Mit einem Kursplus von rund 40 Prozent zählt die Aktie der APONTIS PHARMA AG (ISIN: DE000A3CMGM5) zu den positiven Überraschungen des Börsenjahres 2024. Nach dem Wechsel an der Vorstandsspitze hat der Single-Pill-Spezialist aus Monheim am Rhein im November 2023 ein Programm zur Performance- und Effizienzsteigerung aufgelegt und im Februar erfolgreich abgeschlossen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Neuausrichtung des Vertriebs, die Verschlankung der Organisation liefert zudem eine Kosteneinsparung von rund 6,5 Mio. Euro pro Jahr. Das Nebenwerte-Magazin sprach mit APONTIS-PHARMA-CEO Bruno Wohlschlegel über den vorgezogenen Start der neuen Vertriebsstrategie zum 1. März, die größten Unterschiede zur „alten“ APONTIS und die aktuelle Single-Pill-Pipeline.
Herr Wohschlegel, Sie sind jetzt knapp sieben Monate im Amt als Vorstandsvorsitzender der APONTIS PHARMA AG und haben in dieser Zeit die Gesellschaft kräftig umgekrempelt. Unter anderem haben Sie einen Stellenabbau von 185 auf 110 Mitarbeiter umgesetzt. Warum war dies notwendig?
Bruno Wohlschlegel: Wir haben – abgeleitet aus einer gründlichen Analyse der identifizierten Schwächen der damaligen Situation – ein neues Go-to-Market-Modell aufgesetzt, um das Wachstum in unserem Single-Pill.Kerngeschäft zu beschleunigen. Das alte Modell nutzte einen großen Außendienst als einzigen Vertriebskanal und war nicht mehr ausreichend wirksam und zu teuer. Zusammen mit einigen negativen Sondereffekten führte das im Geschäftsjahr 2023 zu einem hohen operativen Verlust.
Die konsequente Nutzung des Einsparpotenzials war notwendig, um zu verhindern, dass aus einem schlechten Jahresergebnis eine ernsthafte finanzielle Schieflage erwächst. Unser neues, zum 1. März gestartetes Go-to-Market-Modell erlaubt uns eine bessere Performance bei deutlich geringeren Kosten und damit die Rückkehr zu profitablem Wachstum.
Welcher Ansatz steht hinter Ihrem im November angekündigten und im Februar abgeschlossenen Performance- und Effizienzsteigerungsprogramms?
Bruno Wohlschlegel: Wenn wir mit unserem Single-Pill-Kerngeschäft erfolgreich sein wollen, müssen wir uns zuerst fragen: Was bedeutet Single Pill-Erfolg für Ärztinnen und Ärzte, für Krankenkassen, für Dienstleister im Gesundheitswesen? Wie können wir diese Anforderungen bedienen und daraus Wachstum generieren? Wenn es zum Beispiel für Ärztinnen und Ärzte wichtig ist, sich im Kollegenkreis über leitliniengerechte Therapie auszutauschen, bieten wir dafür ein bundesweites Fortbildungskonzept. Das schafft Mehrwert für unsere Kunden und viele zusätzliche Kontaktmöglichkeiten, die wir im vorigen Modell nicht in dieser Qualität und Menge realisieren konnten. Nach diesem Prinzip verändern wir die Organisation und ordnen interne Strukturen den Marktanforderungen unter. Was dem Zweck nicht dient, lassen wir weg und sparen damit Zeit und Geld.
Sie sprechen davon, dass APONTIS PHARMA nun „ein neues Unternehmen“ sei. Was sind die größten Unterschiede zur „alten“ APONTIS?
Bruno Wohlschlegel: Wir haben aus einem statischen Modell mit nur einem Vertriebskanal eine Organisation gemacht, die zukünftig alle relevanten Kanäle nutzen kann, um mit Kunden zu interagieren. Außendienst, Multichannel-Maßnahmen und medizinische Fortbildungskonzepte greifen planvoll ineinander. Wir arbeiten mit ausgesuchten Partnern zusammen, die unser Kernmodell durch ihre Expertise und Leistungsfähigkeit ergänzen. Das erhöht die Geschwindigkeit der Implementierung und macht unsere Lernkurve deutlich steiler. Durch kontinuierliche Erfolgsmessung lernen wir, welche Maßnahmen effektiv sind und was wir ändern oder stoppen sollten. Wir haben damit ein Modell, dass sich ohne nennenswerte Erhöhung der Fixkosten skalieren lässt, um zusätzliche Wachstumschancen zu realisieren.
APONTIS PHARMA profitiert dabei erheblich von der außergewönhlich hohen Motivation der Belegschaft – ein Fakt, der mich gleich zu Anfang sehr beeindruckt hat und der uns, so hoffe ich, auch in der Zukunft trägt.
Wie sieht Ihr neuer Go-to-Market-Ansatz für Single Pill-Kombinationen konkret aus?
Bruno Wohlschlegel: Zunächst möchte ich betonen, dass APONTIS mit der Aufnahme von Single Pill-Therapien in nationale und internationale Behandlungsleitlinien in Europa in der Vergangenheit wichtige Erfolge erzielt hat. Bei der Vermarktung wurde bislang jedochdas Single Pill-Portfolio ausschließlich als Dachkonzept besprochen. Das hat zwar dem Single Pill-Therapieprinzip zu einer gewissen Bekanntheit verholfen, war aber nicht fokussiert genug, um ausreichend Umstellungen auf unsere Single Pill-Kombinationen zu triggern.
Deshalb konzentrieren Sie sich jetzt auf die Bewerbung spezifischer Single Pills?
Bruno Wohlschlegel: Korrekt, das macht es Ärztinnen und Ärtzen leichter, die Umstellung auf den neuen Standard umzusetzen. Gleichzeitig haben wir unsere Zielgruppe angepasst und arbeiten gezielt mit den Ärztinnen und Ärzten bzw. Praxen, die eine besonders hohe Anzahl an Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen behandeln. Darüber hinaus investieren wir vermehrt in die Zusammenarbeit mit Krankenkassen, die den medizinischen Mehrwert der Single-Pill Kombinationen für ihre Versicherten nutzbar machen wollen.
Im März bringt APONTIS bereits die 15. Single Pill-Kombination auf den deutschen Markt. Wie sieht Ihre weitere Pipeline für 2024 und die Folgejahre aus?
Bruno Wohlschlegel: Bis Ende dieses Jahres werden wir voraussichtlich 18 Single-Pill-Kombinationen auf dem Markt haben und bereits 2025 – und damit ein Jahr früher als ursprünglich angekündigt – wollen wir die Marke von 20 Single-Pill-Kombinationen erreichen. Besonders betonen möchte ich an dieser Stelle zudem, dass wir Ende 2024 mit der Hälfte aller Produkte exklusiv auf dem deutschen Markt sind und damit dort auch kein Tender-Risiko haben. Für den Zeitraum ab 2027 haben wir zudem bereits sechs Produkte in der Pipeline, mit denen wir unsere Internationalisierung vorantreiben werden. Entsprechend haben wir die Grundlagen dafür gelegt, unsere führende Position im expandierenden Markt für Single Pill-Kombinationen weiter auszubauen.
Was bedeutet die Neuorganisation Ihres Vertriebs für Ihr zweites Standbein, das Co-Promotiongeschäft? Müssen Sie nicht befürchten, durch eine Verkleinerung des Außendiensts an Attraktivität als potenzieller Kooperationspartner für Pharmakonzerne zu verlieren?
Bruno Wohlschlegel: Unser Ansatz ist es mehr mit weniger zu tun. Unser neues Modell vereint die Stärken eines leistungsstarken Außendienstes mit dem Omnichannel-Ansatz, der sich aus der konsequenten Umsetzung der Kundensicht, der Customer Journey, ergibt. Dieses Modell ist auch für potenzielle Partner hochattraktiv, da es entscheidende Vorteile bietet: Es ist durch die Messbarkeit der KPIs sehr gut steuerbar und kann flexibel auf die jeweiligen Marktentwicklungen angepasst werden. Es ist skalierbar, da sich einzelne Maßnahmen schnell hochfahren lassen, wenn dadurch mehr Patienten auf eine effektivere Therapie umgestellt werden können. Das ermöglicht zusätzliche Wachstumschancen, ohne das Risiko dauerhafter Kostenerhöhung. Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem neuen Go-to-Market-Ansatz sogar ein noch attraktiverer Partner für große Pharmakonzerne sind.
Wann rechnen Sie mit ersten sichtbaren Erfolgen aus der Umsetzung des Performance- und Effizienzsteigerungsprogramms?
Bruno Wohlschlegel: Unser Programm wird sich bereits in den ersten zwei Quartalen 2024 positiv auswirken, da sich durch die deutlich gesunkene Kostenbasis die Ertragslage verbessert. Die erreichten Einsparungen liegen im Bereich von rund 6,5 Mio. Euro auf einen vollen 12-Monatszeitraum gesehen. Stärkeres Wachstum in Folge unseres neuen Go-to-Market-Modells erwarten wir gegen Ende des zweiten Halbjahres, wenn die umgesetzten Maßnahmen sechs bis neun Monate wirken konnten.
Sind Sie bei APONTIS als Restrukturierer angetreten, der seinen Platz wieder räumt, wenn die Gesellschaft wieder „on track“ ist oder verfolgen Sie eine längerfristige Agenda?
Bruno Wohlschlegel: Ich bin als Gestalter angetreten, der APONTIS hilft, sich zu einem profitabel wachsenden Unternehmen zu entwickeln. Die Restrukturierung war dabei eine notwendige Voraussetzung, aber lediglich der Startpunkt für die Transformation zu mehr Erfolg.
Herr Wohlschlegel, besten Dank für das Interview!
Bruno Wohlschlegel | Vorstandsvorsitzender / CEO APONTIS PHARMA AG
Vorstands-Vorsitzender / CEO der APONTIS Pharma und:
– Founder and General Manager, be executive GmbH
– General Manager, Merck Serono GmbH, Germany
– Senior VP Europe, Merck KGaA
– Managing Director & General Manager, Merck s.a. Portugal
Über die APONTIS PHARMA AG
Die APONTIS PHARMA AG ist ein führendes Pharmaunternehmen in Deutschland, das sich auf Single Pills spezialisiert hat. Single Pills vereinen zwei bis drei patentfreie Wirkstoffe in einem Kombinationspräparat, das einmal am Tag eingenommen wird. Single Pill-Therapien verbessern wissenschaftlich gestützt signifikant die Einnahmetreue (Adhärenz) und verbessern so die Behandlungsprognose und Lebensqualität der Patient:innen, während Komplikationen, Sterblichkeit und Behandlungskosten sinken. Daher sind Single Pills in zahlreichen internationalen Behandlungsleitlinien die zu bevorzugende Therapieoption, darunter in der EU und in Deutschland. APONTIS PHARMA entwickelt, vermarktet und vertreibt seit 2013 ein breites Portfolio an Single Pills und anderen Arzneimitteln, mit besonderem Fokus auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie, Hyperlipidämie und Sekundärprävention.