Arbeit vor uns, aber das gesteckte Ziel ist allmählich in Sichtweite.

Was natürlich einen Anleger interessiert: Der Kursverlauf der DEFAMA Aktie in diesem Jahr. Bei Kursschwächen, die auch die DEFAMA nicht verschont haben, kauften Sie Aktien der Gesellschaft. In welchem Volumen ungefähr in 2023? Könnten Sie sich vorstellen, auch mal auf der Verkäuferseite zu sein?

M.Schrade: Da musste ich jetzt extra nachschauen. Meine Käufe über die Börse im Jahr 2023 waren insgesamt 2.685 Aktien für rund 57.000 Euro, also durchschnittlich zu 21,26 Euro je Aktie. Diese zugekauften Stücke betrachte ich aber als „Handelsbestand“, den ich gegebenenfalls einem potenziellen größeren Investor auch einmal als Hilfe zum Aufbau einer Position zur Verfügung stellen würde.

Das kam in der Vergangenheit auch schon ein paar Mal vor, zuletzt Anfang des Jahres 2022 mit einem Blockverkauf von 10.000 Aktien an einen Fonds. Für ziemlich exakt die erlöste Summe habe ich im Jahresverlauf 2022 dann kleinteilig über die Börse etwas mehr als 12.000 Stücke zurückgekauft und dadurch meinen Handelsbestand wieder aufgefüllt. Eventuelle Verkäufe mache ich aber grundsätzlich nur außerbörslich, und geplant ist hier aktuell auch nichts.

Wie wichtig ist Ihnen der aktuelle Kurs der DEFAMA-Aktie? Haben Sie Vorstellungen, wo der Kurs in den nächsten Jahren sich „hinbewegen” sollte?

M.Schrade: Als langjähriger Finanzanalyst und Börsianer schaue ich natürlich öfter auf den Aktienkurs als es ein nicht so kapitalmarkt-affiner Vorstand machen würde. Letztlich können wir aber nur an unseren Kennzahlen arbeiten, den Börsenkurs macht dann der Markt. Insofern haben wir auch keine Meinung, wo der Kurs angemessen stehen oder sich hinbewegen sollte. Allenfalls freut man sich natürlich immer, wenn mal wieder ein neues Allzeithoch erreicht wird. Bis dahin ist trotz unserer stetig steigenden Erträge aktuell allerdings noch viel Luft.

Gibt es eine Kennziffer, die erreicht werden sollte? Neben dem für Immobiliengesellschaften FFO gäbe es ja noch so etwas wie KGV, KBV, Dividendenrendite usw.

M.Schrade: Unser Fokus liegt unverändert auf dem FFO, da dieser die Ertragskraft unseres Portfolios widerspiegelt. Kennzahlen wie das KGV sind durch Einmaleffekte stark beeinflussbar. Und über den Sinn oder Unsinn einer Orientierung am sogenannten „inneren Wert“, also den NAV, haben wir ja schon oft gesprochen – wie wenig dieser zur Bewertung taugt, wenn sich die Immobilienpreise nach unten bewegen, haben wir ja in den letzten zwei Jahren überdeutlich gesehen.

Mittlerweile sind die Märkte vom Erreichen des Zinsgipfels überzeugt und erwarten in 2024 sinkende Zinsen. Welchen Einfluss hat das auf die DEFAMA? Oder würden sinkende Zinskosten von wieder steigenden Immobilienpreisen kannibalisiert?

M.Schrade: Wir vertreten immer schon die Auffassung, dass sich die Zinsentwicklung nicht vorhersehen lässt. Deshalb haben wir diesen Risikofaktor durch langfristige Zinsbindung, Annuitätendarlehen mit hoher Tilgung und das konsequente Vermeiden von Anleihen, Schuldscheindarlehen etc. auf Ebene der Holding weitestmöglich ausgeschlossen.

Ob es 2024 wirklich zu sinkenden Zinsen kommt, ist uns daher relativ egal. Aber viele andere Marktteilnehmer, die weniger solide finanziert sind als wir, hoffen natürlich darauf. Per Saldo gleichen sich höhere/niedrigere Zinsen und niedrigere/höhere Immobilienpreise mit einem gewissen Zeitversatz stets an. Das Gesamtpaket ist für uns am Ende dann von der Rendite her ziemlich gleich, da wir jeden Kauf einzeln kalkulieren – und im Zweifel eben nicht kaufen müssen.

Wenn der Preis stimmt, war die DEFAMA auch schon mal auf der Verkaufsseite. Gibt es derzeit Objekte, die möglicherweise veräußert werden könnten? Was muss für einen Verkauf vorliegen? Ein Mindestpreis? Eine hohe Wertsteigerung? Oder gibt es auch Objekte, die nicht so ganz zur DEFAMA passen und deshalb veräußert werden könnten?

M.Schrade: Das wichtigste Kriterium für uns ist das Verhältnis von freigesetzter Liquidität durch einen potenziellen Verkauf im Verhältnis zum dadurch abgegebenen Ertrag. Sprich: Wie hoch ist die FFO-Rendite auf die generierbare Liquidität und wie hoch ist der FFO, den wir bei einer Reinvestition erzielen könnten. Beispielsweise haben wir mit den 2022 gemeldeten Verkäufen von Löwenberg und Sonnefeld ziemlich exakt das gleiche Eigenkapital freigesetzt, das wir für alle fünf Käufe des Jahres 2023 wieder einsetzen – erzielen damit aber künftig mehr als den vierfachen FFO.

Bei unserem aktuellen Verkauf war die Rechnung sogar noch einfacher: Das Gebäude steht leer, deshalb geht keinerlei Ertrag verloren – uns fließt aber gut eine Million Euro nach Steuern als Liquidität zu, die wir in Objektkäufe reinvestieren können. Das ist allerdings ein Sonderfall, wir haben ja zum Glück insgesamt wenig Leerstand und kein einziges weiteres komplett leerstehendes Gebäude im gesamten Portfolio.

Zuletzt kauften Sie ja „in der Heimat“ das bisher größte Objekt der DEFAMA. War der Zukauf rein zufällig auf den Tisch gekommen oder hatten Sie sich bereits seit längerem konkret für das Objekt interessiert?

M.Schrade: Sie sprechen von unserem vorletzten Kauf, dem Reutter-Center in Zell. Das war ein echter Glückstreffer. Das Objekt wurde uns schon vor längerer Zeit zum Kauf angeboten, damals allerdings zu einem völlig anderen Preis. Eigentlich ist das Objekt viel zu gut für uns mit seinen langen Mietvertragslaufzeiten, sehr gutem baulichen Zustand und der konkurrenzlosen Lage im Umkreis von zehn Autominuten in einer kaufkräftigen Region mitten in Baden-Württemberg. Aber im aktuellen Marktumfeld gab es keinen anderen Käufer, der in der Lage war, dieses Objekt kurzfristig zu erwerben und noch vor dem Jahreswechsel abzuwickeln.

Welcher Zukauf in diesem Jahr war für Sie der wichtigste oder interessanteste?

M.Schrade: Das war sicherlich das Reutter-Center. Nicht nur, weil es der größte Einzelerwerb unserer Firmengeschichte war, sondern auch, weil es wortwörtlich nur drei Dörfer von meinem Elternhaus entfernt steht. Das ist neben der hohen Qualität und der Größe des Objekts dann noch das Sahnehäubchen obendrauf.

Wie verteilen sich den Stand heute die von Ihnen gehalten Objekte räumlich? Gibt es Schwerpunktregionen? Gibt es Regionen, auf die Sie sich im Moment fokussieren oder geht es um andere Kriterien völlig losgelöst von der Region?

M.Schrade: Wir kaufen grundsätzlich überall in Deutschland und sind tatsächlich von Sigmaringen nahe dem Bodensee im Süden bis nach Rendsburg im hohen Norden und von der westlichsten deutschen Kreisstadt Heinsberg bis zur östlichsten deutschen Stadt Görlitz quasi in allen Ecken der Republik vertreten. Wenn man sich unsere Standort-Landkarte anschaut, gibt es ein paar größere Ballungen, etwa im nördlichen Rheinland-Pfalz und im Südosten Baden-Württembergs, das kam aber rein zufällig zustande und nicht gezielt, weil wir genau dort kaufen wollten.

Entscheidend sind für jede einzelne Transaktion, ob unsere Kaufkriterien erfüllt sind – wo das genau ist, ist für uns nachrangig. Es hat allerdings gewisse Vorteile, wenn die Objekte von unserer Zentrale aus einigermaßen gut erreichbar sind. Daher müsste ein Objekt bei Basel, in Saarbrücken oder in Berchtesgaden schon äußerst attraktiv sein, dass wir die potenziell sehr weiten Wege in Kauf nehmen.

In 2022 ging es um die „Auslagerung“ von Tätigkeiten der DEFAMA – Hausmeistertätigkeiten und Immobilienverwaltung. Wie sehen Sie heute diesen Schritt? Haben sich die Erwartungen erfüllt?

M.Schrade: Wir haben lediglich arbeitsintensive, aber für die Wertentwicklung des Portfolios weniger wichtige Teile der Hausverwaltung an einen externen Partner abgegeben, um uns stärker auf wertschöpfende Themen konzentrieren zu können. Also beispielsweise An- und Verkäufe, die Vermietung, Umbaumaßnahmen und Ähnliches. Das ist uns gelungen, und ohne diese Fokussierung stünden wir vermutlich heute nicht da, wo wir jetzt stehen.

Die Zahl der E-Stationen bei Ihren Märkten nahm dieses Jahr weiter zu. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ausbautempo?

M.Schrade: Inzwischen sind bereits 30 unserer Standorte mit Schnellladesäulen von EnBW ausgerüstet worden. Für 14 weitere haben wir gerade einen Rahmenvertrag mit Vattenfall abgeschlossen. Damit sind also zwei Drittel unseres Portfolios schon vertraglich abgedeckt, für alle übrigen Standorte sprechen wir mit verschiedenen anderen potenziellen Partnern.

Das Ausbautempo war langsamer als ich es persönlich erwartet hätte – das ist aber nicht die Schuld unserer Partner, sondern liegt an der Verfügbarkeit von Bauteilen und den oft sehr langwierigen Anschlusszeiten durch die lokalen Energieversorger. Vor diesem Hintergrund sind wir stolz darauf, dass die Ausrüstungsquote unseres Portfolios mit Schnellladesäulen wahrscheinlich eine der höchsten unter allen Besitzern von ähnlichen Immobilienportfolien ist.

Können Sie etwas über die Nutzung der Ladestationen sagen?

M.Schrade: Wir haben dazu keine genauen Daten, aber das Feedback unseres Partners EnBW war positiv. Und wenn man an einem der Standorte vor Ort ist, ist ebenfalls erkennbar, dass die Schnellladesäulen von den Kunden gerne genutzt werden.

Sie kommen von einer im Immobilienbereich schönen EK-Rendite von 12,8 % im Jahr 2017 und wie ging es mit dieser Kenngröße weiter? Wo liegen Sie aktuell?

M.Schrade: Wir haben im Jahr 2022 selbst ohne Verkaufsgewinne eine Rendite von 12,4% auf das Anfang des Jahres zur Verfügung stehende Eigenkapital erzielt. Hinzu kamen die Veräußerungsgewinne aus Löwenberg und Sonnefeld. Für 2023 haben wir uns die Latte durch die Kapitalerhöhung und die realisierten Gewinne aus den Verkäufen selber um einiges höher gelegt, da sich das bilanzielle Eigenkapital zum Bilanzstichtag auf gut 41 Mio. Euro belief.

Als Ziel haben wir uns für 2023 mit annähernd 4 Mio. Euro beim Konzernüberschuss aber erneut eine annähernd zweistellige Eigenkapitalrendite gesetzt. Inklusive des Verkaufsgewinns von Höhn werden wir diese Marke wieder überspringen.

Die Bilanzierung nach HGB hat die DEFAMA davor bewahrt, aufgrund von bei HGB-Buchhaltung nicht notwendigen Abschreibungen nach Immobilienneubewertungen in die roten Zahlen zu geraten. Was eigentlich fast alle Immobiliengesellschaften in die roten Zahlen getrieben hat – von einer aroundtown über eine Deutsche Konsum REIT bis hin zu Vonovia. Welche Vorteile sehen Sie in der Bilanzierung nach HGB für die DEFAMA?

M.Schrade: HGB-Bilanzen zeigen ein konservatives Bild, da selbst sehr gut laufende Immobilien mit steigenden Mieterträgen kontinuierlich abgeschrieben werden müssen. Entsprechend sind die ausgewiesenen Jahresergebnisse so etwas wie eine „Worst Case“-Betrachtung. Wenn die Zahlen selbst nach HGB ordentlich aussehen, kann das Geschäft so schlecht nicht laufen. Zudem werden stille Reserven aufgebaut, die sich aber erst bei einem Verkauf zeigen.

Dagegen werden die Gewinn- und Verlustrechnungen bei einer IFRS-Bilanzierung maßgeblich von Wertveränderungen der Immobilien geprägt. In Boomzeiten führt das zu riesigen (Buch-)Gewinnen, in der aktuellen Marktphase zu horrenden Verlusten. Das eigentliche operative Ergebnis müssen Anleger dann quasi herausfiltern. Auch wenn IFRS international stärker gefragt ist, bevorzugen die meisten unserer Investoren dann doch die Bilanzierung nach HGB.

Könnten Sie sich vorstellen, dass es Gründe geben könnte irgendwann auf IFRS umzustellen?

M.Schrade: Wenn wir in einer anderen Größenliga ankommen sollten und sehr viel stärker auf institutionelle Investoren angewiesen wären: ja, durchaus. Allerdings verfolgen wir ganz bewusst eine Strategie, die uns weitgehend unabhängig vom Kapitalmarkt macht. Und mit aktuell etwa 117 Mio. Euro Börsenwert sind wir von einer Größenklasse, die für ausländische Fonds rund um den Globus interessant sein könnte, dann doch um ein bis zwei Dimensionen zu klein.

Nach einem weiteren Jahr mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 100 Mio EUR als „Small“- und nicht mehr „Micro“-Cap:  Hat sich was in der Aktionärskommunikation geändert? Oder an der Aufmerksamkeit, die man als börsennotierte größere” Gesellschaft findet?

M.Schrade: Wie gesagt, wirklich groß sind wir nach wie vor nicht und wollen es auch gar nicht werden. Denn unsere aktuelle Größe erlaubt uns, wesentlich flexibler zu agieren und Chancen zu nutzen, für die Konzerne mit anderen Strukturen schlicht nicht schnell genug sein können. Diese Stärke wollen wir dauerhaft bewahren.

Wir haben allerdings davon profitiert, dass vielen Investoren aufgefallen ist, wie gut DEFAMA durch die Branchenverwerfungen der letzten zwei Jahre gekommen sind. Dadurch haben sich eine ganze Reihe komplett neuer Kontakte zu Investoren mit Fokus auf Immobilienaktien ergeben, auch aus dem Ausland, die uns jetzt genauer beobachten und teilweise erste Positionen aufgebaut haben.

Wie sieht es mit der Struktur und den Anteilen der Ankeraktionäre aktuell aus? Gab es Änderungen?

M.Schrade: Nein, da hat sich kaum etwas getan. Ich selbst halte über die MSC Invest GmbH weiterhin rund 26 Prozent an DEFAMA, bei unseren Aufsichtsräten sowie deren Familien liegen rund 2 Prozent der Aktien. Der Streubesitz liegt weiterhin bei etwa 72 Prozent. Auch innerhalb des Streubesitzes sind uns keine Investoren bekannt, die größere Positionen verkauft haben.

Sie haben eine sehr direkte Methode gefunden, mit Ihren Aktionären zu kommunizieren. Ihr Account bei X, oder wie es eingängiger früher hieß, Twitter, scheint weiterhin eine wichtige Rolle für Ihre Art der Kapitalmarktkommunikation zu spielen. Die bedenklichen  Entwicklungen bei Twitter/X scheinen Sie die Vorzüge eines anderen Mediums „in den Wolken” schätzen zu lassen. Wäre ein Abschied von X für Sie eine denkbare Entwicklung?

M.Schrade: In der Tat bin ich seit einigen Monaten eher bei „bluesky“ unterwegs. Das ist ja quasi ein Twitter-Klon, den der ehemalige Twitter-Gründer selbst mitgegründet hat. Bislang sind dort aber nur ein Bruchteil der Follower angekommen, auch weil man nur per Einladung einen Account anlegen kann. Auch fehlen noch viele Funktionen, etwa die Möglichkeit des Austauschs per Direktnachricht. Sobald „bluesky“ komplett frei zugänglich ist und mehr Funktionen hat, könnte ein kompletter Wechsel aber tatsächlich zum Thema werden, weil auf der Plattform „X“ leider immer mehr Spam und Hasspostings kursieren.

Das ist aber für unsere Aktionäre ohnehin nachrangig. Wir sind ja auch auf verschiedensten anderen Kanälen erreichbar – sei es per Mail, Telefon, auf Investorenveranstaltungen oder in unseren quartalsweisen Telefonkonferenzen. Wer also Fragen hat, wird die immer beantwortet bekommen, ob ich nun auf Twitter oder auf bluesky oder anderswo unterwegs bin.

Wie wichtig ist Ihnen die Kommunikation mit Ihren Aktionären? Gibt es auch Feedback, das Ihnen in der täglichen Arbeit für die DEFAMA hilft?

M.Schrade: Sehr wichtig. Man darf nie vergessen, dass DEFAMA eben diesen Aktionären ja gehört und wir letztlich für unsere Investoren arbeiten. Daher nehmen wir die Meinung der Aktionäre als Eigentümer entsprechend ernst und legen auch großen Wert auf Transparenz.

Für die tägliche Arbeit ist es manchmal tatsächlich hilfreich, dass wir eine intensive Kommunikation pflegen. So kam es schon vor, dass wir auf diesem Wege zu potenziellen Handwerkern in Kontakt kamen. Und aktuell setzen wir gerade die Anregung eines Aktionärs um, mit Hilfe eines Gerüsts einen temporären Fluchtweg zu ermöglichen, weil die neue Feuertreppe noch nicht geliefert worden ist. Insofern ist Kommunikation also keineswegs nur eine Einbahnstraße hin zum Investor.

Gab es in diesem Jahr besonders einprägsame Momente oder Veranstaltungen? Wie weit werden die Investorenveranstaltungen zur Routine? Wie wichtig sind diese für Sie und die DEFAMA?

M.Schrade: Besonders hervor sticht da vor allem unsere Hauptversammlung. Diese haben wir bereits zum zweiten Mal als Hybridveranstaltung organisiert, also mit Liveübertragung ins Internet via Youtube einschließlich der Möglichkeit, via Chat oder Video-Beitrag in die Präsenzveranstaltung hinein Fragen zu stellen, wobei die Aufzeichnung auch im Nachhinein bis heute abrufbar ist. Bis heute hate das Video mehr als 1.400 Aufrufe.

Dieses Angebot wurde extrem positiv aufgenommen – das begeisterte Feedback reichte weit über unser eigenes Aktionariat hinaus. Auch von IR-Managern anderer Firmen kamen interessierte Nachfragen sowie Lob von einer Anlegerschutzvereinigung dazu. Und trotz der Möglichkeit, vom eigenen Sofa aus zuzuschauen, hatten wir vor Ort eine Rekordteilnehmerzahl. Wir sind gespannt, wie groß die Resonanz im nächsten Jahr wird, und haben unsere Planung bereits für eine erhöhte Kapazität ausgelegt.

Insgesamt gehören Hauptversammlungen und Investorenkonferenzen natürlich für uns zum Jahresalltag dazu. Reine Routine sind sie aber nie, da es immer neue Themen gibt, die mit einbezogen werden müssen. Und da man als Vorstand immer präsent sein muss, sind die Veranstaltungen natürlich auch insgesamt wichtig für DEFAMA.

Wie viele Mitarbeiter hat die DEFAMA aktuell und wie sehen Ihre weiteren Pläne in diesem Bereich aus?

M.Schrade: Wir haben aktuell rund 30 Mitarbeiter, daran wird sich auch im kommenden Jahr nicht viel ändern. Wobei wir uns kontinuierlich verstärken und auch freuen, dass im nächsten Jahr zwei Kolleginnen aus der Elternzeit zurückkommen. Da beide im Bereich Transaktionen aktiv sind, wird dies auch mich persönlich entlasten – und könnte dazu beitragen, dass wir die Schlagzahl noch ein wenig erhöhen können.

Was erwarten Sie 2024 für die DEFAMA? Gibt es Entwicklungen, die Ihre Pläne stören könnten?

M.Schrade: Irgendwas ist ja eigentlich immer (lacht). Nadelöhr sind am ehesten personelle Engpässe. Hier wirkt sich weiterhin der ständige hohe Krankenstand sowohl innerhalb des Betriebs als auch bei Mietern, Behörden und Dienstleistern aus, durch den sich praktisch alle Projekte verzögern. Wie schon vor einem Jahr gesagt ist das ein Problem für die gesamte Wirtschaft und stellt einen echten Bremsklotz für das Wachstum von Unternehmen dar. Ansonsten warten wir einfach ab, welche neuen Themen das Jahr bringt. Bisher sind wir noch mit jeder unerwarteten Entwicklung und allen Krisen fertig geworden.

Sehen Sie mittlerweile Grenzen des Wachstums für die DEFAMA? Und wie im letzten Jahr schließen wir mit derselben Frage: Was wäre derzeit das größte Risiko für eine weiterhin operativ-positive Entwicklung der DEFAMA AG?

M.Schrade: Da kann ich mich nur wiederholen: Für uns ist und bleibt auf Objekt-Ebene das größte potenzielle Risiko, dass wir einen Hauptmieter nicht ersetzen können. Bisher ist uns das aber noch nie passiert, wir haben generell keine Leerstandsprobleme. Hinsichtlich der erreichbaren Größe zeigen andere Firmen, die vielfach größere Portfolien erfolgreich verwalten, dass es hier keine natürliche Maximalgröße gibt. Und wir werden nach wie vor überschüttet mit Angeboten – Hunderte, vielleicht auch über Tausend pro Jahr. Es gibt diese Art Objekte wie Sand am Meer.

Sie kennen ja unsere Schätzung, dass durchschnittlich etwa 1.000 Immobilien jährlich im für uns relevanten Segment auf den Markt kommen. Dieses Jahr haben wir fünf davon gekauft, im Vorjahr waren es zwölf. Künftig könnten es vielleicht auch einmal etwas mehr sein. Das ist aber dann trotzdem nur ein winziger Prozentsatz des Angebots. Wir werden bei unserer Gangart daher sicherlich niemals an eine Größengrenze stoßen.

Herr Schrade, besten Dank für das Interview.
Matthias Schrade | Vorstand der DEFAMA Deutsche Fachmarkt AG

matthias schrade defamaMatthias Schrade, geboren 1979 im schwäbischen Tettnang, gründete 1999 das in Düsseldorf ansässige Analystenhaus GSC Research und leitete dieses bis Ende 2011. Während dieser Zeit wurde er in der Nebenwerte-Szene unter anderem als Chefredakteur des monatlichen Börsenbriefes „Nebenwerte Insider“ bekannt. Zudem hatte er Aufsichtsrats- bzw. Anlageausschussmandate in zwei börsengelisteten Beteiligungsgesellschaften sowie einem Investmentclub inne und war Mitinitiator von zwei Aktienfonds.

In der Folge war er zunächst als Geschäftsführer und später als Vorstand bei FCR Immobilien in München tätig. In dieser Zeit sorgte er unter anderem für die Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft, führte eine Non-Recourse-Finanzierungsstruktur ein, wickelte den Kauf und die Finanzierung einer ganzen Reihe von Einkaufszentren ab und verdreifachte das Portfoliovolumen auf über 20 Mio. Euro.

Im Herbst 2014 gründete er in Berlin die DEFAMA Deutsche Fachmarkt AG, deren Vorstand und größter Einzelaktionär er bis heute ist. Diese brachte er im Juli 2016 an die Börse und baute mit seinem Team ein Portfolio von zwischenzeitlich 42 Fachmarktzentren mit einem Wert von rund 170 Mio. Euro auf. Jüngst verkündetes Ziel ist es, das Portfoliovolumen in den nächsten fünf Jahren auf bis zu 300 Mio. Euro zu erhöhen und den FFO fast zu verdoppeln.

Kurzinfo zum Unternehmen

Die in Berlin ansässige Deutsche Fachmarkt AG (DEFAMA) investiert gezielt in kleine Einzelhandelsobjekte in kleinen und mittleren Städten, überwiegend in Nord- und Ostdeutschland. Wichtigste Kaufkriterien sind je zwei oder mehr bonitätsstarke Filialisten als Ankermieter, möglichst nicht mehr als 10 Mieter und eine Jahresnettomiete von mindestens 100 T€. Angestrebt ist dabei stets eine zweistellige Nettomietrendite.

Erklärtes Ziel von DEFAMA ist es, langfristig einer der größten Bestandshalter von kleinen Fachmarktzentren in Deutschland zu werden. Die DEFAMA-Aktie wird im Qualitätssegment m:access der Börse München sowie im Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse und auf XETRA gehandelt.

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Chart: Defama AG | Quelle: www.goyax.de

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