Berentzen-Gruppe: Vorstand Oliver Schwegmann im Gespräch – optimistisch – „2023 wird ein erfolgreiches Jahr“

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Die Berentzen-Gruppe ist eine der führenden Getränkegruppen in Deutschland und mit einer Unternehmensgeschichte von über 250 Jahren zugleich einer der ältesten Hersteller von Spirituosen.
Berentzen-Gruppe Aktiengesellschaft (ISIN: DE0005201602) im Blick – seit Oktobertiefs im letzten Jahr konnte sich die Aktie schön erholen. Dass sollte auch an der operativen Entwicklung liegen. Und vor allen Dingen an dem, was der Kapitalmarkt dem Unternehmen noch Alles zutraut. Einen aktuellen Einblick in „die Berentzen-Gruppe“ konnten wir bei unserem Gespräch mit dem Vorstand der Berentzen Gruppe, Herrn Oliver Schwegmann, gewinnen. Jetzt geht es um die  Punkte, die in 2022 für die Entwicklung der Berentzen Gruppe wichtig waren, wie es 2023 weitergehen soll und warum möglicherweise die Berentzen Aktie auch auf dem  aktuellen Niveau noch interessant sein könnte.

Herr Schwegmann, die Berentzen-Gruppe hat am vergangenen Donnerstag ihren Geschäftsbericht für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt. Können Sie die Ergebnisse für uns bitte kurz einordnen?

Oliver Schwegmann: Wenn ich das Geschäftsjahr in einem Satz zusammenfassen müsste, würde ich sagen: Wir hatten zwar einige Herausforderungen zu meistern, aber wir blicken insgesamt auf ein sehr gutes Jahr 2022 zurück. Auf der einen Seite konnten wir unsere Konzernumsatzerlöse um fast 20 Prozent bzw. 28 Millionen Euro auf 174,2 Millionen Euro steigern und haben damit sogar das Vor-Corona-Niveau unseres sehr erfolgreichen Geschäftsjahres 2019 übertroffen. Zudem hatte im Geschäftsjahr 2019 noch ein nach dem ersten Quartal 2021 beendetes Lohnfüllgeschäft mit Pepsi rund 12 Millionen Euro zum Umsatz beigetragen. Um diesen Effekt bereinigt, sind die im Geschäftsjahr 2022 erzielten Umsatzerlöse noch beeindruckender.

Auf der anderen Seite war das zurückliegende Jahr dennoch herausfordernd. Nach zwei von Corona geprägten Geschäftsjahren 2020 und 2021 stand das Geschäftsjahr 2022 unter dem Einfluss des grausamen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine. Als Unternehmensgruppe waren wir in dessen Folge insbesondere von Kostensteigerungen für Energie, Material und Rohstoffe betroffen. In Anbetracht dieser Umstände sind wir auch mit unseren Ergebniskennziffern sehr zufrieden. Wir konnten Konzern-EBIT und -EBITDA ebenfalls deutlich um über 24 bzw. 8 Prozent auf 8,3 Millionen Euro bzw. 16,7 Millionen Euro steigern. Ohne die zuvor angesprochene Kostenexplosion wären unsere Ergebniskennziffern aber voraussichtlich noch signifikant höher ausgefallen.

Worauf sind die Umsatzsteigerungen von fast 20 Prozent zurückzuführen? Beruhen diese vor allem auf Preissteigerungen Ihrer Produkte vor dem Hintergrund der Inflation?

Oliver Schwegmann: Wir haben während der Coronapandemie immer betont, dass unsere Produkte wieder ihr volles Potenzial entfalten können, sobald die Restriktionen zurückgenommen werden. Und genau das ist im vergangenen Jahr auch eingetreten. Es freut uns daher sehr, dass unsere Umsatzsteigerungen ganz überwiegend auf gestiegene Absatzvolumina aufgrund höherer Nachfrage zurückzuführen sind und nur zu weniger als einem Viertel auf bereits umgesetzte Preissteigerungen. Das zeigt, dass wir weiterhin auf die richtigen Produkte setzen, die für die Konsumentinnen und Konsumenten relevant sind. So sind es wie geplant insbesondere unsere strategischen Kernthemen, die im vergangenen Jahr zu unserem Umsatzerfolg beigetragen haben.

Unsere Spirituosenmarken Berentzen und Puschkin, mit denen wir unsere Liköroffensive gestartet haben, haben zusammen ein Umsatzplus von über 16 Prozent verzeichnet. Unsere Premium- und Medium-Handelsmarkenspirituosen – die wir seit einigen Jahren stark forcieren, um aus dem reinen, margenschwächeren Preiseinstiegssegment bei Handelsmarken hinauszuwachsen – haben um knapp neun Prozent zugelegt. Unsere absolute Erfolgsmarke Mio Mio aus unserem Segment Alkoholfreie Getränke hat wieder an die vorpandemischen Wachstumsraten angeknüpft und ein signifikantes Umsatzplus von 24 Prozent erreicht. Damit geht die Erfolgsgeschichte von Mio Mio beeindruckend weiter. Und unser Segment Frischsaftsysteme, das unter Corona am stärksten gelitten hatte, ist mit einer Umsatzsteigerung von über 22 Prozent wieder auf dem besten Weg zu einem Vor-Corona-Umsatzniveau. Dazu haben übrigens alle drei Systemkomponenten – Geräte, Früchte und Flaschen – beigetragen.

Dass vor allem unsere strategischen Kernthemen wachsen, freut uns sehr und stimmt uns mehr als zuversichtlich: Wir sehen weiterhin großes Potenzial für eine dynamische Entwicklung, gleichzeitig weisen die genannten Themen eine überdurchschnittliche Profitabilität im Vergleich zum Gesamtportfolio auf.

Stichwort Profitabilität: Ihre EBIT-Marge ist im Gegensatz zu den Umsatzerlösen noch nicht wieder auf vorpandemischem Niveau. Wie haben sich die Kostensteigerungen auf die Berentzen-Gruppe ausgewirkt?

Oliver Schwegmann: Die Kostensteigerungen aus dem vergangenen Jahr haben sich über das Jahr hinweg sukzessive aufgebaut, weil unsere Kontrakte unterschiedliche Laufzeiten hatten. Kostensteigerungen werden von unseren Lieferanten häufig mit einem kurzen zeitlichen Vorlauf von wenigen Tagen angekündigt. Wir können Preiserhöhungen hingegen nur mit einem langen zeitlichen Vorlauf und nach teilweise harten Verhandlungen durchsetzen. Der Handel erwartet die Ankündigung von Preiserhöhungen mindestens drei Monate im Voraus, anschließend beginnen aber erst die Preisverhandlungen. Das bedeutet, dass die angekündigten Preiserhöhungen nicht zwangsläufig nach drei Monaten wirksam werden. Dieser zeitliche Versatz zwischen Kostensteigerungen und Preiserhöhungen stellt eine temporäre Herausforderung für uns dar.

Die Kostenentwicklung und die verzögerte Weitergabe werden auch an der Entwicklung unserer Rohertragsmarge deutlich. Nach jahrelangem Anstieg ist sie erstmalig etwas gesunken.Wir waren im vergangenen Jahr zudem mit zwei nicht operativen Ergebnissondereffekten konfrontiert. Zum einen haben wir den Jahresabschluss unserer vollkonsolidierten Gruppengesellschaft mit Sitz in der Türkei erstmalig einer Hochinflationsbilanzierung unterzogen. Zum anderen hat ein Impairment-Test in unserem Segment Alkoholfreie Getränke zum Jahresende zu einem Wertberichtigungsbedarf geführt.

In Summe führten diese beiden Sondereffekte zu einer Ergebnisbelastung in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro.

Haben diese Sondereffekte einen Einfluss auf die Dividende?

Oliver Schwegmann: Nein. Die genannten Effekte sind nicht Cash-wirksam. Daher spielen Sie eine eher untergeordnete Rolle bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich der Dividendenhöhe. Wir haben uns gemeinsam mit dem Aufsichtsrat dazu entschlossen, der Hauptversammlung erneut eine Dividende in Höhe von 0,22 Euro je Aktie vorzuschlagen. Dies entspricht praktisch einer Vollausschüttung unseres Konzern-Gewinns.

Es ist uns sehr wichtig, unsere Aktionäre an unserem grundsätzlichen Wachstumserfolg des Geschäftsjahres 2022 teilhaben zu lassen. Außerdem möchten wir mit diesem Vorschlag unterstreichen, dass wir die Berentzen-Gruppe auf einem erfolgreichen Weg und in einer robusten Verfassung sehen.

Nachdem wir nun über das abgelaufene Geschäftsjahr gesprochen haben, lassen Sie uns einen Blick auf das aktuell bereits laufende Geschäftsjahr werfen. Was erwarten Sie von dem Geschäftsjahr 2023?

Oliver Schwegmann: Auch wenn es weiterhin darum gehen wird, souverän mit aktuellen wie neuen Herausforderungen umzugehen, sind wir uns sicher: Das Geschäftsjahr 2023 wird ein erfolgreiches Jahr für die Berentzen-Gruppe. So gehen wir davon aus, dass wir auch im Jahr 2023 unsere Konzern-Umsatzerlöse erneut deutlich steigern werden. Neben einer weiteren operativen Wachstumsdynamik unserer strategischen Kernthemen werden dabei preisinflatorische Effekte stärker zum Tragen kommen als im vergangenen Jahr. Insgesamt erwarten wir unsere Konzernumsatzerlöse in einer Bandbreite zwischen 185,0 und 195,0 Millionen Euro.

Gleichzeitig werden die Kostensteigerungen des vergangenen Jahres nun aber einen Ganzjahreseffekt entfalten. Außerdem rechnen wir an der einen oder anderen Stelle noch mit weiteren Kostensteigerungen. Außerdem werden wir weiterhin Ressourcen gezielt einsetzen, um in substanzielles Wachstum zu investieren. Aus diesen unterschiedlichen Gründen werden unsere Ergebniskennziffern mit der Entwicklung der Umsatzerlöse voraussichtlich kurzfristig nicht schritthalten können. Unser Konzern-EBITDA erwarten wir in einer Bandbreite von 15,6 bis 17,6 Millionen Euro und das Konzern-EBIT in einer Bandbreite von 7,0 bis 9,0 Millionen Euro. Die Ergebniskennziffern werden damit weitgehend auf dem Niveau des Vorjahres liegen.

Sie sprachen von weiter bestehenden Herausforderungen. Worin sehen Sie die größte Herausforderung für die Berentzen-Gruppe in diesem Jahr?

Oliver Schwegmann: Aufgrund der skizzierten Entwicklungen auf der Kostenseite wird es in diesem Jahr eine unserer wichtigsten Aufgaben sein, die vormalige Ertragsqualität unserer Marken und Produkte wiederherzustellen bzw. auszubauen. Wir befinden uns hierbei bereits auf einem sehr guten Weg, den wir nun konsequent fortsetzen werden. Dies wird allerdings noch etwas Zeit in Anspruch nehmen – das Jahr 2023 stellt in dieser Hinsicht ein Übergangsjahr dar, bevor wir wieder an die Profitabilität der vorpandemischen Jahre anknüpfen können. Klares Ziel danach ist die weitere Steigerung unserer Margen.

Nachdem wir gerade über die Herausforderungen gesprochen haben, wo liegen die großen Chancen für die Berentzen-Gruppe in diesem Jahr?

Oliver Schwegmann: Wie beschrieben wollen wir innerhalb unserer klar definierten strategischen Kernthemen weiter wachsen – dazu werden wir noch nicht ausgeschöpfte Wachstumspotenziale nutzen:

Bei unserer Marke Mio Mio steht dabei der weitere Distributionsausbau im Fokus. Nach wie vor gibt es auf der deutschen Landkarte gewissermaßen noch einige weiße Flecken, die es zu tilgen gilt.     Mio Mio erreicht mit 64 Prozent eine höhere Wiederkaufsrate als alle relevanten Wettbewerber. Wer also einmal Mio Mio probiert hat, kauft es mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut. Daher bleibt es unser wichtigstes Ziel, noch in deutlich mehr Supermärkten verfügbar zu sein und somit neue Konsumentinnen und Konsumenten an die Marke heranzuführen. Weitere Chancen liegen in der Internationalisierung der Marke. So launchen wir Mio Mio im April national bei einer großen Supermarktkette in Österreich. In Polen bauen wir ein noch kleines Geschäft Jahr für Jahr sukzessive aus und in den Niederlanden laufen derzeit erste Tests bei einem Handelspartner. Die Rückmeldungen aus der junge Zielgruppe vor Ort sind vielversprechend, die Nachfrage steigt. Wir sind also fest von der Internationalisierbarkeit von Mio Mio überzeugt.

Liköre sind gewissermaßen so etwas wie das Süßwarenregal der Spirituose, das heißt: hier wird der Markt kontinuierlich durch neue Innovationen und Geschmacksvarianten vorangetrieben. In der Vergangenheit haben wir unsere Innovationskraft in diesem Bereich stets unter Beweis gestellt und werden das auch in Zukunft tun. Bei Neuprodukten gilt bei uns übrigens stets der Grundsatz, dass diese einen höheren Stückdeckungsbeitrag aufweisen müssen als der Durchschnitt des Produktportfolios unseres jeweiligen Segments. Insofern können wir durch Likörinnovationen weiter profitabel wachsen und gleichzeitig Innovationsstärke zeigen.

Zudem wird die gegenwärtige Preissensitivität der Verbraucher unserer strategischen Ausrichtung im Bereich Handelsmarkenspirituosen weiteren Aufwind verleihen. Mit unseren Premium-Produktkonzepten treffen wir hier den Zeitgeist: Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich hochwertige Produkte, müssen aber gleichzeitig vermehrt ihre Ausgabenseite im Blick behalten. Unsere exklusiven Handelsmarkenspirituosen stehen den teuren Premium-Markenprodukten qualitativ in nichts nach, bieten aber einen Preispunkt, der signifikant niedriger ist.

Auch für unser Segment Frischsaftsysteme sehen wir nach wie vor großes Potenzial. Citrocasa bedient perfekt die immer bedeutsamer werdenden Megatrends Nachhaltigkeit, Frische und Gesundheit. Denn was kann frischer, nachhaltiger und gesünder sein als ein frisch gepresster Orangensaft aus nach der Ernte unbehandelten Orangen? Und für den Lebensmitteleinzelhändler bieten die Fruchtsaftpressen die Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzuheben. Im Gegensatz zu unseren anderen Geschäftsaktivitäten ist der Markt auch noch nicht besonders stark penetriert.

Sie sprachen eben schon an, dass Sie wieder eine andere Ergebnisqualität anstreben. Haben Sie sich Zielwerte gesetzt, die Sie durch die Fokussierung auf die strategischen Kernthemen erreichen möchten?

Oliver Schwegmann: Wir haben uns intern als Ziel gesetzt, im Laufe der nächsten Jahre eine EBIT-Marge von 8 Prozent zu erreichen. Wir sind uns sicher, dass uns dies auch gelingen kann – einerseits durch unsere strategischen Kernthemen und andererseits durch die konsequente Fortführung unserer Portfoliooptimierung, bei der wir uns von margenschwachen Marken und Produkten trennen.

Abschließend ganz kurz zusammengefasst:  Was könnte die Berentzen-Gruppe für Investoren attraktiv machen?

Oliver Schwegmann: Die Berentzen-Gruppe hat durch ihr breites Produktportfolio sowie ihre starken Marken in den letzten Jahren eine hohe Robustheit gezeigt. Wir haben eine klare, attraktive Dividendenpolitik. Und unser Geschäftsmodell bietet weiterhin deutliche Wachstumspotenziale – auch in herausfordernden Zeiten.

Herr Schwegmann, vielen Dank für das Gespräch.
Oliver Schwegmann, Vorstand Berentzen-Gruppe AG

Oliver Schwegmann ist im Juni 2017 in den Vorstand der Berentzen-Gruppe Aktiengesellschaft eingetreten. Er verantwortet die Ressorts Marketing, Vertrieb, Produktion & Logistik, Einkauf sowie Forschung & Entwicklung. Oliver Schwegmann war zuvor als Country Managing Director für L’Oréal Suisse tätig und hatte Führungspositionen bei der Hero AG, der Mars GmbH und der August Storck KG inne.


Kurzinfo zum Unternehmen

Die Berentzen-Gruppe ist eine der führenden Getränkegruppen in Deutschland und mit einer Unternehmensgeschichte von über 250 Jahren zugleich einer der ältesten Hersteller von Spirituosen. Zusätzlich entwickeln wir die Unternehmensgruppe in Bereiche wie Mineralwasser und frische und gesunde Getränke weiter.

Mit ihren bekannten Spirituosenmarken ist die Berentzen-Gruppe in der Lage, kompetent, umfassend und schnell auf die Bedürfnisse der Konsumenten im Inland zu reagieren. Auch nutzt die Unternehmensgruppe mit international tragfähigen Spirituosenprodukten im Ausland konsequent Marktchancen, um in den jeweilig relevanten Produktsegmenten eine führende Rolle einzunehmen.

Als Herstellerin von Wellnessgetränken, Limonaden und Mineralwässern eigener Marken ist die Konzerngesellschaft Vivaris Getränke GmbH & Co. KG seit Jahrzehnten im deutschen Erfrischungsgetränkemarkt erfolgreich aktiv. Darüber hinaus verfügt die Gesellschaft über große Erfahrung im Konzessionsgeschäft und baut diese seit Januar 2015 mit der Marke „Sinalco“ weiter aus.

Speziell die Konzerngesellschaft T M P Technic-Marketing-Products GmbH, ein etablierter Systemanbieter für frischgepressten Orangensaft, trägt dazu bei, Wachstumschancen zu nutzen und die Position der Berentzen-Gruppe im Bereich frischer und gesunder Getränke auszubauen.

Markenpflege und Innovationen sowie exzellente und motivierte Mitarbeiter bilden die Grundlage für profitables, nachhaltiges Wachstum der Berentzen-Gruppe.


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