Biontech – Aktie mit Phantasie. Comirnaty heisst das erste und Milliardenumsätze und Gewinne in die Kassen spülende „Produkt“ der Mainzer. Und gleichzeitig sorgt es dafür, dass eine umfangreiche Forschungsline „durchfinanziert“ ist. Dazu lieferte der Wettbewerber Moderna letzte Woche überraschend gute Quartalszahlen.
BioNTech SE (ISIN: US09075V1026) mit KGV „um die 5“ gehandelt, scheint somit nicht unbedingt überbewertet. Wenn man nicht von einem „One-hit-wonder“ ausgeht, wogegen die umfangreiche Wirkstoffpipeline sprechen könnte. Gegenüber Moderna, die für das Geschäftsjahr 2022 auf Basis bereits geschlossener Kaufverträge Erlöse von rund 21 Mrd USD erwarten, erscheinen die von BioNTech heute wieder bestätigten 13 bis 17 Mrd EUR erwarteten Covid-19 Impfstoffumsätze fast niedrig. Und bei den heute veröffentlichten Zahlen finden – schaut man auf die Kursreaktion – viele ein oder mehr Haare in der Suppe.
Umsatz im Q2 klar unter Analystenerwartungen – BioNTech’s Begründung scheint den Anlegern nicht zu reichen. Und EPS leicht unter Erwartungen.
Rechtfertigt das die heutige Kursreaktion der BioNTech Aktie? Erwartunegn verfehlt, Kurse runter – „normale Reaktion am Aktienmarkt“. Ob dabei die soft fact’s der heutigen BionTech News berücksichtigt worden sind? Wohl eher im Nachlauf, wenn Zeit da ist die ganze Meldung zu analysieren, nicht nur die „nackten“ Zahlen. Zuerst die Zahlen und warum sie – laut BioNTech vom Erwarteten abweichen:
Die Erwartungen der Analysten waren kla: Bei einem erwarteten durchschnittlichen EPS von 7,08 EUR (10 Analysten) und einem durchschnittlich erwarteten Umsatz von 3,88 Mrd EUR (8 Analysten), wird gegenüber dem Q2/2021 ein klarer Rückgang der Kennziffern erwartet: Minus 26,83% beim Umsatz und Minus 52% beim EPS. UND ERREICHT WURDE ein Umsatz in Höhe von 3,2 Mrd EUR und ein Nettogewinn von 1,7 Mrd EUR – also ein EPS (verwässert) von 6,45 EUR. Für das erste Halbjahr ergeben sich Umsätze in Höhe von 9,6 Mrd EUR, Nettogewinn 5,4 Mrd EUR und verwässertes Ergebnis pro Aktie von 20,69 EUR. Also beim Umsatz ein Minus von rund 40%, beim Gewinn von rund Minus 60%. Schon erkennbar unterhalb der Erwartungen.
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„In der ersten Jahreshälfte 2022 haben wir wichtige Meilensteine erreicht. Wir haben unsere führende Position im Bereich der COVID-19-Impfstoffe weiter gestärkt und unsere diversifizierte Pipeline ausgebaut und ihre Weiterentwicklung beschleunigt. Unsere COVID-19-Produktpipeline umfasst variantenangepasste Impfstoffkandidaten sowie Impfstoffkandidaten der nächsten Generation, die auf einen längeren und breiteren Schutz abzielen“, sagte Prof. Dr. Ugur Sahin, CEO und Mitgründer von BioNTech. „Im Bereich Onkologie haben wir ermutigende Daten für unseren individualisierten mRNA-Krebsimpfstoffkandidaten BNT122 bei Bauchspeicheldrüsenkrebs und unseren innovativen Kandidaten für CAR-T-Zelltherapie BNT211 bei soliden Tumoren präsentiert, was zu unserem ersten PRIME-Status der EMA führte. Wir treffen Vorbereitungen für Zulassungsstudien sowie die Lieferung unserer ersten BioNTainer nach Afrika, um den Zugang zu neuen Medikamenten zu ermöglichen.“
Was bleibt an wichtigen Punkten hängen von der heutigen Quartalsmeldung? Was ist wichtiger für die BioNTech Aktie als die Q2-Zahlen
Zuerst noch der Kommentar des BioNTech-CFO Jens Holstein zu den Zahlen, bevor es um die „Highlights“ geht: „Mit unserer starken Leistung im bisherigen Geschäftsjahr sehen wir uns auf gutem Wege, unsere bisherige Finanzprognose für das laufende Geschäftsjahr zu erreichen“, Und weiter: „Wir erwarten wegen unserer Fortschritte rund um die variantenangepassten COVID-19-Impfstoffkandidaten, vorbehaltlich einer behördlichen Genehmigung, einen Anstieg der Nachfrage in unseren Schlüsselmärkten im vierten Quartal. Wir werden auch im Jahr 2022 und darüber hinaus stark in Forschung und Entwicklung investieren und konzentrieren uns weiterhin auf die Weiterentwicklung unserer Onkologie-Pipeline sowie auf den Ausbau unserer Führungsposition bei der Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen. Wir streben in den kommenden drei bis fünf Jahren die Markteinführung mehrerer innovativer Produkte an, um Krankheiten mit hohem medizinischem Bedarf adressieren zu können.“
Und wichtiger – zumindest mittel- und langfristig – Neues zum Stand der umfangreichen Forschungspipeline von BioNTech. Aber hier scheint wenig , vielleicht sogar zu wenig (?), Interesse zu bestehen.
Schaut man sich die News der letzten Woche aus Mainz an und deren geringe Resonanz in der Finanzpresse, könnte zumindest der Eindruck entstehen. Während bei anderen BioTech’s jeder Artikel in irgendeiner Fachzeitschrift „gefeiert“ wird oder jeder Impfstoffwert, der auf den bereits gut besetzten Covid-Impfstoffmarkt drängt, waren die Reaktionen auf Genmab-BioNTech kaum hörbar. Deshalb hiernochmals die Einzelheiten bevor es mit der heutigen Quartalsmeldung weitergeht:
BioNTech und Genmab erweitern Zusammenarbeit – Immuntherapien für die Behandlung von Krebspatienten
Am Freitag teilte man mit, dass Im Rahmen dieser Ausweitung BioNTech und Genmab gemeinsam an der Erforschung, Entwicklung und Vermarktung neuartiger „monospezifischer Antikörperkandidaten für verschiedene Krebserkrankungen“ arbeiten. Was die seit 2015 bestehende Zusammenarbeit auf diesem gebiet auf ein neues Level hebne könnte.
„Durch die Erweiterung unserer Kollaboration mit Genmab können wir unser Antikörper-Portfolio und damit auch unsere Onkologie-Pipeline in Indikationsbereichen mit hohem medizinischem Bedarf weiter ausbauen“, sagte Prof. Ugur Sahin, CEO und Mitbegründer von BioNTech. „Gemeinsam mit unseren Kollegen bei Genmab möchten wir neue Behandlungen für Menschen mit Krebs entwickeln.“
„Wir freuen uns sehr, unsere Zusammenarbeit mit BioNTech auf weitere neuartige Antikörpertherapien auszuweiten, um sie Patienten zur Verfügung stellen zu können, die innovative therapeutische Optionen benötigen“, sagte Dr. Jan van de Winkel, CEO von Genmab. „Strategische Partnerschaften, wie unsere Zusammenarbeit mit BioNTech, sind entscheidend für die Entwicklung differenzierter Antikörpermedikamente mit dem Ziel, das Leben von Krebspatienten zu verbessern.“
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Natürlich wird damit ein Milliardenmarkt adressiert – BioNTech beyond Comirnaty
Kosten- und somit auch Ertragsteilung für einen „Kandidaten“ vereinbart, was für BionTech nur durch die Gewinne aus Comirnaty möglich ist: Ein sog. monospezifischer Antikörperkandidat, GEN1053/BNT313, soll bis Ende 2022 in die klinische Erprobung gehen – als erster im Rahmen der erweiterten Vereinbarung. Znd dazu kommen die bereits jetzt in klinischen Studien befindlichen „Wirkstoffe“.
Die Unternehmen haben derzeit zwei gemeinsam entwickelte Produktkandidaten in klinischen Studien, die seit 2019 getestet werden. Die beiden Kandidaten verbinden die firmeneigenen immunmodulatorischen Antikörper von BioNTech mit der DuoBody®-Technologieplattform von Genmab. Der Produktkandidat GEN1046/BNT311 wird in zwei klinischen Phase-1/2-Studien zur Behandlung von fortgeschrittenen soliden Tumoren, sowie in einer Phase-2-Studie bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs untersucht. Zudem wird der Produktkandidat GEN1042/BNT312 in einer Phase-1/2-Studie zur Behandlung von metastasierten oder lokal fortgeschrittenen soliden Tumoren untersucht. Also beide schon relativ weit fortgeschritten auf dem Weg von einer Wirkstoffidentifikation hin zu einer zugelassenen „Behandlung“.
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Und heute dann die Ansage „in 3 bis 5 Jahren“ Zulassungen für die Blockbuster tauglichen Krebstherapien in fortgeschrittenen Studien – teilweise EMA approved als PRIME
Neben dem erwarteten Umsatzschub im Q4 durch die omicron-angepassten Covid-19 Impfstoffe,steht die umfangreiche Pipeline, die wir im folgenden aufschlüsseln wollen. Zuvor die Umsatzerwartung in 2022: „Die Entwicklung der Pandemie bleibt dynamisch und führt zu einer Verschiebung von Aufträgen und damit zu Schwankungen bei den Quartalsumsätzen. Es wird erwartet, dass diese durch die Verschiebung von Aufträgen verursachte Umsatzschwankung für den Rest des Geschäftsjahres bestehen bleibt, wobei im vierten Quartal 2022 ein Anstieg der Nachfrage in Schlüsselmärkten im Zusammenhang mit dem bivalenten an Omikron angepassten Impfstoff erwartet wird, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung.“ (Unternehmensmeldung BioNTech, 08.08.2022).
Allein die US-Regierung wird den Pfizer BioNTech nach Erhalt der ersten 105 Millionen Impfdosen in diesem Spätsommer – also im Q3 – 3,2 Mrd USD zahlen. Und das unabhängig davon, ob danach noch die Option auf weitere 155 Mio Dosen gezogen wird. Und dazu kommen die von der EU in Q3 und Q4 verschobenen Lieferungen – allein diese beiden Blöcke deuten auf eine entspannte Erfüllung der – zugegebenermassen breit gefassten – Umsatzprognose für 2022 hin.
Zukunftsprojekte
Derzeit liege BioNTech im Plan, um in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 zwei klinische Studien in weiteren Infektionskrankheiten zu beginnen. Diese umfassen mRNA-basierte Produktkandidaten gegen Gürtelrose (in Zusammenarbeit mit Pfizer), sowie den Herpex-Simplex-Virus 2 (HSV 2; BNT163). Und die ersten klinischen Studien für Produktkandidaten gegen Tuberkulose (BNT164) und Malaria (BNT165) werden voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 oder Anfang 2023 beginnen.
Plus Grippeimpfstoff – Studie III könnte noch dieses Jahr starten
In Zusammenarbeit mit Pfizer entwickelt BioNTech einen Grippeimpfstoff, der auf BioNTechs mRNA-Plattformen basiert. Kurzgefasst: Sieht sehr gut aus. Ausführlich: „Eine Phase-1/2-Studie, zur Untersuchung von BNT161, einem quadrivalenten Impfstoffkandidaten auf Basis von nukleosidmodifizierter RNA („modRNA“) läuft derzeit und eine weitere Dosisfindungsstudie mit einem selbstverstärkenden RNA-Impfstoffkandidaten (self-amplifying, „saRNA“) hat begonnen.Im Juli 2022 wurden Daten aus der erweiterten Phase-2-Studie mit BNT161 bekanntgegeben. Aufgrund der vielversprechenden T-Zellantworten sowie der beobachteten Serokonversion (Auftreten von erregerspezifischen Antikörpern im Serum) ist der Beginn einer Phase-3-Studie mit dem modifizierten, quadrivalenten mRNA-basierten Grippeimpfstoff in der zweiten Jahreshälfte 2022 geplant.“
Onkologie: 18 Kandidaten, 23 laufende klinische Studien, weitere Kandidaten bis Ende des Jahres erwartet
Das Unternehmen treibt mehrere klinische Entwicklungsprogramme in verschiedenen therapeutischen Wirkstoffklassen voran, die das Potenzial haben, Tumore mittels komplementärer Behandlungsstrategien zu bekämpfen. Die klinische Onkologie-Pipeline von BioNTech umfasst insgesamt 18 Produktkandidaten in 23 laufenden klinischen Studien, einschließlich fünf randomisierter klinischer Phase-2-Studien: zwei FixVac-Programme (BNT111 und BNT113), zwei Indikationen für den iNeST-Produktkandidaten Autogene Cevumeran (BNT122/RO7198457) und den bispezifischen Antikörper-Immuncheckpoint-Modulator BNT311 (GEN1046). Klinische Studien mit BNT116, einem FixVac-Programm für nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (non small cell lung cancer, „NSCLC“) sowie mit BNT142, einem RiboMab-Produktkandidaten, der CD3 auf der Oberfläche von T-Zellen und Claudin-6 (CLDN6) in soliden Tumoren adressiert, haben vor kurzem begonnen.
BioNTech erwartet für den Rest des Jahres 2022 weitere Fortschritte und die Erweiterung der Pipeline. Außerdem sollen weiterführende Daten aus den laufenden Studien bekannt gegeben werden.
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Wo gibt es dann schon? BioNTech Aktie mit Potential…
Ein Forschungsunternehmen mit teilweise weit fortgeschrittenen Programmen, einem „Blockbuster“ bereits in der Umsatzphase und einer wohl durchfinanzierten Forschungspipeline auf Jahre. Keine „teuren Kapitalerhöhungen“, um die weitere Entwicklung zu ermöglichen. Starke Kooperationspartner, ein neuartiger Ansatz (mRNA) der sich bereits in der Praxis in einer Anwendung als überlegen erwiesen hat.
Gefahren? Sorgloser Umgang „mit dem Geld“. Überschätzen der eigenen Fähigkeiten. Verrennen in „Liebhabereien“, weil das Geld da ist. Natürlich vorhanden. Aber insgesamt scheint die BionTech-Aktie, wenn man an die mRNA-Methode als erfolgversprechenden Ansatz zum Einsatz in diversen Anwendungsbereichen glauben will, nicht zu teuer. Die aktuelle Quartalsberichterstattung hat nicht die Erwartungen getroffen. Sollte jedoch, wie „gemutmasst“, im Q3 respektive Q4 wieder ein Nachfrageschub die Umsätze nach oben schieben, wäre die Delle im Q2 schnell vergessen. Was uns fehlte, war ein klarerer Hinweis zur Entwicklung in der Auseinandersetzung mit CureVac um angebliche Patentverletzungen. Aber selbst im negativen Fall würde es wohl „nur“ zu einer einmaligen Belastung kommen.
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